32 arbeitssparender Maschinen und Verfahren, während andererseits der verringerte Umsatz die Anwendung von noch stärker auf Mas- senerzeugung eingerichteter Technik zumindest in Europa wirt- schaftlich nicht rentabel erscheinen läßt. Was aber die Möglichkeit gesteigerter Arbeitsleistung der Arbeiter bei verkürzter Arbeitszeit angeht, so ist diese um so geringer, als die Herabdrückung des all- gemeinen Lebensniveaus auf Grund der Kriegsfolgen, der Teuerung und der verschlechterten Ernährungsweise in den besiegten Län- dern eine Hebung der physischen Arbeitsfähigkeit sowie der psy- chischen Arbeitslust unterbindet. Es würde ökonomisch gesehen weit mehr im Rahmen dieser Verhältnisse sein, eine Mehrerzeugung durch längere Arbeitszeit bei relativ verminderter Arbeitsleistung pro Stunde zu erstreben, als eine Kürzung der Arbeitszeit herbeizufüh- ren, welche das Ergebnis der Arbeitsleistung im besten Falle relativ heben könnte, aber das absolute Arbeitsergebnis ganz wesentlich in jedem Falle mindern muß, weil unter den heutigen sozialen Ver- hältnissen diese relative Erhöhung der Arbeitsleistung nur gering sein kann und ihr ausgleichende Mittel auf seiten des Unternehmers nicht gegenüberstehen. Aus diesem Grunde hat sich auch ein einst so leidenschaftlicher Vorkämpfer für verkürzte Arbeitszeit wie Bren- tano*!) unter den veränderten Verhältnissen für eine heutige sche- matische Durchführung des Achtstundentages nicht aussprechen können. Der Achtstundentag Diejenigen hingegen, welche in erster Linie das „soziale“ Ele- ment in der Volkswirtschaft berücksichtigen und dasselbe mit den Erfordernissen derselben zu identifizieren pflegen, haben, ohne Rück- sicht auf die Besonderheit der heute veränderten Wirtschaft, nach dem Kriege eine Propaganda für den Achtstundentag veranstaltet, die in den verschiedensten Ländern zum Ziele geführt hat. Freilich ist heute noch, solange sowohl die Vereinigten Staaten wie Kanada einer gesetzlichen schematischen Festlegung des Arbeitstages nicht zugänglich sind, die Verkürzung der Arbeitszeit in erster Linie als eine europäische Angelegenheit zu betrachten, was um so seltsamer berührt, als ja gerade die europäischen Industriestaaten als die heute ökonomisch und finanziell schwächeren Länder allen Grund 41) Vgl. seine Rede in Prag 1924. Berliner Tageblatt Nr. 472.