IV. Das Handwerk. 1. Vom Hausfleiß zum Handwerk. Trotz ungenügenden Tatsachenmaterials muß man versuchen, die Frage nach der Entstehung des Handwerks zu beantworten. Die Aufeinanderfolge der gewerblichen Betriebssysteme vom Hausfleiß bis zur Fabrik wird als Allgemeingut der Wissenschaft betrachtet. Aber in einigen Ländern „ist man nur vereinzelt bis zur Stufe des Handwerks gelangt. Sie haben bis in die neueste Zeit auf der Stufe des Hauswerks und des Wandergewerbes verharrt. Sie zeigen hie und da Anfänge des stehenden Lohnwerks; aber es schiebt sich sofort über diese primitive Gestaltung der Stoffveredelung die allermodernste des Verlags- und Fabriksystems, ohne daß die Mittelstufe des Hand werks durchschritten wurde“ 1 ). Eben dieses Spezifikum veranlaßt folgende Ausführungen trotz aller Unzulänglichkeit in der Beweis führung, um wenigstens ein einigermaßen klares Bild von der Ent wicklung des Gewerbes in einer der europäischen Kultur spät er schlossenen Gegend zu bieten. Das fundamentale Prinzip der alten geschlossenen Hauswirtschaft, sich mittels Eigenproduktion selbst zu genügen, scheint schon frühzeitig zum Teil durchbrochen worden zu sein. Die große Verschiedenheit der natürlichen Bodenbeschaffenheit und als Folge davon der Mangel an verschiedenen Rohstoffen zwang zum Tausch und damit bald zu einer Spezialisierung der Hauswirtschaft. In den Gegenden, wo ein bestimmter Rohstoff vorhanden war, bildeten sich spezielle Techniken aus. Denn falls nur die Kenntnis der Verarbeitung von Ton, Steinen und Binsen bei den Bewohnern vorhanden ist, wird die Produktion von Gegenständen aus diesen Rohstoffen, solange die Transportmittel rückständig sind, meist in den Gegenden vorgenommen, in deren Nähe sie sich befinden. Diese Tatsache läßt sich noch heute in derWalachei beobachten. Trotz der großen Verbreitung des Tons wird die Töpferei meist in denjenigen Gegenden betrieben, wo sich der beste Ton befindet 2 ). Ebenso verhält es sich im großen und ganzen mit der Korb- und Mattenflechterei 8 ). *) Karl Bücher, Hilwb. d. St.., 3. Auf!., S. 877. 2 ) In 10 von 17 Bezirken werden Töpfe hergestellt, davon sind die größten Agrarbezirke ausgenommen. Vergl. „Gewerbeenquete“ a. a. O., S. 304/305. 3 ) Ebenda S. 346—349 und 308 — 309.