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macht, dieselbe Partei, welche die Krakauer Insurrektion von 1846 iu'S
Leben rief.

In Deutschland kämpft die komumnistische Partei, sobald die Bour-
geoisie revolutionär auftritt, gemeinsam mit der Bourgeoisie gegen die
absolute Monarchie, das feudale Grundeigenthnm und die Kleiubürgerei.

Sie unterläßt aber keinen Augenblick, bei den Arbeitern ein möglichst
klares Bewußtsein über den feindlichen Gegensatz zwischen Bourgeoisie
und Proletariat herauszuarbeiten, damit die deutschen Arbeiter sogleich
die gesellschaftlichen und politischen Bedingungen, welche die Bourgeoisie
mit ihrer Herrschaft herbeiführen muß, als eben so viele Waffen gegen
die Bourgeoisie kehren können, damit nach dem Sturz der reaktionären
Klassen in Deutschland, sofort der Kampf gegen die Bourgeoisie selbst
beginnt.

Auf Deutschland richten die Kommunisten ihre Hauptanfmerksamkeit,
weil Deutschland am Vorabend einer bürgerlichen Revolution steht, und
weil es diese Umwälzung unter fortgeschrittneren Bedingungen der euro-
päischen Zivilisation überhaupt, und mit einem viel weiter entwickelten
Proletariat vollbringt, als England im 17. und Frankreich im 18. Jahr-
hundert, die deutsche bürgerliche Revolution also nur das unmittelbare
Vorspiel einer proletarischen Revolution sein kann.

Mit einem Wort, die Kommunisten unterstützen überall jede revolutio-
näre Bewegung gegen die bestehenden gesellschaftlichen und politischen
Zustände.

In allen diesen Bewegungen heben sie die Eigenthnmsfrage, welche
mehr oder minder entwickelte Form sie auch angenommen haben möge,
als die Grundfrage der Bewegung hervor.'

Die Kommunisten arbeiten endlich überall an der Verbindung und
Verständigung der demokratischen Parteien aller Länder.

Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu
verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht
werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesell-
schaftsordnung. Mögen die herrschenden Klassen vor einer Kommuni-
stischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu
verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen.

Proletarier aller Länder vereinigt Euch!



Truck: Vorwärts Buchdruckern und Berlagsm,statt Paul Singer & Co.. Berlin SW.

seines Erscheinens von der, damals noch wenig zahlreichen Vorhut des
wissenschaftlichen Sozialismus enthusiastisch begrüßt (wie die in der
ersten Vorrede angeführten Uebersetzungen beweisen), wurde es bald in
den Hintergrund gedrängt durch die, mit der Niederlage der Pariser
Arbeiter im Juni 1848 beginnende Reaktion, und schließlich „von
Rechtswegen" in Acht und Bann erklärt durch die Verurtheilung der
Kölner Kommunisten November 1852. Mit dem Verschwinden der, von
der Februarrevolution datirenden, Arbeiterbewegung von der öffentlichen
Bühne trat auch das Manifest in den Hintergrund.

Als die europäische Arbeiterklasse sich wieder hinreichend gestärkt hatte
zu einem neuen Anlauf gegen die Macht der herrschenden Klassen, ent-
stand die Internationale Arbeiter-Assoziation. Sie hatte zum Zweck,
die gesammte streitbare Arbeiterschaft Europas und Amerikas zu Einem
großen Heereskörper zu verschmelzen. Sie konnte daher nicht a u s -
gehn von den im Manifest niedergelegten Grundsätzen. Sie mußte
ein Programm haben, das den englischen Trabes Unions, den franzö-
sischen, belgischen, italienischen und spanischen Prondhonisten, und den
deutschen Lassalleanern*) die Thür nicht verschloß. Dies Programm —
die Erwägungsgründe zu den Statuten der Internationale, wurde von
Marx mit einer selbst von Bakunin und den Anarchisten anerkannten
Meisterschaft entworfen. Für den schließlichcn Sieg der im Manifest
aufgestellten Sätze verließ sich Marx einzig und allein auf die intellek-
tuelle Entwicklung der Arbeiterklasse, wie sie aus der vereinigten Aktion
und der Diskussion nothwendig hervorgehn mußte. Die Ereignisse und
Wechselfälle im Kampf gegen das Kapital, die Niederlagen noch mehr
als die Erfolge, konnten nicht umhin, den Kämpfenden die Unzuläng-
lichkeit ihrer bisherigen Allerweltsheilmittel klar zu legen und ihre
Köpfe empfänglicher zu machen für eine gründliche Einsicht in die wahren
Bedingungen der Arbeiter-Emanzipation. Und Marx hatte Recht. Die
Arbeiterklasse von 1814, bei der Auflösung der Internationale, war eine
ganz andre als die von 1864, bei ihrer Gründung, gewesen war. Der
Proudhonismus in den romanischen Ländern, der spezifische Lassalleanis-
mus in Deutschland, waren am Ansstcrben, und selbst die damaligen
stockkonservativen englischen Trades Unions gingen allmählig dem Punkt
entgegen, wo 1887 der Präsident ihres Kongresses, in Swansea, in
ihrem Namen sagen konnte: „Der kontinentale Sozialismus hat seine
Schrecken für uns verloren." Der kontinentale Sozialismus, der war
aber schon 1887 fast nur noch die Theorie, die im Manifest verkündet
wird. Und so spiegelt die Geschichte des Manifests bis zu einem ge-
wissen Grade die Geschichte der modernen Arbeiterbewegung seit 1848
wieder. Gegenwärtig ist es unzweifelhaft das weitest verbreitete, das
internationalste Produkt der gelammten sozialistischen Literatur, das
gemeinsanie Programm vieler Millionen von Arbeitern aller Länder von
Sibirien bis Kalifornien.

Und doch, als es erschien, hätten wir es nicht ein sozialistisches

*) Lassalle bekannte sich persönlich, uns gegenüber, stets als „Schüler"
von Marx, und stand als solcher selbstredend auf dem Boden des Mani-
fests. Anders mit denjenigen seiner Anhänger, die nicht über seine
Forderung von Produktivgenossenschaften mit Staatskredit hinausgingen
und die ganze Arbeiterklasse eintheilten in Staatshülsler und Selbsthnlfler.

ly

Sie sind nur allgemeine Ausdrücke thatsächlicher Verhältnisse eines
existtrenden Klassenkampfs, einer unter unsern Augen vor sich gehenden
geschichtlichen Bewegung. Die Abschaffung bisheriger Eigenthums-
verhältnisse ist nichts den Kommunismus eigenthümlich Bezeichnendes.

Alle Eigenthumsverhältnisse waren einem beständigen geschichtlichen
Wechsel, einer beständigen geschichtlichen Veränderung unterworfen.

Die französische Revolution z. B. schaffte das Feudal-Eigenthum zu
Gunsten des bürgerlichen ab.

Was den Kommunismus auszeichnet, ist nicht die Abschaffung des Eigen-
thums überhaupt, sondern die Abschaffung des bürgerlichen Eigenthums.

Aber das moderne bürgerliche Privateigenthum ist der letzte und
vollendetste Ausdruck der Erzeugung und Aneignung der Produkte, die
auf Klassengegensätzen, auf der Ausbeutung der Einen durch die Andern
beruht. ^

In diesem Sinne können die Kommunisten ihre Theorie in dem einen
Ausdruck: Aufhebung des Privateigenthnms, zusammenfassen.

Man hat uns Kommunisten vorgeworfen, wir wollten das persönlich
erworbene, selbsterarbcitete Eigenthum abschaffen; das Eigenthum,
welches die Grundlage aller persönlichen Freiheit, Thätigkeit und Selbst-
ständigkeit bilde.

Erarbeitetes, erworbenes, selbstverdientes Eigenthum! Sprecht Ihr von
dem kleinbürgerlichen, kleinbäuerlichen Eigenthum, welches dem bürger-
lichen Eigenthum vorherging? Wir brauchen es nicht abzuschaffen, die
Entwicklung der Industrie hat es abgeschafft und schafft es täglich ab.

Oder sprecht Ihr vom modernen bürgerlichen Privateigenthum?

Schafft aber die Lohnarbeit, die Arbeit des Proletariers ihm Eigen-
thum? Keineswegs. Sie schafft das Kapital, d. h. das Eigenthum,
welches die Lohnarbeit ausbeutet, welches sich nur unter der Bedingung
vermehren kann, daß es neue Lohnarbeit erzeugt, um sie von Neuem
auszubeuten. Das Eigenthum in seiner heutigen Gestalt bewegt sich in
dem Gegensatz van Kapital und Lohnarbeit. Betrachten wir die beiden
Seiten dieses Gegensatzes.

Kapitalist sein, heißt nicht nur eine rein persönliche, sondern eine ge-
sellschaftliche Stellung in der Produktion einnehmen. Das Kapital ist
ein gemeinschaftliches Produkt und kann nur durch eine gemeinsame
Thätigkeit vieler Mitglieder, ja in letzter Instanz nur durch die ge-
meinsame Thätigkeit aller Mitglieder der Gesellschaft in Bewegung
gesetzt werden.

Das Kapital ist also keine persönliche, es ist eine gesellschaftliche Macht.

Wenn also das Kapital in gemeinschaftliches, allen Mitgliedern der
Gesellschaft angehöriges Eigenthum verwandelt wird, so verwandelt sich
nicht persönliches Eigenthum in gesellschaftliches. Rur der gesellschaft-
liche Charakter des Eigenthums verwandelt sich. Er verliert seinen
Klassen-Eharakter.

Kommen wir zur Lohnarbeit:

Der Durchschnittspreis der Lohnarbeit ist das Minimum des Arbeits-
lohnes, d. h. die Summe der Lebensniittel, die nothwendig sind, um den
Arbeiter als Arbeiter am Leben zu erhalten. Was also der Lohnarbeiter
durch seine Thätigkeit sich aneignet, reicht bloß dazu hin, um sein nacktes
Leben wieder zu erzeugen. Wir wollen diese persönliche Aneignung
der Arbeitsprodukte zur Wicdererzeugung des unmittelbaren Lebens

11 -

Wir sehen also, wie die moderne Bourgeoisie selbst das Produkt
eines langen Entwicklungsganges, einer Reihe von Umwälzungen in der
ProdukliouS- und Lerkehrsweise ist.

Jede dieser Entwicklungsstufen der Bourgeoisie war begleitet von
einem entsprechenden politischen Fortschritt. Unterdrückter Stand unter
der Herrschaft der Feudalherren, bewaffnete und sich selbst verwaltende
Assoziation in der Kommune*), hier unabhängige städtische Republik, dort
dritter steuerpflichtiger Stand der Monarchie, daun zur Zeit der Manu-
faktur Gegengewicht gegen den Adel in der ständischen oder in der
absoluten Monarchie, Hanptgrnudlage der großen Monarchien überhaupt,
erkämpfte sie sich endlich seit der Herstellung der großen Industrie und
des Weltmarktes im modernen Repräsentativstaat die ausschließliche
politische Herrschaft. Die moderne Staatsgewalt ist nur ein Ausschuß,
der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bonrgeoisklasse verwaltet.

Die Bourgeoisie hat in der Geschichte eine höchst revolutionäre Rolle
gespielt.

Die Bourgeoisie, wo sie zur Herrschaft gekommen, hat alle feudalen,
patriarchalischen, idyllischen Verhältnisse zerstört. Sie hat die bunt-
scheckigen Fendalbande, die den Menschen an seinen natürlichen Vorge-
setzten knüpften, unbarmherzig zerrissen und kein anderes Band zwischen
Mensch und Mensch übrig gelassen, als das nackte Interesse, als die
gefühllose „baare Zahlung". Sie hat die heiligen Schauer der frommen
Schwärmerei, der ritterlichen Begeisterung, der spießbürgerlichen Weh-
muth in dem eiskalten Wasser egoistischer Berechnung ertränkt. Sie hat
die persönliche Würde in den Tanschwerth aufgelöst und an die Stelle
der zahllosen verbrieften und wohlerworbenen Freiheiten die Eine ge-
wissenlose Handelsfreiheit gesetzt. Sie hat, mit einem Wort, an die
Stelle der mit religiösen und politischen Illusionen verhüllten Aus-
beutung die offene, unverschämte, direkte, dürre Ausbeutung gesetzt.

Die Bourgeoisie hat alle bisher ehrwürdigen und mit frommer Scheu
betrachteten Thätigkeiten ihres Heiligenscheins entkleidet. Sie hat den
Arzt, den Juristen, den Pfaffen, den Poeten, den Plann der Wissenschaft
in ihre bezahlten Lohnarbeiter verwandelt.

Die Bourgeoisie hat dem Familienverhältniß seinen rührend-sentimen-
talen Schleier abgerissen und es ans ein reines Geldverhältniß
zurückgeführt.

Die Bourgeoisie hat enthüllt, wie die brutale Kraftäußerung, die die
Reaktion so sehr am Mittelalter bewundert, in der trägsten Bärenhänterei
ihre passende Ergänzung fand. Erst sie hat bewiesen, was die Thätigkeit
der Menschen zu Stande bringen kann. Sie hat ganz andere Wunder-
werke vollbracht als ägyptische Pyramiden, römische Wasserleitungen und
gothische Kathedralen, sie hat ganz andere Züge ausgeführt, als Völker-
wanderungen und Krenzzüge.

Die Bourgeoisie kan» nicht existiren, ohne die Produktionsinstrumente,:
also die Produktionsverhältnisse, also sämmtliche gesellschaftlichen Vcr-
hältnisse fortwährend zu revolntioniren. Unveränderte Beibehaltung der
alten Produktionsweise war dagegen die erste Existenzbedingung aller

So nannten die Städtcbnrger Italiens und Frankreichs ihr städti-
sches Gemeinwesen, nachdem sie die ersten Sclbstoerwaltnngsrechte ihren
Feudalherren abgekauft oder abgezwungen hatten.

10

lutionären Umgestaltung der ganzen Gesellschaft endete oder mit dem
gemeinsamen Untergang der kämpfenden Klassen.

In den früheren Epochen der Geschichte finden wir fast überall eine
vollständige Gliederung der Gesellschaft in verschiedene Stände, eine
mannigfaltige Abstufung der gesellschaftlichen Stellungen. Im alten Nom
haben wir Patrizier, Ritter, Plebejer, Sklaven; im Mittelalter Feudal-
herren, Vasallen, Zunftbürger, Gesellen, Leibeigene und noch dazu in
fast jeder dieser Klassen wieder besondere Abstufungen.

Die ans dem Untergang der feudalen Gesellschaft hervorgegangene
moderne bürgerliche Gesellschaft hat die Klassengegensätze nicht aufge-
hoben. Sie hat nur neue Klassen, neue Bedingungen der Unterdrückung,
Nene Gestaltungen des Kampfes an die Stelle der alten gesetzt.

Unsere Epoche, die Epoche der Bourgeoisie, zeichnet sich jedoch dadurch
aus, daß sie die Klassengegensätze vereinfacht hat. Die ganze Gesellschaft
spaltet sich mehr und mehr i» zwei große feindliche Lager, in zwei große,.
einander direkt gegenüberstehende Klassen: Bourgeoisie und Proletariats

Aus den Leibeigenen des Mittelalters gingen die Pfahlbürger der
ersten Städte hervor; ans dieser Pfahlbürgerschaft entwickelten sich die
ersten Elemente der Bourgeoisie.

