+10 VII. Kapitel. nehmer den Vertrag abschließt, eine Pflichtanwartschaft, welche erst durch die Übergabe des Darlehens auf Grund des Vertrages zu einer Pflicht (der „Rückzahlung“ usw.) wird. Aber der Darlehensvertrag wird wie jeder andere Vertrag nur durch Anbot und Anbotannahme begründet, während die Übergabe des Darlehens selbstverständlich keine auf Vertragschließung zielende Handlung darstellt. Es widerspricht ja auch die Lehre von den Realkontrakten vollständig der anderen Lehre, daß ein Vertrag durch Antrag und Antragannahme zustande komme, da ja doch die Übergabe einer Geldsumme als Dar- lehen kein ‚Offerte‘ ist. Wenn man von ‚„Konsensualkontrakten“ und „Realkontrakten‘“ als von „Konsensualverträgen‘“ und von „Realverträgen‘‘ spricht, übersieht man, daß das Wort „contrahere‘‘ arsprünglich jedes „sich belasten‘ bezeichnet hat. Wer also als künf- tiger Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag abschließt, der „‚belastet‘“ sich insoferne, als er durch seine Versprechung eine eigene Pflichtanwart- schaft begründet und er ‚belastet‘ sich ferner, indem er durch die Übernahme des Darlehens jene eigene Pflichtanwartschaft zu einer eigenen Pflicht ergänzt, er „kontrahiert‘“ also zweimal, aber nur durch seine Versprechung schließt er den Vertrag ab. Meint man aber, daß der ‚Darlehensvertrag‘ ein „Realkontrakt‘“ sei, so muß man dann auch sagen, jener Vertrag sei ein „einseitig verbindlicher Vertrag‘, da der Darlehensgeber nach der Übergabe des Darlehens keine weitere Ver- pflichtung aus dem Vertrage habe. Indes ist in Wahrheit der Dar- lehensvertrag ein „zweiseitig verbindlicher Vertrag‘, da er nur im Vertrag-Anbote und in der Anbot-Annahme begründet ist. Selbstver- ständlich kann jemand einem Anderen eine Geldsumme geben, welche vom Anderen übernommen wird, wobei die beiden Handlungen die Behauptungen „Anbot‘“ und „Annahme‘“ — in dem früher dargelegten Sinn — quasi-einschließen. In solchem Falle kommt eben der Darlehensvertrag durch quasi-eingeschlossene Behauptungen zustande, es liegt ein „stillschweigender‘‘ Vertragabschluß vor, der aber nicht in der Übergabe und Übernahme des Dahrlehens besteht. Aber auch ein sogenannter „zweiseitig verbindlicher‘‘ Vertrag kann auf ähnliche Weise zustande kommen, wie ja auch die Vertrag-Anbot-Annahme durch sogenannte „Erfüllungs- und Aneignungs-Handlungen“ eine „quasi- eingeschlossene‘‘ Behauptung ist. Ebenso aber wie das Gegebene ‚‚Vertrag‘‘, das lediglich durch den Sinn zweier Verhalten-Seelenaugenblicke begründet ist, geschieden werden muß vom Gegebenen ‚Verbindlichkeit des Vertrages‘, d. h. „Pflichtbegründungswirkung der Versprechungen der Vertragschließen- den‘‘, müssen wieder die Gegebenen „Vertrag“ und ‚Verbindlichkeit des Vertrages“ geschieden werden vom Gegebenen „Vertragerfüllung“, d. h. von der Erfüllung der von den Vertragschließenden gegebenen