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reichen Schrift -„Das Programm der Kommunisten" (Volsche-wiki). Wert
volles Material bringt auch die kleinere Schrift Lenins „Die nächsten Auf
gaben der Sowjet-Macht" (Berlin, Verlag der Aktion). Trefflich unterrich
tet auch das umfangreiche 6. Kapitel des „Sozialismus und soziale Bewe
gung" von Werner Sombart (S. 143—193) über diese neueste sozialpatholo-
gische Massenerscheinung. Einleitend und zusammenfassend sei jetzt schon
betont, daß der Gesamtgeift des Bolschewismus weiter nichts ist als der alte
Revolutionsgeist, der Geist des jugendlichen revolutionären Marx. Grund
sätzlich verfechten die Bolschewisten die Diktatur des Proletariats bis zum
äußersten, der Gedanke der Herrschaft der Mehrheit, also der Demokratie, ist
ihnen völlig fremd. „Wie jeder andere Staat, ist der proletarische Staat
eine Organisation der herrschenden Klasse . . . und eine Organisation der
Gewalt." (Bucharin, Programm, S. 17). Das Ziel ist „die Bourgoifie völlig
zu erwürgen" (Bucharin, S. 25). Daher predigt der Bolschewismus den
schärfsten und erbittertsten Klassenkampf mit allen Mitteln. „Der Bürger
krieg, den die revolutionäre Sozialdemokratie in dieser Epoche zu ihrer Lo
sung macht, das ist der Kampf des Proletariats mit den Waffen in der
Hand gegen die Bourgoifie für die Expropriation der kapitalistischen Klasse
in den führenden kapitalistischen Ländern" (Bucharin, S. 34). „Nur durch
den Bürgerkrieg und die eiserne Diktatur des Proletariats kann man zur
kommunistisch-genossenschaftlichen Produktion gelangen" (S. 85). „Marxis
mus ist kein Pazifizismus" (S. 21). „Wir sagen: unsere Losung ist Ent
waffnung der Bourgoifie, Bewaffnung, allgemeine und unbedingte, der Ar
beiterklasse." (S. 72.) „Parlamentarismus ist Kretinismus", an seine Stelle
tritt die Rate-Regierung, der Sowjet. Die Reste sind die Vertreterschaft des
arbeitenden Volkes. Wahlberechtigt und wählbar find nach dem Art. 64 der
„Verfassung der russischen sozialistischen föderativen Räte-Repüblik" (in
deutscher Uebersetzung im Züricher Verlag Union erschienen 1918) alle acht
zehn Jahre alten Männer und Frauen, „die sich die Mittel zum Leben durch
produktive und gemeinnützige Arbeit verdienen," die Soldaten der roten
Armee und Arbeitsunfähige. Richt wählen und nicht gewählt werden kön
nen: die Unternehmer, Rentner, Händler, Mönche und Geistliche, -Polizei
beamte, Geisteskranke, Verbrecher und die Mitglieder des früheren Herr
scherhauses. Das wirtschaftspolitische Programm ist auf rascheste
Sozialisierung gerichtet. Die wichtigsten Forderungen sind: Zuerst werden
die sämtlichen Banken zentralisiert und nationalisiert. Die Zentralvolksbank
soll werden eine „gesellschaftliche Büchhalterei der sozialistischen genossen
schaftlichen Produktion". Dann werden die syndizierten Industriezweige na
tionalisiert, es folgt die übrige Großindustrie „durch den Uebergang der
Großindustrie in die Hände des Arbeiterstaates wird auch der Kleinbetrieb
davon abhängig gemacht." Gleichzeitig erfolgt die Vergefellfchaftlichung des
Grund und Bodens und Einführung der gemeinsamen Bodenbearbeitung.
Die früher großen Eütsbezirke werden in Zukunft genossenschaftlich bewirt
schaftet. Es wird eine zentralisierte Volkswirtschaft eingeführt, in der alle
Arbeit und Verteilung nach einem genauen Plane geregelt ist. Zur Durch
führung dieser Zentralisation werden für alle Industrien und Betriebe be
sondere volkswirtschaftliche Räte eingeführt, die mit den Arbeiterräten und
der Rüteregierung stets in engster Fühlung stehen. Es wird eine Arbeite-