Die Entdeckung Amerika's, die Umschiffung Afrika's schufen der auf-
kommenden Bourgeoisie ein neues Terrain. Der ostindische und chine-
sische Markt, die Kolonisirnng von Amerika, der Austausch mit den
Kolonien, die Vermehrung der Tauschmittel und der Waaren überhaupt
gaben dem Handel, der Schifffahrt, der Industrie einen nie gekannten
Aufschwung und damit dem revolutionären Element in der zerfallenden
feudalen Gesellschaft eine rasche Entwicklung.

Die bisherige feudale oder zünftige Betriebsweise der Industrie
reichte nicht mehr ans für den mit neuen Märkten anwachsenden Bedarf.
Die Manufaktur trat an ihre Stelle. Die Zunftmeister wurden ver-
drängt durch den industriellen Mittelstand; die Theilung der Arbeit
zwischen den verschiedenen Korporationen verschwand vor der Theilung
der Arbeit in der einzelnen Werkstatt selbst.

Aber immer wuchsen die Märkte, immer stieg der Bedarf. Auch die
Manufaktur reichte nicht mehr aus. Da revolutionirte der Dampf und
die Maschinerie die industrielle Produktion. An die' Stelle der Manu-
faktur trat die moderne große Industrie, an die Stelle des industriellen'
Mittelstandes traten die industriellen Millionäre, die Chefs ganzer in-
dustrieller Armeen, die modernen Bourgeois.

Die große Industrie hat den Weltmarkt hergestellt, den die Ent-
deckung Amerika's vorbereitete. Der Weltmarkt hat dem Handel, der
Schifffahrt, den Land-Kommuüikationen eine unermeßliche Entwicklung
gegeben. Diese hat wieder auf die Ausdehnung der Industrie zurück-
gewirkt, und in demselben Maße, worin Industrie, Handel, Schifffahrt,
Eisenbahnen sich ausdehnten, ln demselben Maße entwickelte sich die
Bourgeoisie, veriuehrte sie ihre Kapitalien, drängte sie alle vom Mittel-
alter her überlieferten Klassen in den Hintergrund.

Morgan's krönende Entdeckung der wahren Natur der Gens und ihrer
Stellung im Stamm. Mit der Auflösung dieser ursprünglichen Gemein-
wesen beginnt die Spaltung der Gesellschaft ln besondre und schließlich
einander entgegengesetzte Klassen.

24

4)	Konfiskation des Eigenthums aller Emigranten und Rebellen.

5)	Zentralisation des Kredits in den Händen des Staats durch eine
Nationalbank mit Staatskapital und ausschließlichem Monopol.

6)	Zentralisation des Transportwesens in den Händen des Staats.

7)	Vermehrung der Natioualfabriken, Produktionsinstrumente, Urbar-
machung und Verbesserung der Ländereien nach einem gemein-
schaftlichen Plan.

8)	Gleicher Arbeitszwang für Alls, Errichtung industrieller Armeen,

X besonders für den Ackerbau.

9)	Vereinigung des Betriebs von Ackerbau und Industrie, Hinwirken
auf die allmälige Beseitigung des Unterschieds von Stadt und Land.

10)	Oeffentliche und unentgeltliche Erziehung aller Kinder. Beseiti-
gung der Fabrikarbeit der Kinder in ihrer heutigen Form. Ver-
einigung der Erziehung mit der materiellen Produktion u. s. w.
Sind im Laufe der Entwickelung die Klassenunterschiede verschwunden
und ist alle Produktion in den Händen der assoziirten Individuen kon-
zentrirt, so verliert die öffentliche Gewalt den politischen Charakter.
Die politische Gewalt im eigentlichen Sinne ist die organisirte Gewalt
einer Klasse zur Unterdrückung einer andern. Wenn das Proletariat
im Kampfe gegen die Bourgeoisie sich nothwendig zur Klasse vereint,
durch eine Revolution sich zur herrschenden Klasse macht und als herr-
schende Klasse gewaltsam die alten Produktionsverhältnisse aufhebt, so
hebt es mit diesen Produktionsverhältnissen die Existenzbedingungen des
Klassengegensatzes, die Klassen überhaupt und damit seine eigene Herr-
schaft als Klaffe auf.

An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen
und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation , worin die freie Entwick-
lung eines Jeden die Bedingung für die freie Entwicklung Aller ist.

III

Sozialistische und kommunistische Literatur.

1)	Der reaktionäre Sozialismus,
a) Der feudale Sozialismus.

Die französische und englische Aristokratie war ihrer geschichtlichen
Stellung nach dazu berufen, Pamphlete gegen die moderne bürgerliche
Gesellschaft zu schreiben. In der französischen Julirevolution von 1830,
in der englischen Reformbewegung war sie noch einmal dem verhaßten
Emporkömmling erlegen. Von einem ernsten politischen Kampfe konnte
nicht mehr die Rede sein. Nur der literarische Kampf blieb ihr übrig.
Aber auch auf dem Gebiete der Literatur waren die alten Redensarten
oer Restaurationszeit unmöglich geworden. Um Sympathie zu erregen,
mußte die Aristokratie scheinbar ihre Interessen aus deni Äuge verlieren
und nur im Interesse der exploittrten Arbeiterklasse ihren Anklageakt
gegen die Bourgeoisie formuliren. Sie bereitete so die Genugthuung vor,
Schmählieder auf ihren neuen Herrscher singen und mehr oder minder
unheilschwangere Prophezeiungen ihm ins Ohr raunen zu dürfen.

Auf diese Art entstand der feudalistische Sozialismus, halb Klage-
lied , halb Pasquill, halb Rückhall der Vergangenheit, halb Dräuen
der Zukunft, mitunter die Bourgeoisie in's Herz treffend durch biti^-s,



15

Ist die Ausbeutung des Arbeiters durch den Fabrikanten so weit be-
endigt, daß er seinen Arbeitslohn baar ansgezahlt erhält, so fallen die
anderen Theils der Bourgeoisie über ihn her, der Hausbesitzer, der
Krämer, der Pfandleiher u. st w.

Die bisherigen kleinen Mittelstände, die kleinen Industriellen, Kauf-
leute und Rentiers, die Handwerker und Bauern, alle diese Klassen
fallen ins Proletariat hinab, theils dadurch, daß ihr kleines Kapital
für den Betrieb der großen Industrie nicht ausreicht und der Konkur-
renz mit den größeren Kapitalisten erliegt, theils dadurch, daß ihre Ge-
schicklichkeit von neuen Produktionsweisen entwerthet wird. So rekrutirt
sich das Proletariat aus allen Klassen der Bevölkerung.

Das Proletariat macht verschiedene Entwicklungsstufen durch. Sein
Kampf gegen die Bourgeoisie beginnt mit seiner Existenz.

Im Anfang kämpfen die einzelnen Arbeiter, dann die Arbeiter einer
Fabrik, dann die Arbeiter eines Arbeitszweiges an einem Ort gegen
den einzelnen Bourgeois, der sie direkt ausbeutet. Sie richten ihre An-
griffe nicht nur gegen die bürgerlichen Produktionsverhältnisse,. sie richten
sie gegen die Produktions-Instrumente selbst; sie vernichten die fremden
konkurrirenden Waaren, sie zerschlagen die Maschinen, sie stecken die
Fabriken in Brand, sie suchen die untergegangene Stellung des mittel-
alterlichen Arbeiters wieder zu erringen.

Auf dieser Stufe bilden die Arbeiter eine über das ganze Land zer-
streute und durch die Konkurrenz zersplitterte Masse. Massenhaftes Zu-
sammenhalten der Arbeiter ist noch nicht die Folge ihrer eigenen Ver-
einigung, sondern die Folge der Bereinigung der Bourgeoisie, die zur
Erreichung ihrer eigenen politischen Zwecke das ganze Proletariat in
Bewegung setzen muß und es einstweilen noch kann. Auf dieser Stufe
bekämpfen die Proletarier also nicht ihre Feinde, sondern die Feinde
ihrer Feinde, die Reste der absoluten Monarchie, die Grundeigenthümer,
die nichtindnstriellen Bourgeois, die Kleinbürger. Die ganze geschichtliche
Bewegung ist so in den Händen der Bourgeoisie konzentrirt; jeder Sieg,
der so errungen wird, ist ein Steg der Bourgeoisie.

Aber mit der Entwicklung der Industrie vermehrt sich nicht nur das
Proletariat; es wird in größeren Massen zusammengedrängt, seine Kraft
wächst und es fühlt sie mehr. Die Interessen, die Lebenslagen inner-
halb des Proletariats gleichen sich immer mehr ans, indem die Maschi-
nerie mehr und mehr die Unterschiede der Arbeit verwischt und den Lohn
fast überall auf ein gleich niedriges Niveau herabdriickt. Die wachsende
Konkurrenz der Bourgeois unter sich und die daraus hervorgehenden
Handelskrisen machen den Lohn der Arbeiter immer schwankender; die
immer rascher sich entwickelnde, unaufhörliche Verbesserung der Maschi-
nerie macht ihre ganze Lebensstellung immer unsicherer; immer mehr
nehmen die Kollisionen zwischen dem einzelnen Arbeiter und dem ein-
zelnen Bourgeois den Charakter von Kollisionen zweier Klassen an. Die
Arbeiter beginnen damit, Koalitionen gegen die Bourgeois zu bilden;
sie treten zusammen zur Behauptung ihres Arbeitslohns. Sie stiften
selbst dauernde Assoziationen, um sich für die gelegentlichen Empörungen
zu verproviantireu. Stellenweis bricht der Kampf in Ementen aus.

Von Zeit zu Zeit siegen die Arbeiter, aber nur vorübergehend. Das
eigentliche Resultat ihrer Kämpfe ist nicht der unmittelbare Erfolg,
sondern die immer weiter um sich greifende Vereinigung der Arbeiter. Sie

Manifest

4"L

r^vsB.,.

s» Universität

EEL,

Das KommuniMM

Ce)

Sechste autorisierte deutsche Ausgabe

Mit Vorreden von Karl Marx und
Friedrich Engels

*

Kerlin 1904

Verlag: Expedition der Buchhandlung Vorwärts

(Th. Glucke in Verlt»)

f



— 6 —

sitzt er in Gatschina als Kriegsgefangner der Revolution, und Rußland
bildet die Vorhut der revolutionären Bewegung Europas.

„Die Aufgabe des kommunistischen Mauifests war die Proklamation
des unvermeidlich bevorstehenden Untergangs des heutigen bürgerlichen
Eigenthums. In Rußland aber finden wir, neben der sich mit Fieber-
haft entwickelnden kapitalistischen Ordnung und dem sich eben erst bil-
denden bürgerlichen Grundeigenthnm, die größere Hälfte des Bodens
im Gemeineigenthum der Bauern.

„Es fragt sich nun: Kaun die russische Bauerngemeinde, diese aller-
dings schon sehr zersetzte Form des urwüchsigen Gemeiueigenthums am
Boden, unmittelbar übergehn in eine höhere kommunistische Form des
Grundeigenthums, oder 'muß sie vorher denselben Auflösungsprozeß
durchmachen, der sich in der historischen Entwicklung des Westens darstellt ?

„Die einzige, heute mögliche Antwort auf diese Frage ist die folgende.
Wenn die russische Revolution das Signal zu einer Arbeiterrevolution
im Westen wird, sodaß beide einander ergänzen, dann kaun das heutige
russische Gemeineigenthum zum Ausgangspunkt einer kommunistischen
Entwicklung dienen.

„London, 21. Januar 1882."

Eine neue polnische Uebersetzung erschien um dieselbe Zeit in Genf:
Manifest kommunistyczny.

Ferner ist eine neue dänische Uebersetzung erschienen in „Socialdemo-
kratisk Bibliothek, Kjöbenhavn 1885." Sie ist leider nicht ganz voll-
ständig ; einige wesentliche Stellen, die dem Uebersetzer Schwierigkeit
gemacht zu haben scheinen, sind ausgelassen, und auch sonst hier und da
Spuren von Flüchtigkeit zu bemerken, die um so unangenehmer auf-
fallen, als man der Arbeit ansieht, daß der Uebersetzer bei etwas mehr
Sorgfalt Vorzügliches hätte leisten können.

1886 erschien eine neue französische Uebersetzung in Le Losialiste,
Paris; es ist die beste bisher erschieucne.

Nach ihr wurde im selben Jahr eine spanische Uebertragung zuerst im
Madrider El Socialista, und dann als Broschüre veröffentlicht: Mani-
fiesto del Partido Oomunista por Carlos Marx y F. Engels, Madrid,
Administracion de El Socialista, Hernan Cortes 8.

Als Kuriosum erwähne ich noch, daß 1887 das Manuskript einer
armenischen Uebersetzung einem konstantlnopolitanischcn Verleger an-
geboten wurde; der gute Mann hatte jedoch nicht den Muth, etwas zu
drucken, worauf der Name Marx stand, und meinte, der Uebersetzer
solle sich lieber selbst als Verfasser nennen, was dieser jedoch ablehnte.

Nachdem bald die eine, bald die andre der mehr oder minder un-
richtigen amerikanischen Uebersetznngen mehrfach in England wieder
abgedruckt worden, erschien endlich eine authentische Uebersetzung im
Jahre 1888. Sie ist von meinem Freund Samuel Moore, und vor
dem Druck von uns beiden nochmals zusammen durchgesehn. Der Titel
ist: Manifesto of the Communist Party, by Karl Marx and Frederick
Engels. Authorized English Translation, edited and annotated by
Frederick Engels. 1888. London, William Reeves, 185 Fleet st. E. C.
Einige der Anmerkungen dieser Ausgabe habe ich in die gegenwärtige
herübergenommen.

DaS Manifest hat einen eignen Lebenslauf gehabt. Im Augenblick

28

Er bildete die süßliche Ergänzung zu den bitteren Peitschenhieben und
Flintenkngeln, womit dieselben Regierungen die deutschen Arbeiter-Auf-
stände bearbeiteten.

Ward der „wahre" Sozialismus dergestalt eine Waffe in der Hand
der Regierungen gegen die deutsche Bourgeoisie, so vertrat er auch
unmittelbar ein reaktionäres Interesse, das Interesse der deutschen
Pfahlbürgerschaft. In Deutschland bildet das vom 16. Jahrhundert
her überlieferte und seit der Zeit in verschiedener Form hier immer
neu wieder auftauchende Kleinbürgerthum die eigentliche gesellschaftliche
Grundlage der bestehenden Zustände.

Seine Erhaltung ist die Erhaltung der bestehenden deutschen Zu-
stände. Von der industriellen und politischen Herrschaft der Bour-
geoisie fürchtet es den sichern Untergang, einerseits in Folge der
Konzentration des Kapitals, andrerseits durch das Aufkommen eines
revolutionären Proletariats. Der „wahre" Sozialismus schien ihm
beide Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Er verbreitete sich wie eine
Epidemie.

Das Gewand, gewirkt aus spekulativem Spinnweb, überstickt mit
schöngeistigen Redeblumen, durchtränkt von liebesschwülem Gemiithsthan,
dies überschwängliche Gewand, worin die deutschen Sozialisten ihre paar
knöchernen „ewigen Wahrheiten" einhüllten, vermehrte nur den Absatz
ihrer Waare bei diesem Publikum.

Seinerseits erkannte der deutsche Sozialismus immer mehr seinen
Beruf, der hochtrabende Vertreter dieser Pfahlbürgerschaft zu sei».

