80 Scheins, in der wir leben, eine andere Wesenswelt gibt, deren Er- forschung die Philosophie sich zur Aufgabe stellt. Alle echte Philo- sophie setzt die Realität einer transzendenten Welt als selbstverständ- lich voraus. Alle echte Philosophie ruht aber des ferneren auf dem Glauben ‚an die Erkennbarkeit dieser übersinnlichen Welt und daß ihre Erkenntnis logifiziert, unter Verstandeskategorien gebracht werden kann: dieser doppelte Glaube ist das Apriori jeder Meta- physik. Die Besonderheiten der philosophischen Erkenntnis sind aber diese: I. sie ist, wie man es ausdrücken kann, persongebunden. Nur dem Auserwählten, dem Begnadeten erschließt sich die Einsicht in die Welt des Absoluten. Wahrheit ist ebensowenig wie Schönheit jedem Beliebigen erreichbar. Philosophisches Wissen ruht auf Offen- barung und die Philosophie erweist sich damit der Religion ver- wandt. Auch die Art ihres Wissens gleicht dem religiösen: es ist mehr ein Schauen, ein Ahnen als eim Wissen im szientifischen Sinne. Sie unterscheidet sich von der Religion dadurch, daß sie ihr Wissen, statt in Symbolen, in Verstandeskategorien faßt. Aber diese Fassung bleibt anvollkommen: den Verstandeskategorien, in denen das philoso- phische Wissen sich darstellt, haftet immer noch etwas Symbo- lisches an. Das philosophische Wissen ist nur in beschränktem Um- fange objektivierbar, das heißt loslösbar von der Person des Philo- sophen. In der Philosophie ist ebenso wichtig, wenn nicht wichtiger, wer etwas sagt, als was gesagt wird. Daraus ergibt sich: 2. die dem philosophischen Wissen eigentümliche Form der Über- tragung. Sie ist die der Lehre. Lehre ist aber die Übertragung eines Wissensstoffes von Person zu Person, wie sie geübt wird in aller Religion, in aller Kunst und handwerkerlichen Kunstfertigkeit: dem Meister steht: der Jünger, der Schüler, der Lehrling gegenüber. Lehren heißt: zeigen, wie ich es mache, sagen, wie ich es sehe. Ihr entspricht die Aufforderung: „tut Ihr desgleichen‘“; macht es ebenso, schaut es ebenso wie ich; „folgt mir nach‘. Alles Überzeugen ist sehenmachen. Das philosophische Wissen ist. darum nur aufweisbar, nicht beweisbar. Deshalb kann es,auch nur dem Gleichgesinnten, Gleichgestimmten, Gleichgerichteten übertragen werden. Wie ich die