6 II Die Fabrikation. Die Industrie optisch-photographischer Bedarfsartikel ist, wenn sie auch naturgemäß an Umfang nicht mit den großen Industrien, wie es z. B. die Textil- und Eisenindustrie sind, konkurrieren kann, doch in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Sind doch heute Optik und Photographie auf allen Gebieten der Wissenschaft, der Kunst und der Technik von größtem Wert und Einfluß. Wer daher die volkswirtschaftliche Bedeutung des deutschen Handels mit optisch photographischen Artikeln festzustellen sucht, der muß auch, will er ein richtiges Bild gewinnen, der umfangreichen und weitverzweigten Industrie gedenken, in deren Werkstätten das geistige Schaffen der Erfinder und Entdecker zur Tat ward und deren Betriebe in Ver bindung mit dem Großhandel vor dem Kriege nicht zuletzt ihr Teil zu dem wirtschaftlichen Aufschwung Deutschlands und zu seiner Ent wicklung zu einem der ersten Industriestaaten der Welt beigetragen haben. Die deutsche optisch-photographische In dustrie ist noch verhältnismäßig jung. Wenn auch vielfach Deutsche es waren, die den Grund legten für wissenschaftliche For schungen auf dem Gebiete der Optik, so hatte doch lange Zeit die Präzisionstechnik Englands und Frankreichs einen bedeutenden Vor sprung und konnte fast ausschließlich den Bedarf der Welt an optisch- photographischen Artikeln decken. Bis in die achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts waren brauchbare optische Gläser nur in Paris, Birmingham und Manchester zu erhalten, und erst mit der Einführung der Jenenser optischen Gläser begann eine neue Aera für die deutsche Optik. Die Studien über die Abhängigkeit der optischen Eigenschaften von der chemischen Zusammensetzung des Glases, die Fraunhofer nach Newtons Arbeiten wieder aufgenommen hatte, wurden zwei Menschenalter später durch Dr. Schott und Professor Abbe fort gesetzt und bildeten den Ausgangspunkt der neuzeitlichen Glasfabri kation in Jena. Auf Grund dieser Arbeiten war es möglich, optische Gläser von ganz neuer Zusammensetzung und noch nicht dagewesenem Brechungs vermögen zu liefern. Die neue Glasart machte es der Optik möglich, in ihren Berechnungen neue Bahnen einzuschlagen und Instrumente zu konstruieren, die nach jeder Richtung hin alle Erwartungen über trafen. Die Fabrikation der optischen Instrumente, die Gegenstand des Handels sind, umfaßt hauptsächlich neben Brillen, deren Pro duktion fast ausschließlich in der deutschen Brillenstadt Rathenow