Er proklamirte die deutsche Nation als die normale Nation und den
deutschen Spießbürger als den Normal-Menschen. Er gab jeder Nieder-
tracht desselben einen verborgenen, höheren, sozialistischen Sinn, worin
sie ihr Gegentheil bedeutete. Er zog die letzte Konsequenz, indem er
direkt gegen die „rohdestrnktive" Richtung des Kommunismus auftrat,
und seine unparteiische Erhabenheit über alle Klassenkämpfe verkündete.
Mit sehr wenigen Ausnahmen gehört alles, was in Deutschland von
angeblich sozialistischen und kommunistischen Schriften zirkulirt, in den
Bereich dieser schmutzige», entnervenden Literatur.*)

2)	Der konservative oder Bourgeois-Sozialismus.

Ein Theil der Bourgeoisie wünscht den sozialen Mißständen abzu-
helfen, um den Bestand der bürgerlichen Gesellschaft zu sichern»

Es gehören Hierher: Oekonomisten, Philantropen, Humanitäre, Ver-
besserer der Lage der arbeitenden Klassen, Wohlthätigkeits-Organisirer,
Abschaffer der Thierqnälerei, Mäßigkeits-Vereinsstifter, Winkelreformer
der buntscheckigsten Art. Und auch zu ganzen Systemen ist dieser Bonr-
geoissozialismus ausgearbeitet worden.

Als Beispiel führen wir Prondhon's kbilosoxbie cke la Misere an.

Die sozialistischen Bourgeois wollen die Lebensbedingnngen der mo-
dernen Gesellschaft ohne die nothwendig daraus hervorgehenden Kämpfe
und Gefahren. Sie wollen die bestehende Gesellschaft mit Abzug der

*) Der Revolntionssturm von 1848 hat diese gesammte schäbige
Richtung lveggefegt und ihren Trägern die Lust benommen, noch weiter
in Sozialismus zu machen. Hanptvertreter und klassischer Typus dieser
Richtung ist Herr Karl Grün.

geistreich zerreißendes Urtheil, stets komisch wirkend durch gänzliche Un-
fähigkeit, den Gang der modernen Geschichte zn begreifen.

Den proletarischen Bettelsack schwenkten sie als Fahne in der Hand,
um das Volk hinter sich her zn versammeln. So oft es ihnen aber
folgte, erblickte es ans ihrem Hintern die alten feudalen Wappen und
verlief sich mit lauten! und unehrerbietigem Gelächter.

Ein Theil der französischen Legitimisten und das junge England gaben
dies Schauspiel zum Besten.

Wenn die Feudalen beweisen, daß ihre Weise der Ausbeutung anders
gestaltet war als die bürgerliche Ausbeutung, so vergessen sie nur, daß
sie unter gänzlich verschiedenen und jetzt überlebten Umständen und Be-
dingungen ausbeuteten. Wenn sie nachweisen, daß unter ihrer Herr-
schaft nicht das moderne Proletariat existirt hat, so vergessen sie nur,
daß eben die moderne Bourgeoisie ein nothwendiger Sprößling ihrer
Gesellschaftsordnung war.

Uebrigens verheimlichen sie den reaktionären Charakter ihrer Kritik
so wenig, daß ihre Hauptanklage gegen die Bourgeoisie eben darin besteht,
unter ihrem Regime entwickle sich eine Klasse, welche die ganze alte
Gesellschaftsordnung in die Luft sprengen werde.

Sie werfen der Bourgeoisie mehr noch vor, daß sie ein revolutionäres
Proletariat, als daß sie überhaupt ein Proletariat erzeugt.

In der politischen Praxis nehmen sie daher an allen Gewaltmaßregeln
gegen die Arbeiterklasse Theil, und im gewöhnlichen Leben bequemen
sie sich, allen ihren aufgeblähten Redensarten zum Trotz die goldnen
Aepfel aufzulesen und Treue, Liebe, Ehre mit deni Schacher in Schafs-
wolle, Runkelrüben und Schnaps zu vertauschen.

Wie der Pfaffe immer Hand in Hand ging mit den Feudalen, so
der pfäffische Sozialismus mit dem feudalistischen.

Nichts leichter, als dem christlichen Asketismns einen sozialistischen
Anstrich zu geben. Hat das Christenthum nicht auch gegen dasPrivat-
eigenthnm, gegen die Ehe, gegen den Staat geeifert? Hat es nicht die
Wohlthätigkeit und den Bettel, das Zölibat und die Fleischesertödtung,
das Zellenleben und die Kirche an ihrer Stelle gepredigt? Der christ-
liche Sozialismus ist nur das Weihwasser, womit der Pfaffe den Aerger
des Aristokraten einsegnet.

l>) Kleinbürgerlicher Sozialismus.

Die feudale Aristokratie ist nicht die einzige Klasse, welche durch die
Bourgeoisie gestürzt wurde, deren Lebensbedingnngen in der modernen
bürgerlichen Gesellschaft verkümmerten und abstarben. Das mittel-
alterliche Pfahlbürgerthum und der kleine Bauernstand waren die Vor-
läufer der modernen Bourgeoisie. In den weniger industriell und kom-
merziell entwickelten Ländern vegetirt diese Klasse noch fort neben der
aufkommenden Bourgeoisie.

In den Ländern, wo sich die moderne Zivilisation entwickelt hat, hat
sich eine neue Kleinbürgerschaft gebildet, die zwischen dem Proletariat
und der Bourgeoisie schwebt und als ergänzender Theil der bürgerlichen
Gesellschaft stets von Neuem sich bildet, deren Mitglieder aber beständig
durch die Konkurrenz in's Proletariat hinabgeschleudert werden, ja selbst
mit der Entwicklung der großen Industrie einen Zeitpunkt herannahen
sehn, wo sie als selbstständiger Theil der modernen Gesellschaft gänzlich

20

keineswegs abschaffen, eine Aneignung, die keinen Reinertrag übrig läßt,
der Macht über fremde Arbeit geben könnte. Wir wollen nur den
elenden Charakter dieser Aneignung aufheben, worin der Arbeiter nur
lebt, um das Kapital zu vermehren, nur so weit lebt, wie es das
Interesse der herrschenden Klasse erheischt.

In der bürgerlichen Gesellschaft ist die lebendige Arbeit nur ein
Mittel, die aufgehäufte Arbeit zu vermehren. In der kommunistischen
Gesellschaft ist die aufgehäufte Arbeit nur ein Mittel, um den Lebens-
prozeß der Arbeiter zu erweitern, zu bereichern, zu befördern.

In der bürgerlichen Gesellschaft herrscht also die Vergangenheit über die
Gegenwart, in der kommunistischen die Gegenwart über die Vergangenheit.
In der bürgerlichen Gesellschaft ist das Kapital selbstständig und persönlich,
während das thätige Individuum unselbstständig und unpersönlich ist.

Und die Aufhebung dieses Verhälinisses nennt die Bourgeoisie Auf-
hebung der Persönlichkeit und Freiheit! Und mit Recht. Es handelt
sich allerdings um die Aufhebung der Bourgeois-Persönlichkeit, -Selbst-
ständigkeit und -Freiheit.

Unter Freiheit versteht man innerhalb der jetzigen bürgerlichen Pro-
duktions-Verhältnisse den freien Handel, den freien Kauf und Verkauf.

Fällt aber der Schacher, so fällt auch der freie Schacher. Die
Redensarten vom freien Schacher, wie alle übrigen Freiheitsbravaden
unserer Bourgeoisie haben überhaupt nur einen Sinn gegenüber dem
gebundenen Schacher, gegenüber dem geknechteten Bürger des Mittel-
alters, nicht aber gegenüber der kommunistischen Aufhebung des Schachers,
der bürgerlichen Produktionsverhältnisse und der Bourgeoisie selbst.

Ihr entsetzt Euch darüber, daß wir das Privateigenthum aufheben
wollen. Aber in Eurer bestehenden Gesellschaft ist das Privateigenthnm
für 9 Zehntel ihrer Mitglieder aufgehoben; es existirt gerade dadurch,
daß es für 9 Zehntel nicht existirt. Ihr werft uns also vor, daß wir ein
Eigenthum aufheben wollen, welches die Eigenthumslosigkeit der unge-
heuren Mehrzahl der Gesellschaft als nothwendige Bedingung voraussetzt.

Ihr werft uns mit einem Worte vor, daß wir Euer Eigenthum auf-
heben wollen. Allerdings, das wollen wir.

Von dem Augenblick an, wo die Arbeit nicht mehr in Kapital, Geld,
Grundrente, kurz in eine monopolisirbare gesellschaftliche Macht ver-
wandelt werden kann, d. h. von dem Augenblick, wo das persönliche
Eigenthum nicht mehr in bürgerliches umschlagen kann, von dem Augen-
blick an erklärt Ihr, die Person sei aufgehoben.

Ihr gesteht also, daß Ihr unter der Person Niemanden anders ver-
steht , als den Bourgeois, den bürgerlichen Eigenthümer. Und diese
Person soll allerdings aufgehoben werden.

Der Kommunismus nimmt Keinem die Macht, sich gesellschaftliche
Produkte anzueignen, er nimmt nur die Macht, sich durch diese Aneig-
nung fremde Arbeit zu unterjochen.

Man hat eingewendet, mit der Aufhebung des Privateigenthums
werde alle Thätigkeit aufhören und eine allgemeine Faulheit einreißen.

Hiernach müßte die bürgerliche Gesellschaft längst an der Trägheit zu
Grunde gegangen sein; denn Die in ihr arbeiten, erwerben nicht, und
Die in ihr erwerben, arbeiten nicht. Das ganze Bedenken läuft auf die
Tautologie hinaus, daß es keine Lohnarbeit mehr gibt, sobald es kein
Kapital mehr gibt.

12

früheren industriellen Klassen. Die fortwährende Umwälzung der Pro-
duktion, die ununterbrochene Erschütterung aller gesellschaftlichen Zu-
stände, die ewige Unsicherheit und Bewegung zeichnet die Bourgeois-
epoche vor allen anderen aus. Alle festen, eingerosteten Verhältnisse mit
ihrem Gefolge von altehrwürdigen Vorstellungen und Anschauungen
werden aufgelöst, alle nengebildeten veralten, ehe sie verknöchern können.
Alles Ständische und Stehende verdampft, alles Heilige wird entweiht,
und die Menschen sind endlich gezwungen, ihre Lebensstellung, ihre gegen-
seitigen Beziehungen mit nüchternen Augen agzusehn.

Das Bedürfniß nach einem stets ausgedehnteren Absatz für ihre Pro-
dukte jagt die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel. Ueberall muß sie sich
einnisten, überall anbauen, überall Verbindungen herstellen.

Die Bourgeoisie hat durch ihre Exploitation des Weltmarkts die Pro-
duktion und Konsumtion aller Länder kosmopolitisch gestaltet. Sie hat
zum großen Bedauern der Reaktionäre den nationalen Boden der In-
dustrie unter den Füßen weggezogen. Die uralten nationalen Industrien
sind vernichtet worden und werden noch täglich vernichtet. Sie werden
verdrängt durch neue Industrien, deren Einführung eine Lebensfrage
für alle zivilisirten Nationen wird, durch Industrien, die nicht mehr ein-
heimische Rohstoffe, sondern den entlegensten Zonen angehörige Rohstoffe
verarbeiten und deren Fabrikate nicht nur im Lande selbst, sondern in
allen Welttheilen zugleich verbraucht werden. An die Stelle der alten,
durch Landeserzengnisse befriedigten Bedürfnisse treten neue, welche die
Produkte der entferntesten Länder und Klimate zu ihrer Befriedigung
erheischen. An die Stelle der alten lokalen und nationalen Selbstgenüg-
samkeit und Abgeschlossenheit tritt ein allseitiger Verkehr, eine allseitige
Abhängigkeit der Nationen von einander. Und wie in der materiellen,
so auch in der geistigen Produktion. Die geistigen Erzeugnisse der ein-
zelnen Nationen werden Gemeingut. Die nationale Einseitigkeit und
Beschränktheit wird mehr und mehr unmöglich, und ans den vielen
nationalen und lokalen Literaturen bildet sich eine Weltliteratur.

Die Bourgeoisie reißt durch die rasche Verbessernng aller Produk-
tionsinstrumente, durch die unendlich erleichterten Kommunikationen alle,
auch die barbarischsten Nationen in die Zivilisation. Die wohlfeilen
Preise ihrer Waaren sind die schwere Artillerie, mit der sie alle chinesi-
schen Mauern in den Grund schießt, mit der sie den hartnäckigsten
Fremdenhaß der Barbaren zur Kapitulation zwingt. Sie zwingt offfT
Nationen, die Produktionsweise der Bourgeoisie sich anzueignen, wenn sie
nicht zu Grunde gehn wollen; sie zwingt sie, die sogeuauntc Zivilisation
bei sich selbst einzuführen, d. h. Bourgeois zu werden. Mit einem Wort,
sie schafft sich eine Welt nach ihrem eigenen Bilde.

Die Bourgeoisie hat das Land der Herrschaft der Stadt unterworfen.
Sie hat enorme Städte geschaffen, sie hat die Zahl der städtischen Be-
völkerung gegenüber der ländlichen in hohem Grade vermehrt und so
einen bedeutenden Theil der Bevölkerung dem Idiotismus des Land-
lebens entrissen. Wie sie das Land von der Stadt, hat sie die barbari-
schen und halb barbarischen Länder von den zivilisirten, die Baueruvölker
von den Bourgeoisvölkern, den Orient vom Oecident abhängig gemacht.

Die Bourgeoisie hebt mehr und mehr die Zersplitterung der Produk-
tionsmittel, des Besitzes und der Bevölkerung ans. Sie hat die Bevöl-
kerung agglomerirt, die Produktionsmittel zentralisirt und das Eigenthum

29

sie revolutionireuden und sie auflösenden Elemente. Sie wollen die
Bourgeoisie ohne das Proletariat. Die Bourgeoisie stellt sich die Welt,
worin sie herrscht, natürlich als die beste Welt vor. Der Bourgeois-
sozialismus arbeitet diese tröstliche Vorstellung zu einem halben oder
ganzen System aus. Wenn er das Proletariat ausfordert, seine Systeme
zu verwirklichen, und in das neue Jerusalem einzugehn, so verlangt er
im Grunde nur, daß es in der jetzigen Gesellschaft stehen bleibe, aber
seine gehässigen Vorstellungen von derselben abstreife.

Eine zweite, weniger systematische nur mehr praktische Form des
Sozialismus suchte der Arbeiterklasse jede revolutionäre Bewegung zu
verleiden, durch den Nachweis, wie nicht diese oder jene politische Ver-
änderung, sondern nur eine Veränderung der materiellen Lebensver-
hältnisse, der ökonomischen Verhältnisse ihr von Nutzen sein könne. Unter
Veränderung der materiellen Lebensverhältnisse versteht dieser Sozialis-
mus aber keineswegs Abschaffung der bürgerlichen Produktionsverhält-
nisse , die nur auf revolutionärem Wege möglich ist, sondern admini-
strative Verbesserungen, die auf dem Boden dieser Produktionsverhältnisse
vor sich gehn, also an dem Verhältniß von Kapital und Lohnarbeit
nichts ändern, sondern im besten Fall der Bourgeoisie die Kosten ihrer
Herrschaft vermindern und ihren Staatshaushalt vereinfachen.

Seinen entsprechenden Ausdruck erreicht der Bourgeoissozialismus
erst da, wo er zur bloßen rednerischen Figur wird.

