96 Verdrängung Zum Schlusse der Betrachtung betonen wir noch einmal, dass nicht zu be- nach unserer Ansicht die Gefahr des Handwerkerstandes durchaus fürchten. nicht in dem Mass vorhanden ist, in dem es meist angenommen wird. Er hat auch in der modernen Volkswirtschaft einen bestimmten Platz auszufüllen und kann garnicht entbehrt werden. Dagegen sind in Deutschland die kleinen selbständigen, ohne Gehilfen arbeitenden Hand- werker in zu grosser Zahl vorhanden, die nicht dem Mittelstande, son- dern dem Proletariat angehören, und es ist klar, dass die Reduktion derselben für die Gesamtheit nicht als ein Nachteil, sondern als Vor- teil anzusehen ist. Diese Zahl künstlich erhalten zu wollen, wäre ein entschiedener Fehler, während der wirklich dem Mittelstande ange- hörende . Gewerbetreibende vor allem völlige Bewegungsfreiheit haben muss, um sich angemessen zu entwickeln. Die neue schnelllebige Zeit verlangt fortdauernd neue Formen, jede Einzwängung in eine Schablone oder gar in eine Zwangsjacke, wie es von den Zünftlern erstrebt wird, kann nur verhängnisvoll wirken. Kapitel HI. ; Die Arbeiterfrage. S 423, Soziale Frage Die soziale Frage der Gegenwart. H. A. v. Scheel, Die Theorie der sozialen Frage. Jena 1869. FF. A. Lange, Die Arbeiterfrage. Winterthur 1873. Verhandlungen des Vereins für Sozialpolitik. Oktober 1872. Leipzig 1873. SF. Schönberg, Handbuch, II, %. Gewerbe. II. Teil. Die gewerbliche Ar- beiterfrage. Engels, Die Lage der arbeitenden Klassen in England, Stuttgart 1892, HA. Herkner, Die Arbeiterfrage. 2. Aufl. Berlin 1897. Tulius Wolf, System der Sozialpolitik, I. Grundlegung. Stuttgart 1892, Mit Recht wird als eine besondere Eigentümlichkeit unserer Zeit- verhältnisse die soziale Frage angesehen, welche sich mehr oder weniger in allen Kulturländern geltend gemacht hat, und in dieser Weise noch niemals von der Geschichte konstatiert werden konnte. Da sie zum grossen Teile von der Arbeiterfrage ausgefüllt wird, so hat sie uns hier zu beschäftigen. Bei ihrer grossen Bedeutung be- handeln wir sie aber in erweiterter Form, da man unsere Zeit nur richtig zu verstehen vermag, wenn man die Eigenart dieser Bewegung in ihren tieferen Ursachen erfasst hat. Zunächst haben wir die Frage zu beantworten: Was versteht man unter der sozialen Frage? Darüber besteht keineswegs Einstimmigkeit, wenn auch der Sprachgebrauch in der neueren Zeit sich mehr und mehr geklärt hat. Wir verstehen darunter das der Wissenschaft wie der Staats- verwaltung zur Lösung gestellte Problem, welches sich durch den ge- sellschaftlichen Zustand herausgebildet hat, in welchem ein Missver- hältnis vorliegt zwischen berechtigten ILebensansprüchen einer yanzen Gesellschaftsklasse gegenüber den von ihr zu erreichenden Befriedigungsmitteln und ihrer sozialen Stellung, sofern dieses Miss- verhältnis zu einem schwerempfundenen Gegensatz dieser Klasse