20 Es ist unmöglich, diese Fragen hier ausführlich zu erörtern; sie hängen so eng mit der Organisation der amtlichen Statistik im Staate zusammen, dass ihre Lösung von der Entschliessung über jene Organisationsfrage bedingt wird. Angesichts des bestehenden Verwaltungsapparates wird indess kaum etwas Anderes stattfinden können, als Folgendes: 1) Die Städte von über 10 000 Einwohnern haben die sie betreffenden Listen selbst zu concentriren. 2) Die Landrathsämter haben die Listen der Städte unter 10 000 Einwohner, so wie der übrigen Wohnplätze ihres Kreises in der vorgeschriebenen Form zusammenzustellen und zu concentriren. 3) Die Regierungen empfangen die concentrirten Resultate aus den Städten über 10 000 Einwohner und aus den Kreisen und stellen dieselben zu Regierungsbezirks resultaten zusammen. 4) Von den Regierungsbezirken gelangen die bis zu Be zirksresultaten concentrirten Tabellen an das königliche statistische Bureau, welches daraus die Provinzial- und Landesresultate zusammenstellt. Begreiflicherweise werden nur diejenigen Einträge vorher erst zu Orts- und Kreisresultaten zu concentriren sein, welche durch die vorgeschriebenen Schluss tabellen als solche benötbigt werden. Manche der vorn genannten zu gewinnenden Re sultate haben sogar einen grösseren Werth, je grösser die Zahlen sind , welche ihre Basis bilden. Indessen stellt man den Gesichtspunkt in den Vordergrund, dass Orts- und Kreis statistiken für die unmittelbaren Zwecke der Verwaltung der grösseren Städte wie der Kreise nie detaillirt genug sein können, dass sie also neben einem allgemeinen auch einen ganz specifischen Nutzen haben, so wird es nur dankbar zu begrüssen sein, wenn in den Landrathsämtern von allen Tabellen die Concentration zu Kreisresultaten vorausgeht. Unleugbar würden solche Arbeiten den bereits anbefohlenen, von Zeit zu Zeit zu erstattenden Kreisstatistiken als eine überaus werthvolle Unter lage dienen können. Ausserdem werden sie dazu beitragen, in die höchst anerkennenswerthen und sehr verdienstlichen statistischen Leistungen so vieler Landräthe eine gewisse Uebereinstimmung der Behandlung zu bringen. Eine Mehrarbeit entsteht aus der durchgängig schon in der untersten Verwaltungsinstanz vor genommenen Concentration eigentlich nicht. Denn die Arbeit der Zusammentragung und Zusammenstellung der Einzel resultate zu Gesammtresultaten bleibt nahezu dieselbe, ob sie für die grösseren Städte bei den Magistraten , für die Kreise bei den Landrathsämtern, oder für die Bezirke sofort aus den Urlisten bei den Königlichen Regierungen vorgenommen wird. Wohl aber wächst bei ersterem Verfahren die Richtigkeit, weil die Localkenntniss dem Urtheile über die Einträge un- gemein zu statten kömmt. Bei wohlorganisirtem Arbeitspläne dürfte aber auch die Schnelligkeit bedeutend wachsen, mit welcher die Arbeit ge fördert wird. Tn der preussischen Monarchie giebt es 83 Städte mit mehr als 10 000 Einwohnern und, einschliesslich 11 Stadt kreise, 334 Kreise, ohne diese also 323. Nimmt man, weil die grösseren Städte die Concentration für sich besorgen, nur letzte Zahl, so vertheilt sich also die Arbeit auf 406 verschie dene Organe; und im Durchschnitt hat sonach 1 Organ die Statistik von circa 45 000 Bewohnern herzustellen. 5) Unter den angeführten Gründen spricht indess noch ein anderer für die möglichste Concentrirung in der untersten Instanz, dieser aber führt sofort zu der Frage der Aufbewah rung der Urlisten, welche, wenn sie richtig entschieden wird, zugleich einem oft besprochenen Wunsche Erfüllung bringt. Es wird nämlich mit allem Rechte darauf ein Gewicht ge legt, dass in jeder Gemeinde sogenannte Gemeindebücher gehalten werden möchten, in welchen nicht blos die Nachweise über das Gemeindevermögen, sondern auch die Nachweise über die Bewohner der Gemeinde und ihre persönlichen Verhältnisse, ihr Kommen in die Gemeinde, ihr Bleiben in derselben und ihr Gehen aus derselben zu finden seien. Man hat dergleichen Gemeindebücher in vielen deutschen, vorzugsweise aber süddeut schen Ländern. Wodurch könnte nun aber eine bessere Unterlage dafür beschafft werden, als durch die Haushaltungs-, Haus und Ortslisten der einzelnen Gemeinden? Sind sie nicht das leibhafte Inventarium der Angehörigen jeder Familie, der Be wohner jedes Hauses, der Gebäude und ihrer Wandelungen jedes Orts? Und da mit den Haushaltlisten gewerbliche Fragen zu verbinden sind, so sind sie gleichzeitig ein treuer Spiegel nicht blos der Art, sondern auch des Umfangs der Beschäftigung; die Hauslisten, die einige landwirthschaftliche Fragen enthalten sollen, geben Auskunft über Ackerbau und Viehzucht jedes Gemeindemitgliedes, und die Ortslisten lassen erkennen, was die Gemeinde durch Wegzüge verloren, durch Zuzüge gewonnen hat. Dazu kommt, dass in der Verwerthung der Urlisten zu Gemeindebüchern jeder Bewohner der Ge meinde eine Veranlassung erhält und sicher auch empfinden wird, seine in dieselben niederzuschreibenden Angaben mit Sorgfalt und Wahrheitsliebe zu bewirken. Also werden da durch zwei Zwecke auf einmal gefördert: die Ortsstatistik und die Landesstatistik. Das bedarf wohl nur der Andeutung, dass die wohl aufbewahrten Urlisten zugleich das beste Mittel der Controle für folgende Zählungen darbieten. 