383 37 Metallarbeiter, 16 Textilarbeiter und zwei Bergleute gaben an, Friedrich Nietzsche gelesen zu haben, eine Angabe, der zuerst eine gehörige Portion Skeptizismus entgegengebracht wurde. Eine Nachprüfung erfolgte in allen diesen Fällen, und die Wahrheit der Angaben fand in vollem Maße Bestätigung. Ein von der Natur etwas vernachlässigter Metallarbeiter offen bart auf meine Anfrage, wie er zu Nietzsche gekommen, auf ca. ioo Seiten seine ganze Weltanschauung. Einige Stellen daraus: „Das erste Philosophische, was ich las, stammte aus Schillers Prosaschriften. Ich las dann hin und wieder philoso phische Aufsätze in Revuen und wurde dadurch auf Schopen hauer und Nietzsche aufmerksam, auf ihre Gegensätzlichkeit wie Willens- und Lebensvemeinung, und ihr Gegensatz, die glühendste Lebens- und Willensbejahung usw. Es drängte mich nun, die Sache näher kennen zu lernen und versuchte ein Werk Schopenhauers aus der Volksbibliothek zu bekommen. Da es nicht vorhanden, empfahl man mir ein anderes, welches alle Lehren Schopenhauers in sich vereinige. Ich las einen Teil von Parerga und Paralipomena. Es ist das Einzigste geblieben, Was ich von ihm gelesen habe. Will nicht behaupten, daß ich damals alles verstanden habe. Nur einige Hauptpunkte sind mir noch lebendig wie: Was einer ist, was einer hat und was einer vor stellt. Willensbejahung ist gleichbedeutend mit Leidensbe jahung. Darum Askese auf allen Gebieten. Bald nach Oben genanntem las ich Nietzsches Zarathustra, und ich kann ge trost sagen, er ist ein neuer Wendepunkt meiner geistigen Ent wicklung geworden. Ich will nicht behaupten, ich habe Nietz sche in alle Abgründe und Tiefen seiner Philosophie folgen können. Vorerst reizte mich lediglich der lyrische Schwung, ein rein artistisches Vergnügen. Da ich ihn mir nicht kaufen konnte, schrieb ich mir Auszüge daraus ab. Dann wirkte er auf meine Willensrichtung. Wieso, werde ich kurz darlegen. Bis jetzt hatte ich alles nur betrieben um meiner selbst willen, ohne Ziel. Das Ganze ging in meinem Geist vor, in meinem Hirn, während meine materiellen und körperlichen Verhält nisse, in denen ich leben mußte, elende waren. Ich war immer, nicht zu vergessen, Ausschußware, Krüppel, ausgeschlossen von den außergeistigen Lebensgenüssen. Und diese waren, da ihnen immerhin elementare Grundlagen fehlten, mehr Raub als dau