330 VI. Kapitel, werden kann, in welche eine Andermacht eingeschlossen ist, während im letzteren Falle die Macht-Anwartschaft zur Macht durch eine Macht ergänzt werden kann, die sich vom Standpunkte des Anwärters nur als Andermacht darstellt. Sagt man: „Ich bin von ihm abhängig“, „Ob ich das tun kann, hängt von ihm ab“ usw., so meint man stets, daß ein Anderer dem Redenden eine Macht begıiünden könne, ohne daß jedoch der Redende die Macht hat, den Anderen zur Ausübung jener Macht zu veranlassen, so daß also der Redende von der Macht und dem von ihm nicht bewirkbaren Wollen des Anderen „abhängig“ ist. Weiß hingegen der Redende, daß er die Macht habe, den Anderen zu veranlassen, daß er besondere Macht des Redenden begründe, so kann er nicht sagen: „Ich bin von ihm abhängig“, da der Redende eben in solchem Falle eine besonderer Eigenmacht kraft gegenwärtiger Eigenmacht begründen kann, in welche allerdings eine Andermacht einge- schlossen ist, also kraft einer Eigenmacht, in welcher sich als „Ver- fügbarkeit‘“ Andermacht und Möglichkeit eines besonderen Ander- Wollens findet, Eine jemandem bereits zustehende Macht ist entweder eine „ur- sprüngliche Macht“ („Grund-Macht‘) oder eine „abgeleitete Macht“ („Folge-Macht‘“). Eine „ursprüngliche Macht‘ jemandes ist jene Macht, welche ihm nicht kraft anderer Eigen- oder Ander- Macht absichtlich begründet wurde. Selbstverständlich ist aber „Uur- sprüngliche Macht‘ nicht solche Macht, die überhaupt nicht durch irgend ein Wirken begründet wurde — solche Macht gibt es nicht —, ist vielmehr eine Macht, die ihrem Inhaber nicht durch tätiges Wirken ab- sichtlich begründet wurde. Eine „abgeleitete Macht“ ist hingegen jene Macht, welche jemandem durch tätiges Wirken absichtlich begründet wurde. Im Falle einer „abgeleiteten Macht‘ liegt eine Verkettung zweier Mächte vor, von welchen wir die eine Macht die „Ursprungs- Macht“, die andere Macht aber die aus jener „Ursprungs-Macht‘“ „abgeleitete Macht‘ nennen. Als „Macht-Ableitung‘ bezeichnen wir also jede Wirkung, welche sich als „absichtliche Macht-Begrün- dung‘ darstellt. Die „Ursprungs-Macht‘‘ einer „abgeleiteten Macht‘“ kann wieder selbst entweder eine „ursprüngliche Macht“ oder eine „abgeleitete Macht‘ sein. Wir unterscheiden also „ursprüngliche Macht“ und „Ursprungs-Macht“, eine „ursprüngliche Macht“ (= „unabgeleitete Macht“) steht niemals in Beziehung zu einer „Ursprungs-Macht“, Eine „abgeleitete Macht“ jemandes ist vom Standpunkte des Machthabers entweder eine „aus Ursprungs-Eigenmacht abgeleitete Macht“ oder aber eine „aus Ursprungs-Andermacht abgeleitete Macht“. Gewöhnlich wird mit den Worten „abgeleitete Macht“ nur eine „aus Ursprungs-Andermacht abgeleitete Macht“ jemandes be- zeichnet. Häufig wird auch --- insbesondere in der Staatslehre —