Object: Der mitteldeutsche Industriebezirk

b) Wirkerei und Strickerei 
Die Wirkerei und Strickerei gibt an wirtschaftlicher Bedeutung 
der Baumwollindustrie in Mitteldeutschland nur wenig nach. Man 
wird die in ihr beschäftigte Arbeiterzahl zurzeit vielleicht auf 
100000. Schätzen können, von denen 5/ (85 0ooo) auf Sachsen, der 
Rest (15000) auf Thüringen entfallen. Man kann mehrere Mittel- 
punkte, allerdings von sehr verschiedener wirtschaftlicher Bedeutung, 
unterscheiden. Weitaus an erster Stelle steht Chemnitz; man darf 
annehmen, daß etwa 35-—40 Proz. der gesamten Wirkerei!) Mittel- 
deutschlands auf Stadt und Amtshauptmannschaft Chemnitz ent- 
fallen. Von hier aus hat sich die Wirkerei aber auch bereits auf 
die Nachbarbezirke, hauptsächlich die Amtshauptmannschaften Roch- 
litz, Flöha, Stollberg, Marienberg, ausgedehnt. Ein zweites wesent- 
lich kleineres Zentrum liegt in der Amtshauptmannschaft Glauchau. 
Wenngleich die Entwicklung dieses Bezirkes mit dem Chemnitzer 
nicht hat Schritt halten können, so sind doch in der Amts- 
hauptmannschaft Glauchau auch rund 1ı2000 Arbeiter mit der 
Wirkerei beschäftigt, und da diese Amtshauptmannschaft dem 
Chemnitzer Bezirk benachbart ist, kann man von einem einheitlichen 
großen Verbreitungsgebiet der sächsischen Wirkwarenindustrie 
sprechen, das von der thüringischen Grenze im Westen bis nach 
Freiberg im Osten reicht. Der Mittelpunkt der thüringischen Wirk- 
warenindustrie ist die Stadt Apolda nebst Umgebung; kleinere 
Mittelpunkte bilden Mühlhausen und die im Landkreis Greiz ge- 
legene Stadt Zeulenroda. Außerhalb der bisher genannten Bezirke 
hat die Wirkwarenindustrie nur geringe Verbreitung; doch ent- 
stehen in Zeiten von Hochkonjunkturen, die gerade in einzelnen 
Zweigen der Wirkwarenindustrie (Apoldaer Phantasiewirkwaren) 
besonders ausgeprägt auftreten, auch andernorts zahlreiche Be- 
triebe, die dann allerdings in großem Umfange dem früher oder 
später folgenden Konjunkturrückschlag zum Opfer fallen. 
Die Herstellungsgegenstände und ebenso die Rohstoffe der 
Wirkwarenindustrie sind sehr verschiedener Art. Im größten Be- 
zirk, dem Chemnitzer, sind die wichtigsten Erzeugnisse baumwollene 
Strümpfe, doch werden auch Handschuhe, Tücher und Trikotagen 
der verschiedensten Art hergestellt. Hauptrohstoff ist jedenfalls die 
Baumwolle; Wolle und Seide kommen erst an zweiter Stelle. Wie bei 
der übrigen Baumwollindustrie verschiebt sich zurzeit aber das Schwer- 
1) Unter Wirkerei schlechthin ist im folgenden auch die Strickerei mit- 
verstanden. 
Müller, Der mitteldeutsche Industriebezirk. 
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