39 über den niedrigen Stand der damaligen Tierhaltung. Beispiele von besserer Haltung und Pflege der Tiere, von Putterbau und Sommerstallfütterung werden allerdings hier und da angeführt, gehörten aber zu den Ausnahmen. Unter solchen Verhältnissen konnte natürlich die Kraftleistung der Tiere und ihre Ergiebigkeit an Fleisch, Milch usw. keine grosse sein. Thaer sagt an einer Stelle 1 ) ausdrücklich: „Das aus Mangel an Weide kraftlose Zugvieh vollbrachte sehr wenig Arbeit an einem Tage.“ Das Gewicht, welches die einzelnen Tiere erreichten, war vielfach ein unglaublich kleines. So berichtet Schwerz 2 ) von dem Kindvieh in der Eifel: „Eine magere Kuh wiegt 150—200 Pfund, ein Ochse bis 300 Pfund“; in den Grafschaften Tecklenburg und Lingen: „Die allergrössten Kühe mögen 250—300 Pfund wiegen“; im Fürstentum Münster: „Das hiesige Vieh gehört zu der kleinsten Höhenrasse. Eine Kuh wiegt fett 300 Pfund“; im Fürstentum Paderborn: „Bei den gewöhnlichen Bauern wiegt eine Kuh zwischen 2 und 300 Pfund, auf den Ökonomien 4—600 Pfund“; am Khein und an der Mosel, wo Stallfütterung schon sehr verbreitet war: „Das Gewicht einer schlachtbaren Kuh geht in der Regel nicht über 3—400 Pfund. Die von 5—600 sind Ausnahmen. Die Ochsen wiegen zwischen 5—700 Pfund.“ Nur im Herzogtum Jülich, „der vorzüglichsten Ackerprovinz diesseits der Weser“, kam eine schlachtbare Kuh im Durchschnitt auf 450—600 Pfund. Auch in Kleve, Geldern und Mörs erreichten die Kühe ein höheres Gewicht, 4—500 Pfund, von Fettweiden auch wohl 6—700. Diese Angaben be treffen das Vieh in Westfalen und Rheinpreussen. Bezüglich Norddeutsch lands schreibt Thaer 3 ) folgendes: „Wir nehmen Kühe von der gewöhn lichen Höhe- oder Landrasse des nördlichen Deutschlands, solche aber unverkrüppelt und ausgewachsen an. Eine Kuh dieser Art wiegt in dem Zustande, worin sie sich auf einer gehörigen Weide befindet, lebendig 400 Pfund und wenn sie geschlachtet wird, 220 Pfund an Fleisch. Sie gibt 300 Tage im Durchschnitt 2 l / 2 Quart Milch oder jährlich 750 Quart (859 1) und daraus 62 Pfund (29 kg) Butter neben Käse, Molkenabfall und Kalb.“ Die Worte „worin sie sich auf einer gehörigen Weide befindet“ lassen vermuten, dass die Ziffern Thaers wahrscheinlich noch über dem Durch schnitt stehen; denn wie wir oben sahen, waren die Weiden bezw. die sonstige Ernährung des Viehes meist nicht „gehörig“. Dieterici nahm nach den Ergebnissen der Akzise für den ganzen preussischen Staat im Jahre 1802 als durchschnittliches Schlachtgewicht (Fleisch, Knochen und Fett, mit Ausnahme der Füsse, des Darmfettes und der Eingeweide) an: bei einem Ochsen 300 Pfund, Kuh 200, Stück Jungvieh 100, Kalb 24 Pfund. 4 ) Man kann nach alledem sagen, dass das durchschnittliche Lebendgewicht einer Kuh vor 100 Jahren kaum 400 Pfund erreicht hat. Dagegen hatten die 10458631 Kühe, welche die Viehzählung von 1900 in Deutschland er mittelt hat, ein Gewicht von 4592378,5 Tonnen, die einzelne Kuh wog 0 Anna! Jahrg. 1811, S. 453. 2 ) Beschreibung der Landw. in Westfalen und Rheinpreussen. Stuttgart 1836 II S. 143; I, S. 119; I, S. 148, 360; H, S. 204, 100. 3 ) Ausmittelung des Reinertrages der produktiven Grundstücke. Berlin 1813. S. 91. 4 ) Vergl. Schmoller, Die Grösse des preussischen Viehstandes, a. a. 0. S. 749.