<1 — 93 — Vernichtung droht. Unser kleiner Freistaat hat sich eine riesige Zinsenlast aufgebürdet, seine Häfen bieten den anlaufenden Schiffen alle möglichen Erleichterungen, und eifersüchtig wacht man darüber, die Lösch- und Ladeeinrichtungen auf das vollkommenste auszu- 4 bilden und auf der Höhe der modernsten Technik zu halten. In dieser Hinsicht hat man es an nichts fehlen lassen. Was aber fehlt, das ist eben ein genügender Warenverkehr. Nur er vermag den toten Einrichtungen Leben und Gesundheit einzuhauchen. Nur wenn die Verkehrseinrichtungen ausgenutzt werden, erfüllen sie ihren Zweck und helfen die Lasten des Staates erleichtern, während -sie ihn andernfalls erdrücken. Und je größer der Verkehr ist, desto niedriger können die Abgaben bemessen werden, desto mehr Anreiz ist da für einen neuen Verkehr. Der diesen Verkehr aber schaffen muß, ist der Kaufmann. Daß Bremen besonders im letzten Jahrzehnt mit seiner natür lichen und stärksten Gegnerin, Hamburg, nicht gleichen Schritt zu halten vermochte, dafür sind genug Beweise angeführt. Da an dem Vergangenen aber nichts mehr zn ändern ist, da Hamburg nun einmal diese erdrückende Übermacht erlangt hat und seinen Vorsprung noch mit Riesenschritten vergrößert, ist die Gefahr vorhanden, daß Bremen immer mehr und immer schneller ins Hintertreffen gerät. Denn je mehr ein Handelsplatz aufblüht, mit um so größerer, gleichsam magnetischer Kraft zieht er Handel und Wandel an, macht er sich ein stets weiter sich ausdehnendes LIinterland wirtschaftlich untertan. In ihm vereinigen sich wie in einem Brennpunkte alle Strahlen, Nähe und weltweite Ferne be gegnen sich in ihm und finden Berührungspunkte, die sie in abseits liegenden Städten nicht finden können. Bremens Stellung als Welthandelsstadt, ja sogar als deutsche Großstadt ist also ernstlich bedroht. Geht die Entwicklung in derselben Art und in demselben Fluß vonstatten wie seit zwanzig Jahren, so werden schon unsere Söhne nicht mehr Bürger einer Stadt sein, die mit berechtigtem Stolze ihre Flagge in den fernsten Fläfen zeigt. Wie einst Lübecks und Brügges Macht verschwand, nur schneller, so wird dann auch Bremens Bedeutung zusammengeschmolzen sein. 4 Es ist eine unbestreitbare Tatsache, daß der Kaufmannshandel verhältnismäßig zurückgeht. Immer mehr wird er in seinen Be wegungsgrenzen eingeengt, immer mehr sucht man ihn zu über gehen. Bei den großen, trustartigen Unternehmerverbänden, die selbst den Kleinverschleiß in ihre Hand zu nehmen trachten, bei den Binnenlandsfabriken, die auf direkten Einkauf der von ihnen