Freier Handel! im Interesse der arbeitenden Klasse; Schutzzölle I im
Interesse der arbeitenden Klasse; Zellengefängnisse! im Interesse der
arbeitenden Klasse: das ist das letzte, das einzige ernst gemeinte Wort
des Bourgeoissozialismus.

Der Sozialismus der Bourgeoisie besteht eben in der Behauptung,
daß die Bourgeois Bourgeois sind — im Interesse der arbeitenden Klasse.

3)	Der k r i t i s ch - u t o p i st i s ch e S o z i a l i s m u s » n d K om-
ni u n i s m u s.

Wir reden hier nicht von der Literatur, die in allen großen modernen
Revolutionen die Forderungen des Proletariats aussprach. (Schriften
Baboeuf's rc.)

Die ersten Versuche des Proletariats, in einer Zeit allgemeiner Auf-
regung , in der Periode des Umsturzes der feudalen Gesellschaft direkt
sein eigenes Klasseninteresse durchzusetzen, scheiterten nothwendig au der
unentwickelten Gestalt des Proletariats selbst, wie an dem Mangel der
materiellen Bedingungen seiner Befreiung, die eben erst das Produkt
der bürgerlichen Epoche sind. Die revolutionäre Literatur, welche diese
ersten Bewegungen des Proletariats begleitete, ist dem Inhalt nach
nothwendig reaktionär. Sie lehrt einen allgemeinen Asketismus und
eine rohe Gleichmacherei.

Die eigentlich sozialistischen und kommunistischen Systeme, die Sy-
steme St. Simons, Fouriers, Owens u. s. w. tauchen auf in der ersten
unentwickelten Periode des Kampfes zwischen Proletariat und Bour-
geoisie, die wir oben dargestellt haben. (S. Bourgeoisie und Proletariat.)

Die Erfinder dieser Systeme sehen zwar den Gegensatz der Klassen, wie
die Wirksamkeit der auflösenden Elemente in der herrschenden Gesell-
schaft selbst. Aber sie erblicken auf der Seite des Proletariats keine ge-
schichtliche Selbstthätigkeit, keine ihm eigenthümliche politische Bewegung.

16

wird befördert durch die wachsenden Koinmunikationsmittel, die von der
großen Industrie erzeugt werden und die Arbeiter der verschiedenen Lokali-
täten mit einander in Verbindung setzen. Es bedarf aber blos der Verbin-
dung, um die vielen Lokalkämpfe von überall gleichem Charakter zu einem
nationalen, zn einem Klassenkampf zu zentralisiren. Jeder Klaffenkampf ist
aber ein politischer Kamps. Und die Vereinigung, zu der die Bürger des
Mittelalters mit ihren Vizinalwegen Jahrhunderte bedurften, bringen die
modernen Proletarier mit den Eisenbahnen in wenigen Jahren zn Stande.

Diese Organisation der Proletarier zur Klasse, und damit zur poli-
tischen Partei, wird jeden Augenblick wieder gesprengt durch die Kon-
kurrenz unter den Arbeitern selbst. Aber sie ersteht immer wieder,
stärker, fester, mächtiger. Sie erzwingt die Anerkennung einzelner
Interessen der Arbeiter in Gesetzesform, indem sie die Spaltungen
der Bourgeoisie unter sich benutzt. So die Zehnstundenbill in England.

Die Kollisionen der alten Gesellschaft überhaupt fördern mannichfach
den Entwicklungsgang des Proletariats. Die Bourgeoisie befindet sich
im fortwährendem Kampfe: anfangs gegen die Aristokratie; später
gegen die Theile der Bourgeoisie selbst, deren Interessen mit dem
Fortschritt der Industrie in Widerspruch gerathen; stets gegen die
Bourgeoisie aller auswärtigen Länder. In allen diesen Kämpfen sieht
sie sich genöthigt, an das Proletariat zu appelliren, seine Hülfe in An-
spruch zu nehmen und es so in die politische Bewegung hineinznreißen.
Sie selbst fuhrt also dem Proletariat ihre eigenen Bildungselemente,
d. h. Waffen gegen sich selbst zu.

Es werden ferner, wie wir sahen, durch den Fortschritt der Industrie
ganze Bestandtheile der herrschenden Klasse in's Proletariat hinab-
geworfen oder wenigstens in ihren Lebcnsbedingnngen bedroht. Auch
sie führen dem Proletariat eine Masse Bildungselemente zn.

In Zeiten endlich, wo der Klaffenkampf sich der Entscheidung nähert,
nimmt der Auflösungsprozeß innerhalb der herrschenden Klasse, inner-
halb der ganzen alten Gesellschaft, einen so heftigen, so grellen Charakter
an, daß ein kleiner Theil der herrschenden Klasse sich von ihr lossagt
und sich der revolutionären Klasse anschließt, der Klasse, welche die
Zukunft in ihren Händen trägt. Wie daher früher ein Theil des Adels
zur Bourgeoisie überging, so geht jetzt ein Theil der Bourgeoisie zum
Proletariat über, und namentlich ein Theil der Bourgeois-Ideologen,
welche zum theoretischen Verständniß der ganzen geschichtlichen Bewegung
sich hinaufgearbeitet haben.

Von allen Klassen, welche heutzutage der Bourgeoisie gegenüberstehen,
ist nur das Proletariat eine wirklich revolutionäre Klasse. Die übrigen
Klaffen verkommen und gehen unter mit der großen Industrie, das
Proletariat ist ihr eigenstes Produkt.

Die Mittelstände, der kleine Industrielle, der kleine Kaufmann, der
Handwerker, der Bauer, sie Alle bekänipfcn die Bourgeoisie, um ihre
Existenz als Mittelstände vor dem Untergang zu sichern. Sie sind also
nicht revolutionär, sondern konservativ. Noch mehr, sie sind reaktionär,
sie suchen das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Sind sie revolutionär,
so sind sie es im Hinblick auf den ihnen bevorstehenden Uebergang in's
Proletariat, so vertheidigen sie nicht ihre gegenwärtigen, sondern ihre
zukünftigen Interessen, so verlassen sie ihren eigenen Standpunkt, um
sich auf den des Proletariats zn stellen. —



			
	f—	^  Buchhiuidluiig Vorwärts, Berlin SW. 68, Kndrnstr. 66		
	Wir empfehlen Schriften v,  DaS Kapital. Kritik der poli- tischen Oekonomie.  Bd.: Der Produktionsprozeß des Kapitals. 4. Ausl. Mk.9,—; inHalbfrz. gebd. Mk. 11,—.  2. Bd.: Der Airknlntionsprozeß des Kapitals. 2. Stuft. Mk. 8,—; in Halbfrz. gebd. Mk. 10,—.  L. Bd.: Der Gesamtprozetz der kapi- talistischen Produktion. 2 Teile. Mk. 10.—; in Halbfrz. gebd. Mk. 14,—.  DieKlassenkämpfe in Frank- reich 1848—30.  Mit einer Einleitung von Friedrich Engels. Mk. l.—.  In dieser meisterhaften Studie wendet der Begründer der materia- listischen Geschichtsauffassung zum ersten Mal diese Methode an zur Auf Heilung der treibenden sozialen Mo- mente der 48 er Revolutionspertode. Die Engelssche Einleitung gibt in uieisterhasterKürzcmitscharscnSchlag- lichtern auf die Gegenwart eine Ge schichte der Entwicklung der rcvolutio - niiren proletarischen Taktik Pom Barri kadcnkainpf bis znni allgemeinen Stimmrecht und — zum Umsturz.  Der Bürgerkrieg in Frank- reich. Adresse des Genernlrats der Jnternation. Arbeiter-Assoziation. Mk. —,80.  Die neue Auflage ist vermehrt durch die beiden Adressen des Gene ralrats über den deutsch-französischen Krieg und durch eine in Form einer Anleitung gekleidete historische kritische Skizze über die Komnmne, aus der Feder von F ri e d ri ch Engels. In der Literatur Über die Pariser Kom mnne ninnnt diese, wenige Tage nach ihrem Fall fertiggestellte Schrift — eine glanzende Rechtfertigung jener glorreichen Erhebung —mit den ersten Rang ein.  Enthüllungen über den Kom- »nrnistenprozes? z» Köln.  Mit Einleitung von Fr. Engels und Dokumenten. Mk. -,28.  Der Prozeß endigte mit Verur- teilung der Angeklagten; gebrnndinarlt aber war das infame Lockspitzeltreibcn der preußischen Polizei unter Leitung des berüchtigten Stieb er, der in diese,n Prozesse auch als Meister des Diensteides sich entpuppte. Die	>„ Karl Marx:  Engelssche Einleitung gibt in der Geschichtsskizze über den „Bund der Koinmunisten" ein Bild der prole- tarischen Bewegung in den Mer und  4» er Jahren.  Lohnarbeit und Kapital.  Separatabdruck aus der „Neuen Rhein. Ztg."v. Jahre 1840. Mk.—,20.  In der Einleitung, die Fried ri ch Engels dieser vorzüglichen Agitati- onsschrift über das Wesen der heutigen Produktionsweise vorausschickt, ent- wickelt er die Gründe, warn,,, einzelne Stellen und Wendungen geändert sind und knüpft daran eine klare ökono- mische Auseinandersetzung iiber die verschiedenartigen Begriffe: Arbeit und Arbeitskraft,  Das Elend der Philosophie.  Antwort ankProndhons„PhiIosophie des Elends". Deutsch von Eb.B ern- st e i n und K. K a u t s k h. Mit Vor- wort und Noten von Fr. Engels. Brosch. Mk. 1,50; gebd. Mk. 2,-.  Marx vor den Kölner Ge- schworenen. Prozeß gegen den Ausschuß der rheinischenDemokraten wegen Ausrufs zum beivnffneten Widerstand ,0- Februar 1840). Mit Vorwort von Fr. Engels. Neue Aust. Mk. —,20.  Die Mansche Verteidigungsrede ist bedeutungsvoll nach zwei Rich- tungen: der Kommunist Marx macht den bürgerlichen Geschworenen klar, daß die chm zur Last gelegten Hand- lungen eigentlich Aufgabe und Pflicht ihrer Klasse, der Bourgeoisie seien: er wahrt den revolutionären Stand- punkt, das Recht des bewaffneten Widerstandes gegen die gesetzes- brüchige, contrerevolutionäre Regie- rung bis i» die letzte Konsequenz.  Revolution und Eontre- Revolution in Deutschland.  Deutsch von Karl Kautsky.  Brosch. Mk. 1,50; gebd. Mk. 2,—.  Der 18.Bru»»airedes Louis Bonaparte. Mk. i,—.  Diese Broschüre gegen den Or- ganisator des Lumpenproletariats ist wohl die glänzendste Streitschrift von Marx; sie enthält auch eine ätzende Kritik der politischen Feigheit und Halbheit des „Bürgertums".  		sy

Vorreden.

i.

Der „Bund der Kommunisten", eine internationale Arbeiterverbindung,
die unter den damaligen Verhältnissen selbstredend nur eine geheime sein
konnte, beauftragte auf dem in London im November 1847 abgehaltenen
Kongresse die Unterzeichneten mit der Abfassung eines für die Oeffentlichkeit
bestimmten, ausführlichen theoretischen und praktischen Parteiprogramms.
So entstand das nachfolgende Manifest, dessen Manuskript wenige Wochen
vor der Februarrevolution nach London znm Druck wanderte. Zuerst
deutsch veröffentlicht, ist es in dieser Sprache in Deutschland, England
und Amerika in mindestens zwölf verschiedenen Ausgaben abgedruckt
worden. Englisch erschien es zuerst 1850 in London im „Lock Rs-
publiean“, übersetzt von Miß Helen Macfarlane, und 1871 tu wenigstens
drei verschiedenen llebersetznngen in Amerika. Französisch zuerst in Paris
kurz vor der Juniinsurrektion 1848, neuerdings in „Le Socialist*“ von
New-Dork. Eine neue Uebersetznng wird vorbereitet. Polnisch in London
kurz nach seiner ersten deutschen Herausgabe. Russisch in Genf in den
sechziger Jahren. Ins Dänische wurde es ebenfalls bald nach seinem
Erscheinen übersetzt.

Wie sehr sich auch die Verhältnisse in den letzten fünfundzwanzig
Jahren geändert haben, die in diesem Manifest entwickelten allgemeinen
Grundsätze behalten im Ganzen und Großen auch heute noch ihre volle
Richtigkeit. Einzelnes wäre hier und da zu bessern. Die praktische
Anwendung dieser Grundsätze, erklärt das Manifest selbst, wird überall
und jederzeit von den geschichtlich vorliegenden Umständen abhängen,
und wird deshalb durchaus kein besonderes Gewicht auf die am Ende
von Abschnitt II. vorgeschlagenen revolutionären Maßregeln gelegt.
Dieser Passus würde heute in vieler Beziehung anders lauten. Gegen-
über der immensen Fortentwicklung der großen Industrie in den letzten
fünfundzwanzig Jahren, und der mit ihr fortschreitenden Parteiorgani-
sation der Arbeiterklasse, gegenüber den praktischen Erfahrungen, zuerst
der Februarrevolution und noch weit mehr der Pariser Kommune, wo
das Proletariat znm ersten Mal zwei Monate lang die politische Gewalt
inne hatte, ist heute dies Programm stellenlvsise veraltet. Namentlich
hat die Kommune den Beweis geliefert, daß „die Arbeiterklasse nicht
die fertige Staatsmaschine einfach in Besitz nehmen und sie für ihre
eigenen Zwecke in Bewegung setzen kann". (Siehe „Der Bürgerkrieg
in Frankreich, Adresse des Generalraths der Internationalen Arbeiter-
Assoziation", deutsche Ausgabe, Seite 19, wo dies lveiter entwickelt 'ft.)
Ferner ist selbstredend, daß die Kritik der sozialistischen Literatur für
heute lückenhaft ist, weil sie nur bis 1847 reicht; ebenso daß die Be-
merkungen über die Stellung der Kommunisten zu den verschiedenen

13

in wenigen Händen konzentrirt. Die nothwendige Folge hiervon war die
politische Zentralisation. Unabhängige, fast nur oerbiiiidete Provinzen
mit verschiedenen Interessen, Gesetzen, Regierungen und Zöllen wurde»
zusammengedrängt in Eine Nation, Eine Regierung, Ein Gesetz, Ein

Snales Klasseninteresse, Eine Douanenliuie.

e Bourgeoisie hat in ihrer kaum hundertjährigen Klassenherrschaft
nhaftere und kolossalere Produktionskräfte geschaffen, als alle ver-
dien Generationen zusammen. Unterjochung der Naturkräfte, Ma-
icyinerie, Anwendung der Chemie auf Industrie und Ackerbau, Dampf-
schifffahrt, Eisenbahnen, elektrische Telegraphen, Urbarmachung ganzer
Welttheile, Schiffbarmachung der Flüsse, ganze aus dem Boden hervor-
gestaiiipfteBevölkerungen—welches frühere Jahrhundert ahnte, daß solche
j^Produktionskräfte im Schooße der gesellschaftlichen Arbeit schlummerten.
Wir haben also gesehn: Die Produktions- und Verkehrsmittel, auf
deren Grundlage sich die Bourgeoisie heranbildete, wurden in der
feudalen Gesellschaft erzeugt. Auf einer gewissen Stufe der Entwicklung
dieser Produktions- und Verkehrsmittel entsprachen die Verhältnisse,
worin die feudale Gesellschaft produzirte und austauschte, die feudale
Organisation der Agrikultur und Manufaktur, mit einem Wort die
feudalen Eigeuthnmsverhältnisse den schon entwickelten Produktivkräften
nicht mehr. Sie hemmten die Produktion, statt sie zu fördern. Sie
verwandelten sich in eben so viele Fesseln. Sie mußten gesprengt werden,
sie wurden gesprengt.

