Vergesellschaftung und Gesellschaft. 207 stammt, welches Wort aber bald als „‚Gemeinschafter‘“ („„‚Genosse“'), bald als ‚Gesellschafter‘ gelesen wird. Sobald aber einmal der Gegensatz von „Gemeinschaft‘‘ und „‚Gesellschaft‘‘ erkannt ist, ergibt sich die Lage, daß man das Fremdwort „Soziologie‘ nur dann ohne Stiftung verhängnisvoller Verwirrung weiter gebrauchen kann, wenn die Be- ziehungen „Gemeinschaft‘‘ und ‚Gesellschaft‘‘ durch Allgemeine be- gründet werden, die Besonderheiten von solchen identischen Allgemeinen sind, die eine besondere ‚identisch begründete Beziehung‘‘ begründen, hinsichtlich welcher also das Wort „Soziales“ und ferner das Wort „Soziologie“ eindeutig wäre. Daß man nun ‚Gemeinschaft‘ und „Gesellschaft‘‘ zwar immerhin unterscheidet oder doch zu unterscheiden bemüht ist, dennoch aber beide als „Gewußte‘“ in den einen Topf „Soziologie“ wirft, hat wohl seinen Grund darin, daß man überhaupt „Soziologie“ mit mehr oder minder klarem Bewußtsein als eine Wissen- schaft von den Seelenbeziehungen betreibt. ‚Seelenbeziehung‘‘ ist jede Beziehung, deren Bezogene „Seelen‘‘ sind, und zwar unterscheiden wir wieder „reine Seelenbeziehung“ von einem „Seelenzusammen- hange“, „Reine Seelenbeziehung“ ist jede Beziehung, deren Bezogene nur Seelen sind, „Seelenzusammenhang“‘ hingegen ist jeder Wirkens- zusammenhang‘ zwischen Seelen, der stets auch mittelbarer, und zwar durch Körper vermittelter Wirkenszusammenhang ist. „„Seelenzusammen- hänge‘ sind also z. B. „Vergemeinschaftungs-Zusammenhang“‘ und „,Ver- gesellschaftungs-Zusammenhang“‘, „reine Seelenbeziehungen‘‘ sind hin- gegen z. B. ‚Gemeinschaft‘ und ‚„,Gesellschaft‘‘. „Reine Seelenbeziehung‘“‘ zwischen zwei Seelen kann wieder entweder deshalb bestehen, weil ein und dasselbe Seelische jeder der beiden Seelen zugehört — „durch sin Allgemeines begründete reine Seelenbeziehung“ — oder deshalb, weil jeder der beiden Seelen ein anderes Seelisches zu- gehört — „durch zwei Allgemeine begründete reine Seelen- beziehung“. Jede „durch ein Allgemeines begründete reine Seelen- beziehung“ ist eine besondere „Gemeinschaft“, „Gesellschaft“ hingegen ist eine besondere „durch zwei Allgemeine begründete reine Seelen- beziehung“, neben welcher es auch noch andere „durch zwei All- gemeine begründete reine Seelenbeziehungen“ gibt. Man könnte also etwa das Wort „Soziologie“ verwenden, um damit eine besondere Gruppe von Wissenschaften zu bezeichnen, welche es mit reinen Seelen- beziehungen zu tun haben, sei es, daß sie besondere Seelen durch Solche Beziehungen bestimmen, sei es, daß sie jene Allgemeinen be- Stimmen, durch welche solche Beziehungen begründet werden. Indes wären durch das Wort „Soziologie‘“ doch nur die ‚„Gemeinschafts- Wissenschaften“ und die ‚„Gesellschaftswissenschaften‘“ getroffen, da eben mit dem Worte „socius‘“ doch nur der „Gemeinschafter“ oder der „Gesellschafter‘‘ getroffen werden kann. während es auch reine Seelen-