516 IX. Kapitel. sind. „Staatsgegenstand“ nennen wir jene besondere Gehorsamkeit besonderen Menschens, für welche ein Staat die Möglichkeit darstellt. Im gewöhnlichen Sprachgebrauche wird aber mit dem Worte „Staat“ ein „Staat mit mehreren (vielen) Gegenständen“, also eine „Staatsmacht- Gesamtheit“ bezeichnet, somit eine Gesamtheit von Lagen, in welcher sich die Möglichkeiten von verschiedenartigen Gehorsamkeiten finden. Bezeichnet nun das Wort „Staat“ im gewöhnlichen Sprach- gebrauche einen „Staat mit mehreren Untertanen und mit mehreren Gegenständen“, also eine (meist sehr umfangreiche) „Gesamtheit künftig ausgeübter überlegener ursprünglicher Herrscher- mächte mit einem besonderen Inhaber“, so ist mit der Rede, daß zwischen besonderen Seelen eine „Staatsbeziehung“ bestehe, eigent- lich noch sehr wenig gesagt, da sich eine nähere Bestimmung erst aus der Angabe des „ausübungsbereiten Staatsmachtinhabers‘“, der „Staatsunter- tanen“ und der „Staatsgegenstände“ ergeben würde. Solche nähere Bestimmung ist aber hinsichtlich der Staatsuntertanen meist zwar nicht unmöglich, aber „empirisch“ schwierig, während die „Gegenstände“ besonderen Staates wegen der Ungewißheit hinsichtlich des Umfanges der bestehenden Staatsmacht nur mit Ungewißheit bestimmt werden können, Deshalb nimmt man gewöhnlich die Zuflucht zu Bestimmungen, mit denen man wenigstens eine „für praktische Zwecke“ genügende Klarheit beschaffen will. Um die Untertanen innerhalb besonderen Staates zu bestimmen, spricht man davon, daß jeder „Staat“ ein be- sonderes „Gebiet“ habe, womit‘ gemeint ist, daß Untertanen innerhalb jenes besonderen Staates jene Menschen sind, die innerhalb besonderen Raumes auf der Erdoberfläche „wohnen“, „sich aufhalten“ u. dgl. In- des bietet — wie nicht unerkannt geblieben ist — der „Begriff“ des „Staatsgebietes“ gar keine ausreichende Bestimmung der „Untertanen“ besonderen Staates, da von solcher „Staatsmacht“, die man auf be- stimmtes „Gebiet“ beschränken will, einerseits gewöhnlich auch zahl- reiche Menschen außerhalb jenes Gebietes als „Untertanen“ betroffen sind, z. B. die „im Auslande wohnenden inländischen Staatsbürger“, während andererseits manche in jenem „Gebiete“ wohnenden Menschen von jener Staatsmacht nicht betroffen sein müssen. Die Staatsgegenstände werden gewöhnlich in „teleologischer“ Wendung als „Staatszwecke“, als „Staatsaufgaben“ bezeichnet, In neuerer Zeit ist aber erkannt worden, daß es keine wesentlichen „Zwecke“, „Aufgaben“ des „Staates“ gibt, welche Erkenntnis sich ohne weiteres ergibt, wenn man das Gegebene „Staat“ als „künftig ausgeübte überlegene ursprüngliche Herrscher- macht“ fest im Auge behält, Denn „Herrschermacht‘“ ist jede Macht, durch Befehle besonderes Verhalten der Adressaten zu veranlassen, und jede solche Macht, gleichgültig, welches Verhalten kraft ihrer veranlaßt werden kann, kann unter besonderen, bereits dargelegten Umständen