18 ständiges Fiasko erlitt. Kein einziges Pud konnte damals die in St. Petersburg dazu speziell gegründete Gesellschaft liefern, obwohl die Regierung einen höheren Preis von 5 Rbl. Papierwährung (1,43 Rbl. Silber) für die bestellten Schienen bestimmte 1 . Nicht besser war es auch mit der im Jahre 1852 begonnenen St. Peters burg—Warschauer Linie. Die Lieferung von 3950000 Pud Eisen schienen wurde zuerst vier großen Uralfirmen aufgegeben; da aber die Schienenwalzung spezielle Einrichtungen, geschicktes Personal, neues Anlagekapital erforderte, hatten zwei von diesen Firmen die Bestellung abgelehnt, für zwei andere wurde die Bestellung ver mindert und die von ihnen hergestellten Schienen wurden für eine andere Linie bestimmt 1 2 . Alle diese Schwierigkeiten und besonders die großen Produktionskosten bei der heimischen Schienenproduktion und damit die hohen Preise zwangen die Regierung, bei der Her stellung des Eisenbahnnetzes von Anfang an sich an die ausländischen Eisenproduzenten zu wenden. Sie erteilte seit dem Jahre 1850 den Eisenbahngesellschaften die Erlaubnis, die Eisenbahnmaterialien zoll frei aus dem Auslande zu beziehen, was massenhafte Eiseneinfuhr nach Rußland zur Folge hatte. Selbst die Uraleisenbahn, welche überreiche Eisenerzlager durch querte, wurde mit ausländischen Schienen gebaut. Die ersten russischen Eisenbahnlinien bestanden beinahe ausschließlich aus ausländischen Materialien. Seit dieser Zeit vollzog' sich auch eine allgemeine Veränderung der russischen Eisenzollpolitik. Von den prohibitiven Tarifen des ersten Viertels des 19. Jahrhunderts ging die Regierung allmählich immer mehr zur Zollermäßigung über. Besonders liberal in diesem Sinne war der Tarif vom Jahre 1857, der die Einfuhr beinahe aller Sorten von Eisen fast zollfrei erlaubte. Obwohl diese Eisenzollherabsetzungen in gewissem Maße auch durch die damals populäre Freihandelstheorie beeinflußt wurden, lag doch der Hauptgrund hierzu in den erwähnten Bestrebungen der Regierung, das Eisenbahnnetz möglichst schnell zu vergrößern, dessen Notwendigkeit für das Reich besonders durch die Krimniederlage in helles Licht gesetzt worden war. Relativ rasch entstand eine be deutende Zahl von Eisenbahnen, deren Bedeutung selbstverständlich über die kriegerischen Zwecke der Regierung weit hinausgeht und für die kapitalistische Entwicklung Rußlands überhaupt und seiner Eisenindustrie insbesondere'sehr in Betracht kommt. Im Jahre 1861 betrug die Gesamtlänge der russischen Bahnen nur 2065 Werst, im Jahre 1878 dagegen schon 20938 Werst 3 . 1 Brandt, a. a. O., S. 16. 2 Brandt, a. a. O., 8. 18. 3 Tatsachen d. Staatskontrolle über Eisenbahnen für 1907, S. 88, (russisch).