— 17 — 2 von freiem Grand und Boden vorhanden waren, wurde das Land sehr niedrig geschätzt; so konnte die Regierung die grossen Grundstücke ent weder umsonst oder zu sehr niedrigen Bodenpreisen abgeben, indem sie besonders den Ade! begünstigte. Wie verschwenderisch und mit welcher Klassenpolitik seitens der Regierung damals das Land verteilt wurde, zeigt folgendes Beispiel: ln 17 Jahren, von 1792—1808, wurden im Kreis Odessa im Gouvernement Cherson von der Regierung an etliche Dutzende von Gutsherren grosse Grundstücke von 1000— 25 000 Dess., im Ganzen 550 000 Dess., verteilt, während alle Gemeinden von «staatsherrlichen» Bauern zusammen nur 50 000 Dess. bekamen. 1 ) Ausser den Regierungs massnahmen waren es die Araktscheewschen Militäransiedelungen, welche einerseits die besondere Zunahme der staatsherrlichen Bauern, ander seits die Bildung des zahlreichen Militärdienstadels begünstigten. Soweit über die historischen Ursachen der starken Entwicklung des Privatgrundbesitzes. Was die wirtschaftliche Grundlage für diese Entwicklung anbetrifft, so war sie für diese besonders günstig, und zwar bestand sie aus einer rascher als in anderen Gebieten Russlands vor sich gehenden Entwick lung zur Geldwirtschaft. Wie wir im ersten Kapitel sahen, war es. die geographische Lage, das Vorhandensein mehrerer grösserer Hafen städte, eine frühere Entwicklung des Handels und Verkehrs, welche die Entwicklung des Kapitalismus hier begünstigten. So wurde ein günstiger Boden für die Umschichtung der Bevölke rung, besonders für die Differenzierung der Bauernschaft, für die Bildung der Klassen, aber vor allem für eine starke Entwicklung des Privat eigentums auf Grund und Boden geschaffen. Auf diese Weise nahm der gutsherrliche Grundbesitz einerseits zu, anderseits verursachte die Um schichtung der Bauernschaft innerhalb der Gemeinde, insofern letztere nicht durch künstliche fiskalische Regierungsmassnahmen gehemmt wurde, eine starke Zunahme des bäuerlichen Privatgrundbesitzes. Nach den westlichen Gouvernements, wo historische und wirt schaftliche Verhältnisse für die Entwicklung des Privatgrundbesitzes noch günstiger waren, stehen die neurussischen Gouvernements unter allen anderen Gouvernements Russlands in dieser Beziehung in erster Linie. In den Jahren 1877—78 betrug die Fläche des Privatgrundbesitzes in Neurussland (das Dongebiet nicht inbegriffen) 48,4 Prozent der ge samten Fläche des Grund und Bodens. i) Materialien zum Bodenkataster im Gouvernement Cherson. Band 1. Kreis Odessa. 1883.