Ali ihre Stelle trat die freie Konkurrenz mit der ihr angemessenen
gesellschaftlichen und politischen Konstitution, mit der ökonomischen und
politischen Herrschaft der Bourgeoisklasse.

Unter unsern Augen geht eine ähnliche Bewegung vor. Die bürger-
/ lichen Produktions- und Verkehrsverhältnisse, die bürgerlichen Eigen-
thumsverhältnisse, die moderne bürgerliche Gesellschaft, die so gewaltige
Produktions- und Verkehrsmittel hervorgezaubert hat, gleicht dem
Hexenmeister, der die unterirdischen Gewalten nicht mehr zu beherrschen
vermag, die er heraufbeschwor. Seit Dezennien ist die Geschichte der
Industrie und des Handels nur die Geschichte der Empörung der
modernen Produktivkräfte gegen die modernen Produktionsverhältnisse,
gegen die Eigeuthumsverhöltllisse, welche die Lebcnsbedingnngeu der
Bourgeoisie und ihrer Herrschaft sind. Es genügt, die Handelskrisen zu
neunen, welche in ihrer periodischen Wiederkehr immer drohender die
Existenz der ganzen bürgerlichen Gesellschaft in Frage stellen. In
den Handelskrisen wird ein großer Theil nicht nur der erzeugten
Produkte, sondern der bereits geschaffenen Produktivkräfte regelmäßig
vernichtet. In den Krisen bricht eine gesellschaftliche Epidemie aus, welche
allen früheren Epochen als ein Widersinn erschienen wäre — die Epi-
demie der Ueberproduktion. Die Gesellschaft findet sich plötzlich in einen
Zustand momentaner Barbarei zurückversetzt; eine Hungersnoth, ein
allgemeiner Vernichtungskrieg scheinen ihr alle Lebensmittel abgeschnitten
zu haben; die Industrie, der Handel scheinen vernichtet, und warum?
Weil sie zn viel Zivilisation, zu viel Lebensmittel, zu viel Industrie,
zu viel Handel besitzt. Die Produktivkräfte, die ihr zur Verfügung
stehn, dienen nicht mehr zur Beförderung der bürgerlichen Eigenthums-
verhältnisse ; im Gegentheil, sie find zu gewaltig für diese Verhältnisse
geworden, sie werden von ihnen gehemmt; und sobald sie dies Hemnu

8

Manifest nennen dürfen. Unter Sozialisten verstand man 1847 zweierlei
Art von Leuten. Einerseits die Anhänger der verschiedenen ntopistischen
Systeme, speziell die Owenisten in England und die Fourieristen in
Frankreich, die beide schon damals zu bloßen, allmählig aussterbenden
Sekten zusammengeschrumpft waren. Andrerseits die mannichfaltigsten
sozialen Quacksalber, die mit ihren verschiedenen Allerweltheilmttteln
und mit jeder Art von Flickarbeit die gesellschaftlichen Mißstände be-
seitigen wollten, ohne dem Kapital und dem Profit im Geringsten wehe
zu thun. In beiden Fällen: Leute, die außerhalb der Arbeiterbewegung
standen, und die vielinehr Unterstützung suchten bei den „gebildeten"
Klassen. Derjenige Theil der Arbeiter dagegen, der, von der Unzuläng-
lichkeit bloßer politischer Umwälzungen überzeugt, eine gründliche Um-
gestaltung der Gesellschaft forderte, der Theil nannte sich damals k o m-
m u n i st i s ch. Es war ein nur im Rauhen gearbeiteter, nur instinktiver,
manchmal etwas roher Kommunismus; aber er war mächtig genug, um
zwei Systeme des utopischen Kommunismus zu erzeugen, in Frankreich
den „ikarischen" Cabet's, in Deutschland den von Weitling. Sozialismus
bedeutete 1847, eine, Bourgeoisbewegnng, Kommunismus eine Arbeiter-
bewegung. Der Sozialismus war, aus dem Kontinent wenigstens, salon-
fähig , der Kommunismus war das grade Gegentheil. Und da wir
schon damals sehr entschieden der Ansicht waren, daß „die Emanzipation
der Arbeiter das Werk der Arbeiterklasse selbst sein ninß", so konnten
wir keinen Augenblick im Zweifel sein, welchen der beiden Namen zu
wählen. Auch seitdem ist es uns nie eingefallen, ihn zurückzuweisen.

„Proletarier aller Länder, vereinigt euch!" Nur wenige Stimmen
antworteten, als wir diese Worte in die Welt binausriefen, vor nun-
mehr 42 Jahren, am Vorabend der ersten Pariser Revolution, worin
das Proletariat mit eignen Ansprüchen hervortrat. Aber am 28. Sep-
tember 1864 vereinigten sich Proletarier der meisten westeuropäischen
Länder zur Internationalen Arbeiter-Assoziation glorreichen Angedenkens.
Die Internationale selbst lebte allerdings nur neun Jahre. Aber daß der
von ihr gegründete ewige Bund der Proletarier aller Länder noch lebt,
und kräftiger lebt als je, dafür gibt es keinen bessern Zeugen als grade
den heutigen Tag. Denn heute, wo ich diese Zeilen schreibe, hält das
europäische und amerikanische Proletariat Heerschan über seine zum ersten
Mal mobil gemachten Streitkräfte, mobil gemacht als Ein Heer, unter
Einer Fahne und für Ein nächstes Ziel: den schon vom Genfer Kongreß
der Internationale 1866, und wiederum vom Pariser Arbeiterkougreß
1889 proklamirten, gesetzlich festzustellenden, achtstündigen Normalarbeiis-
tag. Und das Schauspiel des heutigen Tages wird den Kapitalisten
und Grundherren aller Länder die Angen darüber öffnen, daß heute
die Proletarier aller Länder in der That vereinigt sind.

Stände nur Marx noch neben mir, dies mit eignen Angln zu sehn!

London, am 1. Mai 1890.

F. Engels

s

Das Kommunist!
p» Manifest vuul

Sechste autorisierte deutsche Ausgabe

Mit Vorreden von Karl Marx
= und Friedrich Engels



Berlin 1904

Verlag: Expedition der Buchhandlung Vorwärts
(Th. Glocke in Berlin.)

J

Alle Einwürfe, die gegen die kommunistische Aneignungs- und Pro-
duktionsweise der materiellen Produkte gerichtet werden, sind ebenso auf
die Aneignung und Produktion der geistigen Produkte ausgedehnt
worden. Wie für den Bourgeois das Aufhören des Klasseneigenthums
das Aufhören der Produktion selbst ist, so ist für ihn das Aufhören
der Klassenbildung identisch mit dem Aufhören der Bildung überhaupt.

Die Bildung, deren Verlust er bedauert, ist für die enorme Mehrzahl
die Heranbildung zur Maschine.

Aber streitet nicht mit uns, indem Ihr an Euren bürgerlichen Vor-
stellnugen von Freiheit, Bildung, Recht u. s. w. die Abschaffung des
bürgerlichen Eigenthums meßt. Eure Ideen selbst sind Erzeugnisse der
bürgerlichen Prodnktions- und Eigeuthumsverhältnisse, wie Euer Recht
nur der zum Gesetz erhobene Wille Eurer Klasse ist, ein Wille, dessen
Inhalt gegeben ist in den materiellen Lebensbedingungen Eurer Klasse.

Die interessirte Vorstellung, worin Ihr Eure Prodnktions- und Eigen-
thnmsverhältnisse ans geschichtlichen, in dem Lauf der Produktion vor-
übergehenden Verhältnissen in ewige Natur- und Veruunftgesctze ver-
wandelt , theilt Ihr mit allen untergegangenen herrschenden Klassen.
Was Ihr für das antike Eigenthum begreift, was Ihr für das feudale
Eigenthum begreift, dürft Ihr nicht mehr begreifen für das bürgerliche
Eigenthum. —_________________________________________________________

Aufhebung der Familie! Selbst die Radikalsten ereifern sich über
diese'sMüdttch'e"AbllchHx"Konimunisten.

Worauf beruht die gegenwärtige, die bürgerliche Familie? Ans dem
Kapital, ans dem Privaterwerb. VollständlH entwickelt existirt sie nur
für die Boilrgeoisie; aber sie findet ihre Ergänzung in der erzwungenen
Familienlosigkeit der Proletarier und der "öffentlichen Prostitution.

Die Familie der Bourgeois fällt natürlich weg mit dem Wegfallen
dieser ihrer Ergänzung und beide verschwinden mit dem Verschwinden
des Kapitals.

Werft Ihr uns vor, daß wir die Ausbeutung der Kinder durch ihre
Eltern aufheben wollen? Wir gestehen dieses Verbrechen ein.

Aber, sagt Ihr, wir heben die trautestenVerhältnisse ans, indem wir
au die Stelle der häuslichen Erziehung die gesellschaftliche setzen.

Und ist nicht auch Enre^EMHü!ig"?urch die Gesellschaft bestimmt?
Durch die gesellschaftlichen Verhältnisse, innerhalb derer Ihr erzieht, durch
die direktere oder indirektere Einmischung der Gesellschaft, vermittelst
der Schule u. s. w. ? Die Kommunisten erfinden nicht die Einwirkung
der Gesellschaft auf die Erziehung; sie verändern nur ihren Charakter,
sie entreißen die Erziehung dem Einfluß der herrschenden Klasse.

Die bürgerlichen Redensarten über Familie und Erziehung, über das
traute Verhältniß von Eltern und Kindern werden um so ekelhafter,
je mehr in Folge der großen Industrie alle Familienbande für die
Proletarier zerrissen und die Kinder in einfache Handelsartikel und
Arbeitsinstrumente verwandelt werden.

Aber ihr Kommunisten wollt die Weiberaemeinschaft einführen, schreit
uns die ganze Bourgeoisie im Chor enkgegeii.

Der BouMois sieht in seiner Frau ein bloßes Produkticmsinstru-
ment. Er Hort', daß die ProdnkiioMrstrnmente gemeinschaftlich aus-
gebeutet werden sollen und kann sich natürlich nichts anderes denken, als
daß das Loos der Gemeinschaftlichkeit die Weiber gleichfalls treffen wird.

26

verschwinden und im Handel, in der Manufaktur, in der Agrikultur durch
Arbeitsanfseher und Domestiken ersetzt werden.

In Ländern wie in Frankreich, wo die Bauernklasse weit mehr als
die Hälfte der Bevölkerung ausmacht, war es natürlich, daß Schrift-
steller, die für das Proletariat gegen die Bourgeoisie auftraten, an ihre
Kritik des Bonrgeoisregimes den kleinbürgerlichen und kleinbäuerlichen
Maßstab anlegten und die Partei der Arbeiter vom Standpunkt des
Kleinbürgerthums ergriffen. Es bildete sich so der kleinbürgerliche
Sozialismus. Sismondi ist das Haupt dieser Literatur nicht nur für
Frankreich, sondern auch für England.

Dieser Sozialismus zergliederte höchst scharfsinnig die Widersprüche
in den modernen Produktionsverhältnissen. Er enthüllte die gleißneri-
scheu Beschönigungen der Oekonomen. Er wies unwiderleglich die zer-
störenden Wirkungen der Maschinerie und der Theilung der Arbeit
nach, die Konzentration der Kapitalien und des Grundbesitzes, die Ueber-
produktion, die Krisen, den nothwendigen Untergang der kleinen Bürger
und Bauern, das Elend des Proletariats, die Anarchie in der Pro-
duktion, die schreienden Mißverhältnisse in der Vertheilung des Reich-
thums, den industriellen Vernichtungskrieg der Nationen untereinander,
die Auflösung der alten Sitten, der alten Familienverhältnisse, der
alten Nationalitäten.

Seinem positiven Gehalte nach will jedoch dieser Sozialismus ent-
weder die alten Prodnktions- und Verkehrsmittel wiederherstellen und
mit ihnen die alten Eigenthumsverhältnisse und die alte Gesellschaft,
oder er will die modernen Produktions- und Verkehrsmittel in den
Rahmen der alten Eigenthnmsverhältnisse, die von ihnen gesprengt
wurden, gesprengt werden mußten, gewaltsam wieder einsperren. In
beiden Fällen ist er reaktionär und utopistisch zugleich.

Zunftwesen in der Manufaktur und patriarchalische Wirthschaft auf
dem Lande, das sind seine letzten Worte.

In ihrer weiteren Entwicklung hat sich diese Richtung in einen feigen
Katzenjammer verlaufen.

o) Der deutsche oder der „wahre" Sozialismus.

Die sozialistische und kommunistische Literatur Frankreichs, die unter
dem Druck einer herrschenden Bourgeoisie entstand und der literarische
Ausdruck des Kampfes gegen diese Herrschaft ist, wurde nach Deutsch-
land eingeführt zu einer Zeit, wo die Bourgeoisie soeben ihren Kampf
gegen den feudalen Absolutismus begann.

Deutsche Philosophen, Halbphilosophen und Schöngeister bemächtigten
sich gierig dieser Literatur und vergaßen nur, daß bei der Einwanderung
jener Schriften ans Frankreich die französischen Lebensverhältnisse nicht
gleichzeitig nach Deutschland eingewandert waren. Den deutschen Ver-
hältnissen gegenüber verlor die französische Literatur alle unmittelbar
praktische Bedeutung und nahm ein rein literarisches Aussehen an.
Als müssige Spekulation über die Verwirklichung des menschlichen
Wesens mußte sie erscheinen. So hatten für die deutschen Philosophen
des 18. Jahrhunderts die Forderungen der ersten französischen Revo-
lution nur den Sinn, Forderungen der „praktischen Vernunft" im All-
gemeinen zu sein, und die Willensäußerungen der revolutionären fran-
zösischen Bourgeoisie bedeuteten in ihren Augen die Gesetze des reinen

Bild)band Inno Vorwärts, Berlin SEI. 6$, Cindenstrasse 69

3ii unserem Verlage erscheinen unter dem zusammenfassenden Titel
Kulturhilder wichtige Abschnitte aus der Kulturgeschichte der Völker
die allgemeinverständlich dargestellt und reich illustriert werden.

Das Unternehmen beginnt mit der Darstellung der Vellgions-
EälNstfe des 16. und 17. Jahrhunderts unter dem Titel:

Wider die Pfaffenherrschaft

Von Emil Rosenow

Vom Standpunkt des historischen Materialismus entwerfen wir
das Kulturbild der mittelalterlichen Pfaffenherrschaft. Der Leser sieht,
wie inmitten der zusammenbrechenden römischen Gesellschaft die urchristlich-
kommunistischen Agitationen beginnen, welche die herrschende Klasse Roms
vergeblich niederzukämpfen sucht; wie sich aus dem urchristlichen Kommu-
nismus die Kirchenhcrrschast entwickelt, wie sie ihren Siegeszug durch die
Länder hält; wir zeigen, wie das Papsttum entsteht und den Gipfel
seiner Macht erklimmt; wie die Kirche das politische und ökonomische
Leben beherrscht, bis, beim Ausgange des Mittelalters, die aufkommende
kapitalistische Wirtschaftsweise der Pfaffenherrschaft den Boden entreißt
und in Blut und Kriegsgetümmel ihren Zusammenbruch herbeiführt.

