4 Unter den vielen Äusserungen, welche ans den letzten Jahren zum Thema der Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion vorliegen, ist besonders eine Auslassung M. Delbrücks viel bemerkt worden, der in wenigen Worten und noch weniger Ziffern den ganzen Fortschritt in der landwirtschaftlichen Entwickelung des vorigen Jahrhunderts darzustellen sucht. 1 ) Greifen wir nur diejenige Stelle heraus, welche für unsere Frage am meisten in Betracht kommt, so sagt D.: „Wenn man die Geschichte einzelner Gutswirtschaften heranzieht, so ist es kein Zweifel, dass die Er zeugung von Getreide auf dem Morgen sich in diesen 100 Jahren ver doppelt hat. Diese Verdoppelung ist nicht erzielt durch eine Vergrösserung der Anbaufläche, sondern durch verbesserte Kultur. Gewiss soll die Neu kultivierung von Grund und Boden, die Herbeiziehung der Moorkultur nicht gering angeschlagen werden, aber der eigentliche Erfolg liegt in den Verbesserungen der Kulturmethoden selbst. Zu dieser Mehrproduktion in Körnerfrüchten ist hinzuzureehnen die ganze Ernte unserer Hackfrüchte, wenigstens derjenigen, die die Hauptmasse ausmachen — der Kartoffeln und der Rüben. Der Anbau beider, noch im 18. Jahrhundert begonnen, ist doch ein ausschliesslicher Erfolg des neunzehnten. Ihr Anbau bis zur jetzigen gewaltigen Ausdehnung konnte ermöglicht werden ohne eine wesentliche Verringerung des Areals für Körnerhau, denn ihnen fielen zu die Flächen, welche durch die Überwindung der Brachwirtschaft frei wurden. Hierin liegt die ungeheure Bedeutung des Hackfruchtbaues, denn wenn man die Trockensubstanz, welche durch ihre Ernte dem Felde abgerungen wird, vergleicht mit der Menge des Stoffes, welche der Getreideanbau liefert, so sind die Summen fast gleich. Getreidebau und Hackfruchtbau liefern die gleiche Summe an Nährsubstanz. Hat die Körnerernte sich verdoppelt, wird binzugefügt der Hackfruchtbau, ein reiner Zuwachs und in der Substanzmenge der Körnerernte gleich, beide zusammen die Hauptmasse des Pflanzenbaues darstellend, so ist das Ergebnis: die landwirtschaftliche Produktion im Pflanzenbau hat sich im vergangenen Jahrhundert ver vierfacht.“ D. nimmt hier ganz allgemein an, dass sich die Erzeugung von Getreide auf dem Morgen in den letzten 100 Jahren verdoppelt hat, und beruft sich dafür auf die Geschichte einzelner Gutswirtschaften. Wir besitzen nicht viel derartige Einzeldarstellungen; wohl die meisten derselben (von 26 Gütern) hat bereits P. Wagner 2 ) in seiner Dissertation berück sichtigt und berechnet, dass die durchschnittliche Ertragssteigerung auf den verglichenen Gütern betrage: bei Weizen das 1,50fache, Roggen 1,63, Winterung zusammen 1,57 fache, bei Gerste 1,64, Hafer 1,96, Sommerung zusammen 1,80 fache. Dieses Resultat weicht also nicht un erheblich von der D.sehen Annahme ab. Wenn ferner die Neukultivierung von Grund und Boden, die Herbeiziehung der Moorkultur nicht gering 0 Die deutsche Landwirtschaft an der Jahrhundertwende. Festrede gehalten in der Königlichen Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin am 12. Januar 1900. Verlag von P. Parey in Berlin. -) Die Steigerung der Roherträge in der Landwirtschaft im Laufe des 19. Jahr hunderts. Jena 1896.