181 gekennzeichnet, zwischen jenen Handlungen, die dem freien Willen des Einzelnen unterliegen, und solchen, die in die Sphäre der regu lierten Lebensführung des Staatsbürgers einbezogen werden sollen, zwischen Individualismus und Sozialismus, prinzipiell zu unterschei den, aber immer ist dieses Unternehmen mißglückt. Dank seiner Auf fassung vom Individuum vermeidet der Sozialist das Dilemma, das, wie man uns so oft erzählt hat, jeden erwartet, der Freiheit und Re gierung versöhnen will. Der Sozialist betrachtet das Individuum nur dann als etwas Vollständiges, wenn seine sozialen Beziehungen in seine persönlichen Ziele eingeschlossen werden. Freiheit bedeutet für je mand sowohl die Fähigkeit, in dem Komplexe seiner sozialen Bezie hungen zu wirken, als auch die Möglichkeit, sein eigenes Selbst zu sein. Tatsächlich sind jedoch diese beiden „Ziele“ überhaupt keine Ziele, sondern nur Seiten eines und desselben Zieles. Nun entwickeln sich aber die sozialen Verhältnisse eben dahin, das Überleben jenes Menschen typus zu sichern, der für die gemeinsame Arbeit taugt, sich hierfür eignet. Fähigkeit in der Konkurrenz schafft sich als Instrument eine Organisation — z. B. die Trusts —, die bei dem angedeuteten Men schentypus ein höheres Organisationsprinzip erheischt, z. B. den Sozia lismus. Auf diese Weise wird eine Fähigkeit kooperativ zu schaffen statt zu konkurrieren nicht allein ins Leben gerufen, sondern praktisch verwertet. Die Konkurrenz endet in der Genossenschaft, und die wirk liche Freiheit enthüllt sich. So können wir in folgenden Sätzen unsern Gedanken zusammen fassen: Das Individuum ist nur insofern frei, als ihm seine Verhält nisse gestatten, frei zu sein. Die Freiheit, die in der Macht besteht, sein eigener Herr zu sein, d. h. über Eigentum zu verfügen und über sein Gewissen und Denken zu gebieten, muß von sozialen Regeln be schirmt werden, weil sie keine dauernden Grundlagen haben kann, wenn ihre Bedingungen von einer Klasse abhängen. Die wirtschaft lichen Bedingungen der Freiheit davor zu schützen, daß sie unter die Kontrolle von wenigen geraten, wird die charakteristischsten Hand lungen des sozialistischen Staates bestimmen \ 1 Sir J. F. Stephen legt in seinem Buche: Liberty, Fraternity, Equality dar, Freiheit bedeute, daß man ungehindert Eigentum bis zu jeder beliebigen Höhe erwerben könne; deshalb sei die Freiheit der Gleichheit entgegengesetzt. Die einfache Überlegung aber sagt schon, daß eine solche Freiheit sowohl die Nega tion der Freiheit wie der Gleichheit wäre.