15 recht schroffe Verurteilung der Adam Smithschen Kapitalstheorien: erstens auf die Begründung des Kapitalzinses, d. h. auf die Frage, inwiefern das Kapital produktiv sei, und zweitens auf die Quelle, aus der der Kapitalgewinn des Unternehmers stammt. Recht geben können wir Böhm-Bawerk nur darin, daß Adam Smith sich mitunter einer etwas ausführlicheren und deutlicheren Ausdrucksweise hätte bedienen können, um alle Mißverständnisse auszuschließen, aber in der Sache an sich können wir uns mit seinen Einwendungen nicht einverstanden erklären. Der erste Vorwurf, den er Adam Smith macht, lautet 1 ), Smith habe überhaupt keine bestimmte Kapitalzinstheorie aufgestellt, sondern behauptet, der Zins sei nur daraus zu erklären, daß der Kapitalist sonst kein Interesse daran hätte, sein Kapital in der produktiven Be schäftigung von Arbeitern zu verwenden. Aus den von Böhm- Bawerk angeführten Stellen des „Wealth of Nations“ läßt sich dem nichts entgegenstellen, er hat aber die Stelle übersehen, in der Adam Smith den wahren Grund des Kapitalzinses, der in der Produktivität des Kapitals liegt, angibt, allerdings sehr kurz und ohne dies näher zu betonen. Diese Stelle findet sich im ersten Kapitel des ersten Buches 2 ). Wir meinen die Worte: „Drittens und letztens muß jeder sehen, wie sehr die Arbeit durch Anwendung geeigneter Maschinen abgekürzt wird.“ — Maschinen hier natürlich im weitesten Sinne des Wortes— 8 ). Hierin, in der Erleichterung und Abkürzung der vorher nötig gewesenen Arbeit durch die Maschinen, d. h. des Kapitals, liegt die Begründung des Kapitalzinses. Danach ist es natürlich nur selbst verständlich, daß der Eigentümer des Kapitals für dessen produktive Tätigkeit einen Gew'inn erhält. Böhm-Bawerk hat somit den vor letzten Grund für den letzten angesehen und so dem Adam Smith eine Kapitalstheorie zugeschrieben, die auf derselben Stufe wie die Turgotsche stehen würde 4 ); die oben aus dem ersten Kapitel zitierte Stelle beweist aber die Unhaltbarkeit seiner Vorwürfe. *) v. Böhm-Bawerk, Geschichte und Kritik der Kapitalzinstheorien, Innsbruck 1884, S. 81. 2 ) Smith, a. a. 0., I, 11 Zeile 20, S. 13 Zeile 19 ff. s ) Ders., a. a. 0., I, 13. 4 ) Turgot, a. a. 0., § 74: „Der Kapitalist kann den Zins fordern aus dem Grunde, weil sein Geld ihm gehört; .... nichts verpflichtet ihn es auszuleihen; wenn er es dennoch ausleiht, so kann er es unter jeder Bedingung tun, die ihm paßt.“ Böhm-Bawerk (Smith) a. a. 0., S. 81: „Ein Kapitalgewinn muß existieren, weil sonst der Kapitalist kein Interesse daran hätte, sein Kapital in der produktiven Beschäftigung von Arbeitern zu verwenden.“