Das Papsttum, die Klösterei und Möncherei, die politisch-ökono-
mische Tätigkeit des mittelalterlichen Klerus; die große Ausbeutung der
Volksmassen durch Zehnten, Fronden, Ablaß usw., die blutige und grausame
Bekämpfung jeglicher Opposition (Ketzerverfolgungen), die finstere Zeit
der Lerenprozesse, die grausame Niederschlagung des Volkes (Bauern-
kriege, Wiedertäuferverfolgungen) und schließlich das furchtbare Elend des
60jährigen Krieges . . . . das alles sieht der Leser in packender Dar-
stellung an seinem geistigen Auge vorüberziehen.

In die Zeit, deren Schilderung der erste Band unseres Werkes
dienen soll, fällt auch die Wiedergeburt der antiken Kunst; in ihr ent-
standen die unerreichten Werke eines Cranach, Dürer, Äolbein. Aus
diesen Quellen sind unsere Illustrationen geschöpft. Der erste Band wird
gegen 400 Bilder, darunter Abbildungen der größten Meisterwerke jener

Zeiten und Völker bringen, die, wie wir erwarten, den Beifall der gesamten
Arbeiterwelt finden werden.

ver erste Band wird in so Lieferungen a 20 Pfennig erscheinen

Jeder Band ist für sich abgeschlossen, so daß das Abonnement auf den
einen Band nicht den Bezug der weiteren Bände notwendig macht.
Wöchentlich erscheint ein Lest

Bestellungen nehmen alle Partei-Buchhandlungen, Parteikolporteure, jede
Buchhandlung oder auch der Verlag: Buchhandlung Vorwärts entgegen

vorwärts Buchdruckerei und Verlagsanstalt j?aul Singer & <Zo., Berlin SW. 68, Lindenstr. 69.

17

Das Lumpenproletariat, diese passive Verfaulung der untersten
Schichten der alten Gesellschaft, wird durch eine proletarische Revolution
stellenweise in die Bewegung hineingeschleudert, seiner ganzen Lebens-
lage nach wird es bereitwilliger sein, sich zu reaktionären Umtrieben
erkaufen zu lassen.

Die Lebensbedingungen der alten Gesellschaft sind schon vernichtet in
den Lebensbedingnngen des Proletariats. Der Proletarier ist eigen-
tbumslos; sein Verhältniß zu Weib und Kindern hat nichts mehr gemein
mit dem bürgerlichen Familienverhältniß; die moderne industrielle
Arbeit, die moderne Unterjochung unter das Kapital, dieselbe in Eng-
land wie in Frankreich, in Amerika wie in Deutschland, hat ihm allen
nationalen Charakter abgestreift. Die Gesetze, die Moral, die Religion,
sind für ihn eben so viele bürgerliche Vorurtheile, hinter denen sich eben
so viele bürgerliche Interessen verstecken.

Alle früheren Klassen, die sich die Herrschaft eroberten, suchten ihre
schon erworbene Lebensstellung zu sichern, indem sie die ganze Gesell-
schaft den Bedingungen ihres Erwerbes unterwarfen. Die Proletarier
können sich die gesellschaftlichen Produktivkräfte nur erobern, indem sie
ihre eigene bisherige Aneignungsweise und damit die ganze bisherige
Aneignungsweise abschaffen. Die Proletarier haben nichts von dem
Ihrigen zu sichern, sie haben alle bisherigen Privatsicherhcitcn und
Privatversicherungen zu zerstören.

Alle bisherigen Bewegungen waren Bewegungen von Minoritäten
oder im Interesse von Minoritäten. Die proletarische Bewegung ist
die selbständige Bewegung der ungeheuren Mehrzahl int Interesse der
ungeheuren Mehrzahl. Das Proletariat, die unterste Schicht der jetzigen
Gesellschaft, kann sich nicht erheben, nicht aufrichten, ohne daß der
ganze Ueberbau der Schichten, die die offizielle Gesellschaft bilden, in
die Luft gesprengt wird.

Obgleich nicht dem Inhalt, ist der Form nach der Kamps des Pro'
letariats gegen die Bourgeoisie zunächst ein nationaler. Das Proletaüur
eines jeden Landes muß natürlich zuerst mit seiner eigenen Bourgeoisie
fertig werden.

Indem wir die allgemeinsten Phasen der Entwicklung des Proletariats
zeichneten, verfolgten wir den mehr oder minder versteckten Bürgerkrieg
innerhalb der bestehenden Gesellschaft bis zu dem Punkt, wo er in eine
offene Revolution ausbricht, und durch den gewaltsamen Sturz der
Bourgeoisie das Proletariat seine Herrschaft begründet.

Alle bisherige Gesellschaft beruhte, wie wir gesehn haben, auf dem
Gegensatz unterdrückender und unterdrückter Klassen. Um aber eine
Klasse unterdrücken zu können, müssen ihr Bedingungen gesichert sein,
innerhalb derer sie wenigstens ihre knechtische Existenz fristen kann.
Der Leibeigene hat sich zum Mitglied der Kommune in der Leibeigen-
schaft herangearbeitet, wie der Kleinbürger zum Bourgeois unter dem
Joch des feudalistischen Absolutismus. Der moderne Arbeiter dagegen,
statt sich mit dem Fortschritt der Industrie zu heben, sinkt immer
tiefer unter die Bedingungen seiner eigenen Klasse herab. Der Arbeiter
wird zum Pauper und der Pauperismus entwickelt sich noch schneller
als Bevölkerung und Reichthum. Es tritt hiermit offen hervor, daß
die Bourgeoisie unfähig ist, noch länger die herrschende Klasse der Ge-
sellschaft zu bleiben und die Lebensbedingnngen ihrer Klasse der Gesell-
So, ialb. Bibliothek. XXXIII.	2

30

Da die Entwicklung des Klassengegensatzes gleichen Schritt hält mit
der Entwicklung der Industrie, finden sie eben so wenig die materiellen
Bedingungen zur Befreiung des Proletariats vor, und suchen nach einer
sozialen Wissenschaft, nach sozialen Gesetzen, um diese Bedingungen zu
schaffen.

An die Stelle der gesellschaftlichen Thätigkeit muß ihre persönlich
erfinderische Thätigkeit treten, an die Stelle der geschichtlichen Beding-
ungen der Befreiung phantastische, an die Stelle der allmälig vor sich
gehenden Organisation des Proletariats zur Klasse eine eigens aus-
geheckte Organisation der Gesellschaft. Die kommende Weltgeschichte
löst sich für sie auf in die Propaganda und die praktische Ausführung
ihrer Gesellschaftspläne.

Sie sind sich zwar bewußt, in ihren Plänen hauptsächlich das Inter-
esse der arbeitenden Klasse als der leidendsten Klaffe zu vertreten. Nur
unter diesem Gesichtspunkt der leidendsten Klasse existirt das Proletariat
für sie.

Die unentwickelte Form des Klassenkampfes, wie ihre eigene Lebens-
lage bringen es aber mit sich, daß sie weit über jenen Klassengegensatz
erhaben zu sein glauben. Sie wollen die Lebenslage aller Gesellschafts-
glieder , auch der bestgestellten, verbessern. Sie appelliren daher fort-
während an die ganze Gesellschaft ohne Unterschied, ja vorzugsweise an
die herrschende Klasse. Man braucht ihr System ja nur zu verstehen,
um es als den bestmöglichen Plan der bestmöglichen Gesellschaft anzu-
erkennen.

Sie verwerfen daher alle politische, namentlich alle revolutionäre
Aktion, sie wollen ihr Ziel auf friedlichem Wege erreichen und ver-
suchen, durch kleine, natürlich fehlschlagende Experimente durch die Macht
des Beispiels dem neuen gesellschaftlichen Evangelium Bahn zu brechen.

Die phantastische Schilderung der zukünftigen Gesellschaft entspringt
in einer Zeit, wo das Proletariat noch höchst unentwickelt ist, also selbst
noch phantastisch seine eigene Stellung auffaßt, feinern ersten ahnungs-
vollen Drängen nach einer allgemeinen Umgestaltung der Gesellschaft.

Die sozialen und kommunistischen Schriften bestehen aber auch aus
kritischen Elementen. Sie greifen alle Grundlagen der bestehenden Ge-
sellschaft an. Sie haben daher höchst werthvolles Material zur Auf-
klärung der Arbeiter geliefert. Ihre positiven Sätze über die zukünf-
tige Gesellschaft, z. B. Aufhebung des Gegensatzes zwischen Stadt und
Land, der Familie, des Privaterwerbs, der Lohnarbeit, die Verkündigung
der gesellschaftlichen Harmonie, die Verwandlung des Staates in eine
bloße Verwaltung der Produktion — alle diese ihre Sätze drücken bloß
das Wegfallen des Klassengegensatzes aus, der eben erst sich zu ent-
wickeln beginnt, den sie nur noch in seiner ersten gestaltlosen Unbe-
stimmtheit kennen. Diese Sätze selbst haben daher noch einen rein
utopistischen Sinn.

Die Bedeutung des kritisch-utopistischen Sozialismus und Kommunis-
mus steht im umgekehrten Verhältniß zur geschichtlichen Entwicklung.
In demselben Maaße, worin der Klassenkampf sich entwickelt und ge-
staltet, verliert diese phantastische Erhebung über denselben, diese phan-
tastische Bekämpfung desselben allen praktischen Werth, alle theoretische
Berechtigung. Waren daher die Urheber dieser Systeme auch in vieler
Beziehung revolutionär, so bilden ihre Schüler jedes Mal reaktionäre

4

Oppositionsparteien (Abschnitt IV.), wenn in den Grundzügen auch
heute noch richtig, doch in ihrer Ausführung heute schon deswegen ver-
altet sind, weil die politische Lage sich total umgestaltet und die geschicht-
liche Entwicklung die meisten der dort aufgezählten Parteien ans der
Welt geschafft hat.

Indeß, das Manifest ist ein geschichtliches Dokument, an dem zu
ändern wir uns nicht mehr das Recht zuschreiben. Eine spätere Aus-
gabe erscheint vielleicht begleitet von einer, den Abstand von 1847 bis
jetzt überbrückenden Einleitung; der vorliegende Abdruck kam uns zu
unerwartet, um uns Zeit dafür zu lassen.

London, 24. Juni 1872,

K a r l M a r x. F r i e d r i ch E n g e l s.

II.

Das Vorwort zur gegenwärtigen Ausgabe muß ich leider allein
unterschreiben. Marx, der Manu, dem die gesummte Arbeiterklasse
Europas und Amerikas mehr verdankt als irgend einem andern —
Marx ruht ans dem Friedhof zu Highgate, und über sein Grab wächst
bereits das erste Gras, Seit seinem Tode kann von einer Umarbeitung
oder Ergänzung des Manifestes erst recht keine Rede mehr sein. Für
um so nöthiger halte ich es, hier nochmals das Folgende ausdrücklich
festzustellen.

Der durchgehende Grundgedanke des Manifestes: daß die ökonomische
Produktion und die aus ihr mit Nothwendigkeit folgende gesellschaftliche
Gliederung einer jeden Geschichtsepoche die Grundlage bildet für die
politische und intellektuelle Geschichte dieser Epoche; daß demgemäß (seit
Auflösung des uralten Gemeinbesitzes an Grund und Boden) die ganze
Geschichte eine Geschichte von Klassenkämpfen gewesen ist, Kämpfen
zwischen ausgebeuteten und ausbeutenden, beherrschten und herrschenden
Klassen auf verschiedenen Stufen der gesellschaftlichen Entwicklung; daß
dieser Kampf aber jetzt eine Stufe erreicht hat, >vo die ausgebeutete und
unterdrückte Klasse (das Proletariat) sich nicht mehr von der sie aus-
beutenden und unterdrückenden Klasse (der Bourgeoisie) befreien kann,
ohne zugleich die ganze Gesellschaft für immer von Ausbeutung, Unter-
drückung und Klassenkämpfeu zu befreien — dieser Grundgedanke gehört
einzig und ausschließlich Marx an.*)

*) „Diesem Gedanken", sage ich in der Vorrede zur englischen Ueber-
setzung, „der nach meiner Ansicht berufen ist, für die Geschichtswissen-
schaft denselben Fortschritt zu begründen, den Darwin's Theorie für die
Naturwissenschaft begründet hat — diesem Gedanken hatten wir beide
uns schon mehrere Jahre vor 1845 allmählig genähert. Wie weit ich
selbständig mich in dieser Richtung voranbewegt, zeigt meine „Lage der
arbeitenden Klasse in England". Als ich aber im Frühjahr 1845
Marx in Brüssel wieder traf, hatte er ihn fertig ausgearbeitet, und
legte ihn mir vor in fast eben so klaren Worten wie die, worin ich ihn
oben zusammengefaßt."

Buchhandlung Vorwärts, Berlin SA. 08, Lindenstr. hy.	
Wir empfehlen:  Parteitags-Protokolle.  Die Protokolle bieten ein reiches Material zur Geschichte der Partei, ihrer Kämpfe, ihrer Grundsätze, ihrer Taktik. Nachstehend heben wir die Hauptpunkte der Verhandlungen aus der jeweiligen Tagesordnung in summarischer Inhaltsangabe hervor,  1890.	Neuorganisation; Programmrede Liebknechts; Stellung zu  isaut.	Streiks und Rovkotts: Auscinandersetzuna mit den ..Unab-  hängigen".	Mk. —,50  1891.	Festsetzung des Programms; Programmentwürse; Ausschluß  OITUri.	der ..unabhängigen"; Taktik der Partei.	Mk.	—,50.  1892.	Staatssozialismus; Genossenschaftswesen, Boykott, Kontroll-  tZerNN.	marke.	Mk.	- ~,50  1893.	Gewerkschaftsbewegung; Antisemitismus; Wahlrecht und  V^CHn.	Beteiligung an preußischen Landtagswahlen.	Mk.	—,40  1894.	Budgetbewilliqunqssraqe in den Landtagen; Agrarfrage;  franRrifrt.	Trusts. Rinae und Kartelle.	Mk.	-,25  s?	1895. AgrarprStzramtn; Hausindustrie.  Zsresl.au.	Mk. —,30, geb. Mk. —,50  1896.	Fraucnagitation; Literatur-Debatte.	^  1897.	Preußische Landtagswahlen; Militarismus.  ZIÄNIvUrg.	Broschiert Mk. -.35, gebunden Mk. -,60  1898.	Koalitionsrecht; Bcrgarbeiterschutz; Preußische Landtags-  NlUllAar«..	wählen: Zoll und .Handelspolitik.  Broschiert Mk. —,3s», gebunden Mk. —,60  1899.	Bernstein-Debatte; Zuchthausvorlage; Militärsrage.  Dannover.	Broschiert Mk. —.50, gebunden Mk. —,75  lyi.j...	1900. Weltpolitik; Verkehrs- und Handelspolitik; Taktik bei den  (uauii.	Landtaaswablen: Anbana: Belicht über die Frauenkonferenz.  Broschiert Mk. —,50, gebunden Mk. —,75  Lübeck.	1901.	Vergriffen.  ivlüncken.	1902.	Vergriffen.  1903. Taktik der Partei. Reichstagswahlen. Vizepräsidialsrage. Die xsl FOUvii.	revisionistischen Beitrebunaen. Brosch. Mk. —.75. aeb. Mk. 1.—  Protokolle der Internationalen Arbeiter-Kongresse.  ITltivtci	1889. Mit einem Vorwort von W. Liebknecht.  B,wickle der Deleaierten der einzelnen Länder: Msckatkuna der stehenden Heere;	Maifeier.	Dik.	—,25  '7'iivtAs	1893. Stellung der Partei im Kriegsfälle; Agrarfrage; General-  A,UY\\.n.	streik	Mk.	—.50  r svndrtM	1896.	Politische Aktion;	wirtschastliche	Aktion;	Erziehung	und  J^OIIUUU.	körperliche Entwicklun«.	Mk.	—.20  finvte*	1900.	Der Kampf um	das	allgemeine	Stimmrecht;	die	Eroberung  f7*1	der politischen Macht: KolonialvolM: der Sozialismus in  den Gemeinden.	Mk.	—,20	

t

14

niß überwinden, bringen sie die ganze bürgerliche Gesellschaft in Unord-
nung, gefährden sie die Existenz des bürgerlichen Eigenthums. Die
bürgerlichen Verhältnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen er-
zeugten Reichthum fassen. — Wodurch überwindet die Bourgeoisie die
Krisen? Einerseits durch die erzwungene Vernichtung einer Masse von
Produktivkräften; anderseits durch die Eroberung neuer Märkte, und
die gründlichere Ausbeutung alter Märkte. Wodurch also? Dadurch,
daß sie allseitigere und gewaltiger: Krisen vorbereitet und die Mittel,
den Krisen vorzubeugen, vermindert.

