Die Frage der Gesamtorganisation des britischen Weltreiches ist von Jahr zu Jahr brennender geworden, die besten Köpfe haben sich an ihr versucht und sie doch nicht lösen können. Ja statt gefördert zu werden, schien sie sich immer unlösbarer zu gestalten. Ein förm licher Klimax der Schwierigkeiten entstand mit dem Abschluß des kanadisch-amerikanischen Gegenseitigkeitsvertrages, der dem System der Zollbevorzugung zwischen Mutterland und Kolonien ein Ende gemacht hätte. Und während dessen Schicksal durch die auf den 21. September 1911 angesetzte Neuwahl des kanadischen Parlaments in der Schwebe gehalten wurde, tagte in London die Imperial- Conference, die Reichskonferenz, deren Beratungen keine Annäherung an die Lösung des allbritischen Problems brachten, vielmehr die Gegensätze noch deutlicher enthüllten als zuvor; die politischen, denn mit der Zollfrage hat sich die Konferenz so gut wie gar nicht beschäftigt. Nicht die Konferenz hat irgend eine Wendung gebracht, wohl aber die kanadische Pariaraentswahl, denn diese hat mit einem glänzenden Siege der schutzzöllnerisch-konservativen Partei geendet, so daß die Verwerfung des Gegenseitigkeitsvertrags mit den Vereinigten Staaten gewiß ist. Die liberale Regierung Sir Wilfrid Lauriers tritt zurück und ihre Nachfolgerin wird die Schutzzölle, gemildert durch die den englischen W r aren eingeräumten Vorzugszölle, aufrecht erhalten. Was zollpolitisch daraus hervorgehen wird, ob die Vereinigten Staaten zu ihrer Kampfzollpolitik zurückkehren werden, steht dahin; es liegt außerhalb des Rahmens dieser kleinen Schrift. Zur eigent lichen Frage ist die politische Organisation des Weltreichs geworden, diese aber ist durch den Sturz des Laurier-Kabinetts noch nicht gelöst. Mag das nachfolgende Ministerium Borden in dieser Hinsicht mehr guten Willen haben, als der allmählich immer partikularistischer gewordene Laurier, die sachlichen Schwierigkeiten sind noch nicht einmal im Projekt überwunden, geschweige denn durch Übereinstimmung der Regierung des Mutterlandes mit denen der Dominions. Daran hat auch die Reichskonferenz nur in Nebensachen etwas ändern können. Das britische Weltreich ist eine Erscheinung ohne Gleichen in der ganzen Geschichte. Wechselnden Anforderungen ist es durch Umgestaltungen gerecht geworden und alle, die an seiner Erhaltung und Ausbildung mitarbeiten, sind bereit, die Erfahrung auf sich wirken zu lassen, um sie für Gegenwart und Zukunft nutzbar zu machen. Von Stagnation oder willenlosem Treibenlassen ist keine Rede. Das Reich ist entstanden in einer beispiellosen Fülle glücklicher Vorbedingungen, unter denen die unaufhörliche Selbstzerfleischung 1*