I. Theil. Statistik der Anträge, Ablehnungen, Aufnahmen und Abgänge. I. Kapitel. Anmeldungen, Abweisungen und perfect gewordene Versicherungen. Unsere Tab. 1 enthält eine Uebersicht der quantitativen Leistungen der Bank in der Versicherungs-Gewinnung und bietet zugleich die Möglichkeit, die diesem Zweige gewidmete Thätigkeit von einem bestimmten Gesichtspunkte aus auch auf ihre Qualität zu prüfen. Spalte i zeigt die Zahl der Anmeldungen. Sie ent hält das quantitative Resultat der Thätigkeit der Bank und ihrer Organe in der Anbietung ihrer Leistungen. Eine steigende Zahl von Anmeldungen deutet auf wachsendes Vertrauen zur Anstalt, auf zunehmendes Geschick und zunehmenden Fleiss der Vermittler, in gewissem Maase auch auf Vermehrung der Zahl, bessere Auswahl und bessere Verkeilung der letzteren; sie kann auch die Folge reichlicherer Vergütung der Leistungen der letzteren sein. Endlich wird auf den Zuwachs der An meldungen die allgemeinere Verbreitung des Verständnisses für die Segnungen der Lebensversicherung und werden auf den selben die allgemeinen Zeitverhältnisse — friedliche oder kriege rische oder doch unruhige Zeiten, Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwunges, des Stillstandes oder Rückganges — ein wirken. Betrachtet man die Bewegung der Anmeldungen bei einer einzelnen Anstalt für eine längere Jahren reihe, so ist es klar, dass der Einfluss jedes einzelnen jener Momente, selbst so lange sie concurrenzlos ist, nicht mit vollkommener Deutlichkeit an den Resultaten wahr genommen werden kann. Wenn in einem Jahre, in welchem der Sinn der Menschen durch öffentliche Unruhen, durch grosse welterschütternde Ereignisse von der Sorge für die Zukunft der Familie abgelenkt wird, zufällig von dieser einen Anstalt kurz vorher getroffene glückliche Aende- rungen in der Organisation des Geschäftsbetriebes, eine kurz vor her eingeführte höhere Vergütung für Vermittlerleistungen u.s. w. ihre Wirksamkeit entfalten, so kann recht wohl der Einfluss der »schlechten Zeiten« neutralisirt werden. Bei Betrachtung einer grösseren Zahl von Anstalten wird man insbesondere den Einfluss allgemein wirkender Momente in der Bewegung der Anmeldungen viel deutlicher erkennen. Im Anfänge, als die Gothaer Bank in ihrem Geschäfts gebiete fast concurrenzlos war, sind wesentliche Veränderungen in der Zahl der Anmeldungen immerhin doch mit einiger Sicherheit auf bestimmte, noch zu ermittelnde, Einflüsse zurück zuführen. Die grosse Zahl der Anmeldungen, welche für 1829 verzeichnet ist, kommt auf Rechnung der vorhergegangenen Sammelperiode, der Rückschlag im Jahre 1830 ist theils Folge des Umstandes, dass eben dieses Jahr nicht die Früchte einer vorhergegangenen solchen Periode, sondern nur diejenigen seiner eigenen Saat zu ernten hatte, theils die Folge politischer Un ruhen, welche in diesem Jahre die Bevölkerung des ganzen Bankgebietes ergriffen hatten. Der starke Zuwachs des folgen den Jahres erklärt sich theils daraus, dass jene Aufregung sich zu legen angefangen hatte, theils aus der allgemeinen Sorge, welche das erstmalige Auftreten der Cholera auf deutschem Boden bereitete, theils endlich aus dem in diesem Jahre erfolgten Anschlüsse einer in Giessen begründeten »Lebens versicherungsanstalt für Mitteldeutschland«, welche die bereits bei ihr eingegangenen Versicherungsanträge damals der Gothaer Bank überwies. Später zeigen nur ganz allgemein und tief wirkende Momente ihren Einfluss auf die Zahl der Anmeldungen bei der einzelnen Anstalt unverkennbar. So bemerken wir 1848, 1849 und 1854, dann wieder 1866, 1870 und 1871 bedeutende Rückschläge, 1872 einen erheblichen, erst 1876 wieder er reichten Aufschwung. Die lange und tief einschneidende wirth- schaftliche Krisis der letzten Jahre macht sich dadurch bemerk bar, dass der Zuwachs der Anmeldungen, wenn er auch von Jahr zu Jahr steigt, doch nicht in dem Maase steigt, wie es gewisse, gerade in diese Zeit fallende Aenderungen in der Organisation des auswärtigen Dienstes erwarten Hessen. Deutlich scheint auch der Einfluss der zweimal ein getretenen Erhöhung der Vergütungen, welche die Agenten für den Abschluss neuer Versicherungen zu beziehen hatten, erkennbar zu sein. Wenigstens ist der Zuwachs der An meldungen erst im Jahre 1864, wo die erste, und dann im Jahre 1867, wo die zweite namhafte Erhöhung in Kraft trat, ganz erheblich gestiegen. Beide Erhöhungen waren gleich; die zweite hatte keine so beträchtliche Steigerung des Zuwachses zur Folge, als die erste. Man sieht also, dass der Einfluss derartiger, wenn auch an sich wirksamer, Momente bei einer einzelnen Anstalt leicht durch den Einfluss anderer Momente verwischt wird. Im Ganzen schreitet die Zahl der Anmeldungen von Jahr zehnt zu Jahrzehnt rüstig vorwärts, in den ersten beiden Jahr zehnten mäsig, im dritten schon stärker, vom vierten ab beträchtlich. Das Wachsthum vielseitigen Angebotes hemmt nicht, sondern befördert eher die Schritte der ältesten Anstalt, welche zwar wählerisch ist in den Mitteln der Werbung, aber doch dem belebenden Einflüsse der Concurrenz sich nicht ver- schliesst und die altgewohnte Rührigkeit steigert, anstatt sich bei den bisher erzielten Resultaten zu begnügen. Sie bringt durch ihre gesteigerte Thätigkeit Niemandem Gewinn, als den neugewonnenen wie den alten Theilnehmern ; aber die gemeinnützigen Erfolge regen zu immer neuen An strengungen an und ein gewiss gerechtfertigter Ehrgeiz treibt dazu, die alte angesehene Stellung zu behaupten.