Die Waffen, womit die Bourgeoisie den Feudalismus zu Boden ge-
schlagen hat, richten sich jetzt gegen die Bourgeoisie selbst.

Aber die Bourgeoisie hat nicht nur die Waffen geschmiedet, die ihr
den Tod bringen; sie hat auch die Männer gezeugt, die diese Waffen
führen werden — die modernen Arbeiter, die Proletarier.

In demselben Maße, worin sich die Bourgeoisie, d. h. das Kapital,
entwickelt, in demselben Maße entwickelt sich das Proletariat, die Klasse
der modernen Arbeiter, die nur so lange leben, als sie Arbeit finden,
und die nur so lange Arbeit finden, als ihre Arbeit das Kapital ver-
mehrt. Diese Arbeiter, die sich stückweis verkaufen müssen, sind eine
Waare, wie jeder andere Handelsartikel, und daher gleichmäßig allen
Wechselfällen der Konkurrenz, allen Schwankungen des Marktes ansgesetzt.

Die Arbeit der Proletarier hat durch die Ausdehnung der Maschinerie
und die Theilung der Arbeit allen selbstständigen Charakter und damit
allen Reiz für die Arbeiter verloren. Er wird ein bloßes Zubehör der
Maschine, von dem nur der einfachste, eintönigste, am leichtesten erlern-
bare Handgriff verlangt wird. Die Kosten, die der Arbeiter verursacht,
beschränken sich daher fast nur auf die Lebensmittel, die er zu seinem
Unterhalt und zur Fortpflanzung seiner Race bedarf. Der Preis einer
Waare, also auch der Arbeit, ist aber gleich ihren Produktionskosten. In
demselben Maße, in dem die Widerwärtigkeit der Arbeit wächst, nimmt
daher der Lohn ab. Noch mehr, in demselben Maße, wie Maschinerie
und Theilung der Arbeit zunehmen, in demselben Maße ninimt auch die
Masse der Arbeit zu, sei es durch Vermehrung der Arbeitsstunden, sei
es durch Vermehrung der in einer gegebenen Zeit geforderten Arbeit,
beschleunigten Lauf der Maschinen u. s. w.

Die moderne Industrie hat die kleine Werkstube des patriarchalischen
Meisters in die große Fabrik des industriellen Kapitalisten verwandelt.
Arbeitermassen, in der Fabrik zusammengedrängt, werden soldatisch
orgauisirt. Sie werden als gemeine Jndustriesoldaten unter die Auf-
sicht einer vollständigen Hierarchie von Unteroffizieren und Offizieren
gestellt. Sie sind nicht nur Knechte der Bourgeoisklasse, des Bourgeois-
staates, sie sind täglich und stündlich geknechtet von der Maschine, von
dem Aufseher, und vor Allem von den einzelnen fabrizirenden Bourgeois
selbst. Diese Despotie ist um so kleinlicher, gehässiger, erbitternder, je
offener sie den Erwerb als ihren Zweck proklamirt.

Je weniger die Handarbeit Geschicklichkeit und Kraftäußernng erheischt,
d. h. je mehr die moderne Industrie sich entwickelt, desto mehr wird die
Arbeit der Männer durch die der Weiber verdrängt. Geschlechts- und
Alters-Unterschiede haben keine gesellschaftliche Geltung mehr für die
Arbeiterklasse. Es gibt nur noch Arbeitsinstrumente, die je nach Alter
und Geschlecht verschiedene Kosten machen.

Ein Gespenst geht um in Europa — das Gespenst des Kommunis-
mus. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen
Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet, der Papst und der Zar,
Metternich und Guizot, französische Radikale und deutsche Polizisten.

Wo ist die Oppositionspartei, die nicht von ihren regierenden Gegnern
als kommunistisch verschrieen worden wäre, wo die Oppositionspartei,
die den fortgeschritteneren Oppositionslcnten sowohl wie ihren reak-
tionären Gegnern den brandmarkenden Vorwurf des Kommunismus
nicht zurückgeschlendert hätte?

Zweierlei geht aus dieser Thatsache hervor.

Der Kommunismus wird bereits von allen europäischen Mächten als
eine Macht anerkannt.

Es ist hohe Zeit, daß die Kommunisten ihre Anschauungsweise, ihre
Zwecke, ihre Tendenzen vor der ganzen Welt offen darlegen und dem
Märchen vom Gespenst des Kommunismus ein Manifest der Partei
selbst entgegenstellen.

Zu diesem Zweck haben sich Kommunisten der verschiedensten Natio-
nalität in London versammelt und das folgende Manifest entworfen,
das in englischer, französischer, deutscher, italienischer, flämischer und
dänischer Sprache veröffentlicht wird.

I.

Bourgeois und Proletarier.

Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft*) ist die Geschichte von
Klassenkämpfen.

Freier und Sklave, Patrizier und Plebejer, Baron und Leibeigener,
Zunftbiirger und Gesell, kurz, llnterdrücker und Unterdrückte standen in
stetem Gegensatz zu einander, führten einen ununterbrochenen, bald ver-
steckten, bald offenen Kampf, einen Kampf, der jedesmal mit einer rcvo-

*) Das heißt, genau gesprochen, die schriftlich überlieferte Ge-
schichte. 1847 war die Vorgeschichte der Gesellschaft, die gesellschaftliche
Organisation, die aller niedergeschriebenen Geschichte vorausging, noch
so gut wie unbekannt. Seitdem hat Haxthausen das Gemeineigenthum
am Boden in Rußland entdeckt, Maurer hat es nachgewiesen als die
gesellschaftliche Grundlage, wovon alle deutschen Stämme geschichtlich
ausgingen, und allmählig fand man, daß Dorfgemeinden mit gemein-
samem Bodenbesitz die Urform der Gesellschaft waren von Indien bis
Irland. Schließlich wurde die innere Organisation dieser urwüchsigen
kommunistischen Gesellschaft in ihrer typischen Form bloßgelegt durch

23

Als die alte Welt im Untergehen begriffen war, wurden die alten
Religionen von der christlichen Religion besiegt. Als die christlichen
Ideen im 18. Jahrhundert den Aufklärungs-Ideen unterlagen, rang
die feudale Gesellschaft ihren Todcskampf mit- der. damals revolutionären
Bourgeoisie. Die Ideen der Gewissens- und Religionsfreiheit sprachen
nur die Herrschaft der freien Konkurrenz auf dem Gebiete des Wissens aus.

„Aber", wird man sagen, „religiöse, moralische, philosophische, poli-
tische, rechtliche Ideen u. s. w. modifizirten sich allerdings im Lauf der
geschichtlichen Entwicklung. Die Religion, die Moral, die Philosophie,
die Politik, das Recht erhielten sich stets in diesem Wechsel.

„Es gibt zudem ewige Wahrheiten, wie Freiheit, Gerechtigkeit u. s. w.,
die allen gesellschaftlichen Zuständen gemeinsam sind. Der Kommunis-
mus aber schafft die ewigen Wahrheiten ab, er schafft die Religion ab,
die Moral, statt sie neu zu gestalten, er widerspricht also allen bisherigen
geschichtlichen Entwicklungen."

Worauf reduzirt sich diese Anklage? Die Geschichte der ganzen bis-
herigen Gesellschaft bewegte sich in Klassengegensätzen, die in den ver-
schiedenen Epochen verschieden gestaltet waren.

Weiche Form sie aber auch immer angenommen, die Ausbeutung des
einen Theils der Gesellschaft durch den andern ist eine allen vergangenen
Jahrhunderten gemeinsame Thatsache. Kein Wunder daher, daß das
gesellschaftliche Bewußtsein aller Jahrhunderte, aller Mannigfaltigkeit und
Verschiedenheit zum Trotz, in gewissen gemeinsamen Formen sich bewegt,
in Bcwußtseinsformen, die nur mit dem gänzlichen Verschwinden des
Klassengegensatzes sich vollständig auflösen.

Die kommunistische Revolution ist das radikalste Brechen mit den über-
lieferten Eigeuthumsverhältnissen; kein Wunder, daß in ihrem Entwick-
lungsgänge am radikalsten mit den überlieferten Ideen gebrochen wird.

Doch lassen wir die Einwürfe der Bourgeoisie gegen den Kommunismus.

Wir sahen schon oben, daß der erste Schritt in der Arbeiter-Revolution
die Erhebung des Proletariats zur herrschenden Klasse, die Erkämpfung
der Demokratie ist.

Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der
Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktions-
instrumente in den Händen des Staats, d. h. des als herrschende
Klasse organisirten Proletariats zu zentralisiren und die Masse der
Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren.

Es kann dies natürlich zunächst nur geschehn vermittelst despotischer
Eingriffe in das Eigenthumsrecht und in die bürgerlichen Produktions-
verhältnisse , durch Maßregeln also, die ökonomisch unzureichend und
unhaltbar erscheinen, die aber im Lauf der Bewegung über sich selbst
hinaus treiben und als Mittel zur Uniwälzung der ganzen Produktions-
weise unvermeidlich sind.

Diese Maßregeln werden natürlich je nach den verschiedenen Ländern
verschieden sein.

Für die fortgeschrittensten Länder werden jedoch die folgenden ziemlich
allgemein in Anwendung kommen können:

1) Expropriation des Grundeigenthums und Verwendung der Grund-
rente zu Staatsausgaben.

8)	Starke Progressivsteuer.

3)	Abschaffung des Erbrechts.





I '

— ‘22 —

Er ahnt nicht, daß es sich eben darum handelt, die^telliing der
Weiber als bloßer PwdnktioMustrniueiiie. aufzuheben.

Uebrigens ist nichts lächerlicher, als das hochnwralische Entsetzen
unserer Bourgeois über die angebliche offizielle Weibergemeinschaft der
Kommunisten. Die Kommunisten brauchen die Weibergemeinschast nicht
einzuführen, sie hat fast immer Pstirt,

Unsere Bourgeois, mcyk zufrieden Lamit, daß ihnen die Weiber und
Töchter ihrer Proletarier zur Verfügung stehen, von der offiziellen
Prostitution gar nicht zu sprechen, finden ein Hanptvergnngen darin,
ihre Ehefrauen wechselseitig zu verführen.

Die bürgerliche Ehe ist in Wirklichkeit die Gemeinschaft der Ehefrauen.
Man könnte höchstens den Kommunisten vorwerfen, daß sie an StelltMier
heuchlerisch versteckten, eine offizielle, ofienberziae Weiberaemeinsckaft ein-
führen wollten. Es versteht sich übrigens von selbst, daß mit Aufhebung
der jetzigen Produktionsverhältnisse auch die ans ihnen hervorgehende
Weibergeineinschaft, d. h. die offizielle und nichtoffizielle Prostitution,
verschwindet.

Den Kommunisten ist ferner vorgeworfen worden,'sie wollten das
Vaterland, die Nationalität, abschaffen.

Die Arbeiter haben kein Vaterland. Man kann ihnen nicht nehmen,
was sie nicht haben. Indem das Proletariat zunächst sich die politische
Herrschaft erobern, sich zur nationalen Klasse erheben, sich selbst als
Nation konstitniren muß, ist es selbst noch national, wenn auch keines-
wegs im Sinne der Bourgeoisie.

Die nationalen Absonderungen und Gegensätze der Völker ver-
schwinden mehr und mehr schon mit der Entwicklung der Bourgeoisie,
mit der Handelsfreiheit, dem Weltmarkt, der Gleichförmigkeit der indu-
striellen Produktion und der ihr entsprechenden Lebensverhältnisse.

Die Herrschaft des Proletariats wird sie noch mehr verschwinden
machen. Vereinigte Aktion, wenigstens der zivilisirten Länder, ist eine
der ersten Bedingungen seiner Befreiung.

In dem Maße, wie die Exploitation des einen Individuums durch
das andere aufgehoben wird, wird die Exploitation einer Nation durch
die andere aufgehoben.

Mit dem Gegensatz der Klassen im Innern der Nation fällt die
feindliche Stellung der Nationen gegen einander.

Die Anklagen gegen den Kommunismus, die von religiösen, philo-
sophischen und ideologischen Gesichtspunkten überhaupt erhoben werden,
verdienen keine ausführlichere Erörterung.

Bedarf es tiefer Einsicht, um zu begreifen, daß mit den Lebens-
verhältnissen der Menschen, mit ihren gesellschaftlichen Beziehungen, mit
ihrem gesellschaftlichen Dasein, auch ihre Vorstellungen, Anschauungen
und Begriffe, mit einem Worte auch ihr Bewlißtsein sich ändert?

Was beweist die Geschichte der Ideen anders, als daß die geistige
Produktion sich mit der materiellen umgestaltet? Die herrschenden
Ideen einer Zeit waren stets nur die Ideen der herrschenden Klasse.

Man spricht von Ideen, welche eine ganze Gesellschaft revolutioniren;
man spricht damit nur die Thatsache ans, daß sich innerhalb der alten
Gesellschaft die Elemente einer neuen gebildet haben, daß mit der Auf-
lösung der alten Lebensverhältnisse die Auflösung der alten Ideen
gleichen Schritt hält.

27

Willens, des Willens, wie er sein muß, deS wahrhaft menschlichen
Willens.

Die ausschließliche Arbeit der deutschen Literaten bestand darin, die
neuen französischen Ideen mit ihrem alten philosophischen Gewissen in
Einklang zu setzen oder vielniehr von ihrem philosophischen Standpunkte
aus die französischen Ideen sich anzueignen.

Diese Aneignung geschah in derselben Weise, wodurch man sich über-
haupt eine fremde Sprache aneignet, durch die Uebersetzung.

