— 2 — des wirtschaftlichen Liberalismus fand noch überall, bewußt und unbewußt, ein Eingreifen der Obrigkeit in das Wirtschaftsleben statt. Die englische Wirtschaftspolitik war auch während der unbedingten theoretischen Herr- schaft des Freihandelsprinzips in ihrem Wesen nationalistisch; und wie später unter scheinbarer Wahrung des Prinzips in Wahrheit eine Politik der Pro- tektion getrieben wurde, ist zu bekannt, um im einzelnen nachgewiesen werden zu müssen. Der Wechsel in der Mischung der freiheitlichen und zwangsmäßigen Bestandteile in den tatsächlichen historischen Gestaltungen der Wirtschafts- ordnung kommt regelmäßig daher, daß die jeweils am Ruder befindliche Partei ihr Prinzip für das allein berechtigte zu halten geneigt ist, des Guten in ihrem Sinne zuviel tut und schließlich ins Extrem verfällt. Dadurch ruft sie ganz von selbst die Reaktion gegen das von ihr vertretene System wach. Der Anhang der entgegengesetzten Partei wächst. Die Kritik des nunmehr als verfehlt und veraltet geltenden Systems wird kühner, die Empfehlung des neuen Systems wird eindrucksvoller, sie gipfelt in den Versprechungen alles dessen, was es im Gegensatz zum Vorgänger leisten werde. Je neuer das Neue erscheint, desto mehr hat es Aussicht den politischen Sieg davonzutragen. Ist dieser errungen, so beginnt das Spiel wieder. Dasselbe Stadium wird durchlaufen, bis das Neue wieder alt geworden und, wenn die Zeit erfüllt ist, wiederum ein Wechsel der Szene erfolgt. So wogt das politische Leben in ewigem Wechsel hin und her; es pendelt um eine gesuchte Gleichgewichts- lage, kommt aber nie zur Ruhe. Nie wird die Menschheit in ihrem Suchen nach der besten Politik einstimmig zum Augenblicke sagen: Verweile doch, du bist so schön; denn das würde das Ende ihres Lebens bedeuten. Zur Änderung des Systems der Wirtschaftspolitik sind naturgemäß diejenigen Zeiten besonders geneigt, in denen größere Veränderungen auf dem Gebiete der Technik, des Verkehrs, des Siedlungswesens vor sich gehen oder in denen sich neue politische Gebilde gestalten, was in der Regel in Wechselwirkung mit jenen technisch-wirtschaftlichen Wandlungen geschieht. Solche Zeiten bezeichnen dann die großen Epochen der Wirtschaftsge- schichte, nach denen sie in Perioden geteilt erscheint. Doch auch inner- halb dieser hört das Wechselspiel niemals auf, nur sind die Wellen hier, zumal in den älteren Zeiten, oft unmerklich flach, sodaß wir den Eindruck einer durch Jahrhunderte nahezu gleichbleibenden Organisation erhalten. Versuchen wir nun dieses Wechselspiel uns an dem tatsächlichen Verlauf der Geschichte zu veranschaulichen. Im Anfang der Entwicklung haben wir uns eine Mannigfaltigkeit von Familienwirtschaften zu denken, die im Inneren kommunistisch organisiert, miteinander in einem, nur durch die Sitte, nicht durch Gesetze beschränkten Verkehr von geringfügigem Umfang stehen. Als dann der m