6) Wenn schliesslich noch die Kosten zu erwähnen sind, welche die in vorliegender Denkschrift bevorwortete Umgestaltung der Volkszählungen in Anspruch nehmen kann, so dürfte sichs eigentlich hier nur um die Mehrkosten gegen das bisherige Verfahren handeln. Leider sind die letzteren nicht genau fest zustellen , weil dem statistischen Biireau die gesammten Kosten einer Volkszählung in Preussen überhaupt nicht bekannt sind. Das statistische Büreau giebt für Herstellung der Formulare zu den Concentrationstabellen 3000 Thlr. aus. Darin sind aber die Urlisten (die doch Hauslisten sind und in grösseren Orten sogar als Haushaltungslisten verwendet werden) keineswegs inbegriffen. Ebensowenig sind darin die Hilfslisten begriffen, welche für Aufzeichnung des Viehstandes und der Gewerbe verhältnisse in Anwendung kommen müssen.* Alle diese Listen sind ziemlich kostspielig. Wird mit Hilfe von Haushaltungs-, Haus- und Ortslisten gezählt, so sind die Kosten für die Listen selbst etwa wie folgt zu veranschlagen : Es giebt in Preussen nach der Zählung vom 3. Decem ber 1858: 3.691 725 Familien, 2.069 925 Privatwohngebäude und 82 897 Wohnplätze. Demnach möchten, wenn man die Zahl der Familien für die Zahl der Haushaltungslisten, die der Privatwohngebäude für die Zahl der Hauslisten und die der Wohnplätze für die Zahl der Ortslisten zum Anhaltepunkt nimmt, für die nächste Zählung, unter Berücksichtigung des Zuwachses und 10 Prozent Zuschlags für unbrauchbar gewordene Listen, erforderlich sein : 4.000 000 Haushaltungslisten, 2.300 000 Hauslisten, 100 000 Ortslisten. In Summa 6.400 000 Listen. Sie repräsentiren eben soviel Bogen einfachen Formats und entsprechen einem Quantum von circa 13 400 Ries = 1 340 Ballen. Jedenfalls ist das Papier des wohlfeileren Drucks wegen aber als Doppelformat anzuschaffen, in Folge dessen die 1 340 einfachen 670 Doppelballen werden. Es ist unnöthig, die Doppelballen schwerer als zu 180 Pfund und das Pfund theuerer als zu 3 Silbergroschen zu nehmen. Es kosten als dann die benöthigten 120 600 Pfund 12 060 Thlr. Was die Druckpreise anlangt, so werden bei angemessener Concurrenz pro 100 000 Bogen einfachen Formats in Schön- und Wiederdruck 75, höchstens 80 Thaler, dafür zu bewilli gen sein. Die Satz- und Druckkosten stellen sich sonach auf 5 120 Thaler. Also Papier, Satz und Druck werden eine Ausgabe von circa 18 000 Thalern erfordern. Das ist bei 18 Millionen Bewohnern für jeden Bewohner eine Ausgabe von A— Thlr. oder circa % Pfennig. Es ist nicht wohl anzunehmen, dass die gegenwärtigen Kosten für die Urlisten und sonstigen Formulare erheblich niedriger seien. — Die Kosten der Zusammenstellung etc. sind es sicher nicht, wenn die Concentration nach einem fest be stimmten Plane systematisch, und mit allen Hülfsmitteln der Arbeitstheilung, vorgenommen wird. Gesetzt aber auch, es entstände eine geringe Mehrausgabe; wird sie nicht reichlich durch die Vortheile einer genaueren Zählung compensirt? Im Königreich Sachsen wurde consta- tirt, dass, als im Jahre 1832 die individuelle Zählung durch Hauslisten eingeführt wurde, der Zuwachs der Bevölkerung, der sonst circa 45 000 Einwohner pro Triennium betrug, auf einmal auf 156 000 Einwohner stieg. Von da bewegte er sich in den 50—60 000 pro Triennium bis zum Jahre 1852, in welchem die Haushaltungslisten eingeführt wurden; in diesem Jahre wurde ein Zuwachs von 93 181 auf das vorangegangene Triennium ermittelt. Im nächsten Triennium sank er aber wieder auf 51 564, ein sicherer Beweis also dafür, dass der ver besserten Methode der Zählung ein guter Theil des Zuwachses zu verdanken war. Könnte man, nicht den Zuwachs, sondern die Mehrzählung etwa auf \ Procent in Preussen veranschlagen, so würde das bei 18 Millionen Einwohnern eine Mehrermittelung von 90 000 Bewohnern bedeuten, die bei den bisherigen Zählungen lediglich der Methode wegen ungezählt blieben und demzufolge auch der auf ihre Zahl entfallende Antheil an den Zollvereinsrevenuen dem Staat verloren ging. Da nun aber