Es ist bekannt, wie die Mönche Manuskripte, worauf die klassischen
Werke der alten Heidenzeit verzeichnet waren, mit abgeschmackten katholi-
schen Heiligengeschichten überschrieben. Die deutschen Literaten gingen
umgekehrt mit der profanen französischen Literatur um. Sie schrieben
ihren philosophischen Unsinn hinter das französische Original. Z. B.
hinter die französische Kritik der Geldverhältnisse schrieben sie „Ent-
äußerung des menschlichen Wesens", hinter die französische Kritik des
Bourgeoisstaates schrieben sie „Aufhebung der Herrschaft des abstrakt
Allgemeinen" u. s. w.

Die Unterschiebung dieser philosophischen Redensarten unter die fran-
zösischen Entwicklungen tauften sie „Philosophie der That", „wahrer
Sozialismus", „Deutsche Wisfenschast des Sozialismus", philosophische
Begründung des Sozialismus" u. s. w.

Die französische sozialistisch-kommunistische Literatur wurde so förmlich
entmannt. Und da sie in der Hand des Deutschen aufhörte, den Kampf
einer Klasse gegen die andre auszudrücken, so war der Deutsche sich
bewußt, die „französische Einseitigkeit" überwunden, statt wahrer Be-
dürfnisse das Bedürfniß der Wahrheit, und statt der Interessen des
Proletariers die Interessen des menschlichen Wesens, des Menschen über-
haupt vertreten zu haben, des Menschen, der keiner Klasse, der über-
haupt nicht der Wirklichkeit, der nur dem Dunsthimmel der philosophischen
Phantasie angehört.

Dieser deutsche Sozialismus, der seine unbeholfenen Schulübnngen
so ernst und feierlich nahm und so marktschreierisch ausposaunte, verlor
indeß nach und nach seine pedantische Unschuld.

Der Kampf der deutschen, namentlich der preußischen Bourgeoisie,
gegen die Feudalen und das absolute Königthum, mit einem Wort, die
liberale Bewegung wurde ernsthafter.

Dem „wahren" Sozialismus war so erwünschte Gelegenheit geboten,
der politischen Bewegung die sozialistischen Forderungen gegenüber-
zustellen, die überlieferten Anatheme gegen den Liberalismus, gegen den
Repräsentativ-Staat, gegen die bürgerliche Konkurrenz, bürgerliche Preß-
freiheit, bürgerliches Recht, bürgerliche Freiheit und Gleichheit zu schleu-
dern und der Volksmasse vorzupredigen, wie sie bei dieser bürgerlichen
Bewegung nichts zu gewinnen, vielmehr Alles zu verlieren habe. Der
deutsche Sozialismus vergaß rechtzeitig, daß die französische Kritik, deren
geistloses Echo er war, die moderne bürgerliche Gesellschaft mit den
entsprechenden materiellen Lebensbedingungen und der angemessenen
politischen Konstitution vorausgesetzt, lauter Voraussetzungen, um deren
Erkämpfung es sich erst in Deutschland handelte.

Er diente den deutschen absoluten Regierungen mit ihrem Gefolge von
Pfaffen, Schulmeistern, Krautjunkern und Bureaukraten als erwünschte
Vogelscheuche gegen die drohend aufstrebende Bourgeoisie.





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^ beitslohn baar ausgezahlt erhält, so fallen die
j; irgeoisie über ihn her, der Hausbesitzer, der
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Mittelstände, die kleinen Industriellen, Kauf-
Handwerker und Bauern, alle diese Klassen
nab, theils dadurch, daß ihr kleines Kapital
^-.Zen Industrie nicht ausreicht und der Konkur-
apttalisten erliegt, theils dadurch, daß ihre Ge-
roduktionsweisen entwerthet wird. So rekrutirt
allen Klassen der Bevölkerung,
st t verschiedene Entwicklungsstufen durch. Sein
is miste beginnt mit seiner Existenz,
sie einzelnen Arbeiter, dann die Arbeiter einer
ter eines Arbeitszweiges an einem Ort gegen
der sie direkt ausbeutet. Sie richten ihre An-
bürgerlichen Produktionsverhältnisse, sie richten
l-Jnstrumente selbst; sie vernichten die fremden
^ sie zerschlagen die Maschinen, sie stecken die
suchen die untergegangene Stellung des mittel-
der zu erringen.

in die Arbeiter eine über das ganze Land zer-
nkurrenz zersplitterte Masse. Massenhaftes Zu-
rr ist noch nicht die Folge ihrer eigenen Ver-
folge der Vereinigung der Bourgeoisie, die zur
t politischen Zwecke das ganze Proletariat in
b es einstweilen noch kann. Auf dieser Stufe
* also nicht ihre Feinde, sondern die Feinde
; er absoluten Monarchie, die Grundeigenthümer,
rgeois, die Kleinbürger. Die ganze geschichtliche
Händen der Bourgeoisie konzentrirt; jeder Sieg,
l ein Sieg der Bourgeoisie,
lung der Industrie vermehrt sich nicht nur das
^größeren Massen zusammengedrängt, seine Kraft
nehc. Die Interessen, die Lebenslagen inner-
eichen sich immer mehr aus, indem die Maschi-
Unterschiede der Arbeit verwischt und den Lohn
j: h niedriges Niveau herabdrückt. Die wachsende
is unter sich und die daraus hervorgehenden
n Lohn der Arbeiter immer schwankender; die
ckelnde, unaufhörliche Verbesserung der Maschi-
Zebensstelluiig immer unsicherer; immer mehr
.wischen dem einzelnen Arbeiter und dem ein-
jarakter von Kollisionen zweier Klassen an. Die
, Koalitionen gegen die Bourgeois zu bilden;
. Behauptung ihres Arbeitslohns. Sie stiften
neu, um sich für die gelegentlichen Empörungen
:llenweis bricht der Kampf in Emeuten aus.
en die Arbeiter, aber nur vorübergehend. Das
r Kämpfe ist nicht der unmittelbare Erfolg,
° um sich greifende Vereinigung der Arbeiter. Sic

18

schaft als regelndes Gesetz aufzuzwingen. Sie ist unfähig zu herrschen,
weil sie unfähig ist, ihrem Sklaven die Existenz selbst innerhalb seiner
Sklaverei zu sichern, weil sie gezwungen ist, ihn in eine Lage herab-
sinken zu lassen, wo sie ihn ernähren muß, statt von ihm ernährt zu
werden. Die Gesellschaft kann nicht mehr unter ihr leben, d. h. ihr
Leben ist nicht mehr verträglich mit der Gesellschaft.

Die wesentliche Bedingung für die Existenz und für die Herrschaft
der Bourgeoisklasse ist die Anhäufung des Neichthnms in den Händen
von Privaten, die Bildung und Vermehrung des Kapitals; die Bedin-
gung des Kapitals ist die Lohnarbeit. Die Lohnarbeit beruht aus-
schließlich auf der Konkurrenz der Arbeiter unter sich. Der Fortschritt
der Industrie, dessen willenloser und widerstandsloser Träger die Bour-
geoisie ist, setzt an die Stelle der Jsolirung der Arbeiter durch die
Konkurrenz ihre revolutionäre Vereinigung durch die Assoziation. Mit
der Entwicklung der großen Industrie wird also unter den Füßen der
Bourgeoisie die Grundlage selbst hinweggezogen, worauf sie prodnzirt
und die Produkte sich aneignet. Sie prodnzirt vor Allem ihren eignen
Todtengräber. Ihr Untergang und der Sieg des Proletariats sind
gleich unvermeidlich.

H.

Proletarier und Kommunisten.

In welchem Verhältniß stehn die Kommunisten zu den Proletariern
überhaupt?

Die Kommunisten sind keine besondere Partei gegenüber den andern
Arbeiterparteien.

Sie haben keine von den Interessen des ganzen Proletariats ge-
trennten Interessen.

Sie stellen keine besonderen Prinzipien auf, wonach sie die proletarische
Bewegung modeln wollen.

Die Kommunisten unterscheiden sich von den übrigen proletarischen
Parteien nur dadurch, daß sie einerseits in den verschiedenen nationalen
Kämpfen der Proletarier die gemeinsamen, von der Nationalität un-
abhängigen Interessen des gesummten Proletariats hervorheben und
zur Geltung bringen, andererseits dadurch, daß sie in den verschiedenen
Entwicklungsstufen, welche der Kampf zwischen Proletariat und Bour-
geoisie durchläuft, stets das Interesse der Gesammtbewegung vertreten.

Die Kommunisten sind also praktisch der entschiedenste, immer weiter
treibende Theil der Arbeiterparteien aller Länder; sie haben theoretisch
vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedin-
gungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen
Bewegung voraus.

Der nächste Zweck der Kommunisten ist derselbe wie der aller übrigen
proletarischen Parteien: Bildung des Proletariats zur Klasse, Sturz
der Bourgeoisieherrschaft, Eroberung der politischen Macht durch das
Proletariat.

Die theoretischen Sätze der Kommunisten beruhen keineswegs auf
Ideen, auf Prinzipien, die von diesem oder jenem Weltverbesserer erfunden
oder entdeckt sind.

31

Selten. Sie halten die alten Anschauungen der Meister fest gegenüber
der geschichtlichen Fortentwicklung des Proletariats. Sie suchen daher
konsequent den Klassenkampf wieder abzustumpfen und die Gegensätze
zu vermitteln. Sie träumen noch immer die versuchsweise Verwirklich-
ung ihrer gesellschaftlichen Utopien, Stiftung einzelner Phalanstere,
Gründung von Home-Kolonien, Errichtung eines kleinen Jkariens*), —
Duodez-Ausgabe des neuen Zerusalems — und zum Aufbau aller dieser
spanischen Schlösser müssen sie an die Philantropie der bürgerlichen
Herzen und Geldsäcke appelliren. Allmählig fallen sie in die Kategorie
der oben geschilderten reaktionären oder konservativen Sozialisten und
unterscheiden sich nur noch von ihnen durch mehr systematische Pedanterie,
durch den fanatischen Aberglauben an die Wunderwirkungen ihrer sozialen
Wissenschaft.

Sie treten daher mit Erbitterung aller politischen Bewegung der
Arbeiter entgegen, die nur ans blindem Unglauben an das neue Evan-
gelium hervorgehen konnte.

Die Owenisten in England, die Fourieristen in Frankreich reagiren
dort gegen die Chartisten, hier gegen die Reformisten.

IV.

Stellung der Kommunisten zu den verschiedenen
oppositionellen Parteien.

Nach Abschnitt II. versteht sich das Verhältniß der Kommunisten zu
den bereits konstitnirten Arbeiterparteien von selbst, also ihr Verhältniß
zu den Chartisten in England und den agrarischen Reformern in Nord-
amerika.

Sie kämpfen für die Erreichung der unmittelbar vorliegenden Zwecke
und Interessen der Arbeiterklasse, aber sie vertreten in der gegenwärtigen
Bewegung zugleich die Zukunft der Bewegung. In Frankreich schließen
sich die Kommunisten an die sozialistisch-demokratische**) Partei an gegen
die konservative und radikale Bourgeoisie, ohne darum das Recht auf-
zugeben, sich kritisch zu den aus der revolutionären Ueberlieferung her-
rührenden Phrasen und Illusionen zu verhalten.

In der Schweiz unterstützen sie die Radikalen, ohne zu verkennen,
daß diese Partei aus widersprechenden Elementen besteht, theils ans
demokratischen Sozialisten im französischen Sinn, theils aus radikalen
Bourgeois.

Unter den Polen unterstützen die Kommunisten die Partei, welche
eine agrarische Revolution zur Bedingung der nationalen Befreiung

*) Home-Kolonien (Kolonien im Inland) nennt Owen seine kommu-
nistischen Mustergesellschaften. Phalanstere war der Name der von
Fourier geplanten gesellschaftlichen Paläste. Jkarien hieß das utopische
Phantasieland, dessen kommunistische Einrichtungen Cabet schilderte.

**) Die damals sich sozialistisch-demokratisch nennende Partei in Frank-
reich war die durch Ledru-Rollin politisch und durch Louis Blanc lite-
rarisch vertretene; sie war also himmelweit bersch! den von der heutigen
deutschen Sozialdemokratie.

5

Ich habe das schon oft ausgesprochen; eS ist aber gerade jetzt nöthig,
daß es auch vor dem Manifest selbst steht.

London, 28. Juni 1883.	F. Engels.

III.

Seit Vorstehendes geschrieben, ist wieder eine neue deutsche Auflage
des Manifestes nöthig geworden, und es hat sich auch allerlei mit dem
Manifest zugetragen, das hier zu erwähnen ist.

Eine zweite russische Uebersetzung — von Vera Sassulitsch — erschien
1882 in Genf; die Vorrede dazu wurde von Marx und mir verfaßt.
Leider ist mir das deutsche Originalmanuskript abhanden gekommen, ich
muß also aus dem Russischen zurückübersetzen, wodurch die Arbeit keines-
wegs gewinnt. Sie lautet:

„Die erste russische Ausgabe des „Manifests der Kommunistischen
Partei", in Bakunin's Uebersetzung, erschien Anfangs der sechziger Jahre
in der Druckerei des „Kolokol". Damals hatte eine russische Ausgabe
dieser Schrift für den Westen höchstens die Bedeutung eines literarischen
Kuriosums. Heute ist eine solche Auffassung nicht mehr möglich. Einen
wie beschränkten Umfang das Verbreitungsgebiet der proletarischen Be-
wegung hatte, zur Zeit der ersten Veröffentlichung des Manifests
(Januar 1848), zeigt am besten das letzte Kapitel: „Stellung der Kom-
munisten zu den verschiedenen oppositionellen Parteien". Hier fehlen
vor allen Rußland und die Vereinigten Staaten. Es war die Zeit,
wo Rußland die letzte große Reserve der europäischen Reaktion bildete,
und wo die Auswanderung nach den Vereinigten Staaten die über-
schüssigen Kräfte des europäischen Proletariats absorbirte. Beide Länder
versorgten Europa mit Rohstoff und dienten gleichzeitig als Märkte für
den Absatz seiner Jndnstrieprodukte. Beide erschienen also, in dieser
oder jener Weise, als Stützen der europäischen gesellschaftlichen Ordnung.

„Wie hat sich das alles heute geändert! Grade die europäische
Auswanderung hat die kolossale Entwicklung des nordamerikanischen
Ackerbaus ermöglicht, die durch ihre Konkurrenz das große wie das
kleine Grundeigenthnm in Europa in seinen Grundfesten erschüttert.
Sie hat zugleich dm Vereinigten Staaten die Möglichkeit gegeben, an
die Ausbeutung ihrer reichhaltigen industriellen Hülfsquellen zu gehn,
und zwar mit solcher Energie und auf solchem Maßstab, daß dies in
kurzer Zeit dem industriellen Monopol des europäischen Westens ein
Ende machen muß. Und diese beiden Umstände wirken auch auf
Amerika in revolutionärer Richtung zurück. Das kleine und mittlere
Grundeigenthum der selbstarbeitenden Farmer, die Grundlage der ganzen
politischen Ordnung Amerikas, erliegt mehr und mehr der Konkurrenz
der Riesenfarmen, während gleichzeitig in den-Jndustriebezirken sich zum
ersten Mal ein zahlreiches Proletariat bildet neben einer fabelhaften
Konzentration der Kapitale.

„Gehn wir nach Rußland. Zur Zeit der Revolution von 1848—49
sahen nicht nur die europäischen Monarchen, sondern auch die europä-
ischen Bourgeois in der russischen Intervention die einzige Rettung vor
dem, damals eben erst seine Kräfte gewahr werdenden Proletariat. Sie
proklamirten den Zaren zum Haupt der europäischen Reaktion. Heute