28 518 Ubergangsstadium schließlich zur vollen Sonntagsruhe führen wird. Da freiwillige Vereinbarungen der Kaufleute niemals lange gehalten werden, so ist eine gesetzliche Regelung am Platze. Die Gewerbeordnungsnovelle vom Jahre 1891 bedeutet, so weit die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe in Betracht kommt, nur ein Kompromiß. Aus den Verhandlungen, die damals im Reichstage stattfanden, geht klar hervor, daß die Regierung eine möglichst vollständige Sonntagsruhe haben wollte, und von der preußischen Regierung muß lobend hervorgehoben werden, daß sie, soweit es in ihrer Macht stand, wenigstens eine Beschäftigung bis in den tiefen Nachmittag hinein zu verhindern versucht hat. 13 Jahre sind seitdem verflossen, die als genügend lange Ver suchszeit gelten können. Der Versuch der Teilsonntagsruhe ist ge lungen. Auch die ganze Sonntagsruhe wird gute Ergebnisse zeitigen; sie wird zu größerer körperlicher, sittlicher und geistiger Gesundheit aller Glieder des deutschen Kaufmannsstandes bei tragen. Denn den Einwand, daß die größere Freiheit am Sonn tage die jungen Leute zur Völlerei und zu Unfug verleiten werde, kann man nicht ernst nehmen. Ist es doch eine bekannte Tatsache, daß sich gerade diejenigen Menschen den verwerflichsten Genüssen hingeben, deren Sinn und Herz durch lange angestrengte Arbeit abgestumpft ist. Die Angestellten und die selbständigen Kaufleute, die bereits heule sich voller Sonntagsruhe erfreuen, sind doch wahr lich nicht schlechter als ihre in dieser Hinsicht weniger begünstigten Kollegen. Grundsätzlich wird natürlich der Einwand gemacht, der Handel vertrage keinen polizeilichen Eingriff, mit der Hemmung der freien Bewegung werde ihm der Lebensnerv abgeschnitten. Noch immer, wenn es sich um Schutzgesetze handelte, haben wir diesen Einwand gehört, und noch immer hat er sich als unberechtigt erwiesen. Die Sonntagsruhe kommt nicht nur den Angestellten, sondern auch dem Prinzipal zustatten. Ist sie einmal eingeführt, so werden sich die Gegner von heute in Freunde wandeln.