— 85 — wegen der damit verbundenen schweren Bedingungen; sie ziehen es vielmehr vor, mit eigener Arbeit den Gutsherrn für die ihnen zu gewiesenen Vergünstigungen zu bezahlen. Und umgekehrt belohnt der Gutsherr die Bauern für ihre auf seiner Wirtschaft verrichtete Arbeit mit dem Weiderechte. 5 ) So erklärt es sich, dass die Ueberbleibsel der alten Frondienste in anderer Form fortbestehen. Nachdem wir die historische Grundlage für das Bestehen ver schiedener Formen des Naturallohnes dargelegt haben, wollen wir jetzt zur Betrachtung der Arten des Naturallohnes selber, ihrer Vorteile und Nachteile übergehen. Der Naturallohn kann in zwei Grundarten zerlegt werden: 1. Entlohnung mit Fleu oder Getreide, 2. in die Entlohnung mit Nutzniessung von Weideland. Wenden wir uns zunächst zur ersten Form des Naturallohnes. Für seine Arbeit erhält der Arbeiter einen im voraus bestimmten Teil des Rohertrages, ln den neurussischen Gouvernements wird solcher Lohn für die Getreideerntearbeiter, am meisten aber für die Heuernte i bezahlt. Dies erklärt sich durch den Mangel an Heuschlägen bei den einheimischen Kleinbauern. Die Arbeit, die der Arbeiter zu verrichten hat, besteht gewöhnlich im Mähen, seltener im Einbringen von Heu. Die «Materialien zum Boden kataster» bringen bestimmtere und reichlichere Angaben über Entlohnung mit einem Teil des Rohertrages. Diese betreffen aber nur die achtziger und den Anfang der neunziger Jahre. Für die spätere Zeit haben w r ir in Bezug auf die Entlohnung mit einem Teil des Rohertrages für die Getreideerntearbeiten fast gar keine Angaben gefunden, was sich da- ') Als krasses Beispiel für eine solche Nötigung der Bauern, die ihnen zugewiesene Vergünstigung mit Arbeit zu bezahlen, diene folgender Fall: ln einem Dorfe des Kreises Eüsabethgrad (Qouv. Cherson) ist das Bauernland von einer Seite von dem Fluss mit steilen Ufern, von allen übrigen Seiten aber vom gutsherrlichn Lande umringt. Der Dorf weg führt über das Weideland des Gutsherrn, der den Bauern das Vieh auf diesem Wege zu treiben verboten hat, wegen der Gefahr des Abweidenlassens. Den Bauern steht also frei, entweder sich mit dem Gutsherrn jedesmal zu streiten, oder das Vieh auf dem Lande des Gutsherrn weiden zu lassen. Sie ziehen naturgemäss das Letzte vor. Durch den Mangel an Geld werden sie gezwungen, für das ihnen zugewiesene Weiderecht verschiedene Arbeiten auf der Gutswirtschaft zu leisten. Der Gutsherr aber nützt die bedrängte Lage der Bauern aus und fordert unverhältnismässig grosse Arbeitsleistungen. So z. B. beträgt bei anderen Gutsherren der Entgelt für Hutweide bei einem 5 Rubel, bei dem anderen das Einbringen des Getreides von Ufo Dess. Dieser Gutsherr fordert aber das Einbringen des Getreides von 2 Dess. und einen Tag lang Heu auf Haufen zu setzen. (Siehe die Materialien des Bodenkatasters im Gouv. Cherson, Kr. Elisabethgrad, B.V.) I