8 Erstes Kapitel. Übersicht über d. wirtschaft!. Entwickl. d. Orients usw. Hunderts gelangte sie dazu, eine selbständige Disziplin zu werden, in jener Epoche, die wir hier nicht mehr schildern wollen, weil sie bereits in die Gegenwart und in ihre Kämpfe hineinragt. So schließen wir denn diesen flüchtigeil historischen Überblick, der nicht mit den Ideen bekannt machen sollte, welche auf dem Gebiete der alten Wirtschaftsgeschichte die Gelehrten leiteten — das wäre ohne vorhergegangene Darstellung des Gegenstandes nicht gut möglich—, sondern nur zeigen sollte, von welchem Interesse die Forscher jeweils geleitet waren, wenn sie sich unserem Gebiete zuwendeten, nicht eine Geschichte der Ideen, sondern eine der Interessen sollte hier skizziert werden. Erstes Kapitel. Übersicht über die wirtschaftliche Entwicklung des Orients bis zur Schaffung des griechisch- orientalischen W irtsch asts systems. (Vis Ende 4. Jahrhunderts.) „Herrlich ist der Orient Übers Mittelmeer gedrungen." Goethe, West-östlicher Divan. Bon den Ländern der alten Welt hat sich Ägypten am längsten verhältnismäßig selbständig entwickelt. Die Wirtschaftsverhält nisse können wir erst seit der Zeit der Pyramidenbauer, die zu Anfang des dritten Jahrtausends regierten, genauer verfolgen. Damals war Ägypten ein Kulturstaat mit einer im größten Stile planmäßig geordneten Naturalwirtschaft. In einem System von Magazinen, die mit einem ausgebildeten öffentlichen und privaten Verwaltungsapparat in Verbindung standen, sammel ten die Herrscher die dem Staate zukommenden Leistungen der Untertanen, die großen Grundbesitzer die Produkte ihrer Be sitzungen, von denen auch ein Teil an den König abgeführt werden mußte. Diese Magazine dienten überdies dazu, Reserven für Hun gersnöte aufzusammeln. Ein großer Teil der Bevölkerung emp fing aus diesen Magazinen rentenartige Naturalbezüge, sei es, daß einer Mitglied der sehr zahlreichen Beamtenschaft war oder einer Priestergemeinschaft angehörte, sei es, daß er in dau ernder Abhängigkeit von einem der großen Grundbesitzer stand oder auf Grund eines Vertrages, z. B. eines Lohnvertrages An-