460 | erdachten Fälle in einem Schema ‚verarbeiten: etwa wirtschaftliche Handlungen auf ihre Rationalität hin in einem Wirtschaftssystem untersuchen, das noch niemals verwirklicht ist. Sie beanspruchen deshalb auch in keiner Weise, die wirklichen Zusammenhänge wider- zuspiegeln. Im Gegensatz zu naturwissenschaftlichen Hypothesen -be- sinträchtigt die Feststellung, daß die Schemata im konkreten Falle eine gültige Deutung nicht erhalten, ihren Erkenntniswert ebenso- wenig, wie z.B. die empirische Nicht-Geltung des pseudosphärischen Raumes die „Richtigkeit“ seiner Konstruktion. Man spricht wohl von siner Annäherung der Wirklichkeit an das Schema. Das kann nur den Sinn haben, daß die wirtschaftlichen. Vorgänge in dem Maße, wie sie zweckrational gestaltet werden, dem in dem Schema dar- gestellten Vorgange ähnlicher werden. Doch bleibt der Abstand zwischen Wirklichkeit und Schema immer noch „unendlich“ groß, nämlich der zwischen Empirie und Theorie. „Ein sogenanntes ‚em- pirisches‘ Gesetz ist‘ eine empirisch. geltende Regel mit ‚problema- fischer kausaler Deutung, ein ‚teleologisches Schema rationalen Handelns dagegen eine Deutung mit problematischer empirischer Geltung: beide sind also polare Gegensätze.‘ Nun ist das Seltsame dies, daß man gerade diese rationalen Schemata mit besonderer Vorliebe als „Wirtschaftsgesetze‘“ be- zeichnet hat, und zwar hat man dabei offenbar an Naturgesetze ge- dacht, mit denen sie, wie wir festgestellt haben, in keiner Weise in Verbindung gebracht werden können. Wir haben ja gesehen, wie Jas naturwissenschaftliche Denken der ordnenden Nationalökonomie auf die Aufstellung von Gesetzen ganz nach Art der Naturgesetze hinausläuft. Und die Gesetze, die man vor allem im Auge hatte, waren die hier besprochenen Fiktionsgesetze. Was man aber nicht geahnt hat, ist dieses: daß die Schemata, die zwar den Namen des „Natur- gesetzes‘“, also des Pseudo-Gesetzes, nicht verdienen, eines Tages ge- rade deshalb, weil es keine unechten (Natur-)Gesetze sind, als echte Gesetze erkannt werden würden. Das nämlich sind sie. Es sind echte Sinngesetze, ausgestattet mit der Würde der Notwendigkeit und gene- rellen Geltung deshalb, weil es verite&s de raison, apriorische Wahr- heiten ohne jede Beziehung auf empirisches Dasein sind. Ihr Wahr- heitswert liegt in der Rationalität ihres Inhalts.