79
Von grundlegender Bedeutung für die Ausgestaltung
des Erwerbslebens nach dem Kriege wird zunächst die
Höhe des Arbeitslohnes sein. Wie wird die Lohnbildung
vor sich gehen? Die Antwort auf diese Frage lautet
zumeist so: Es ist ein Erfahrungssatz, dass Arbeitslöhne
das einmal erreichte Niveau nicht zu verlassen pflegen;
die heutigen Lohnsätze sind daher als bleibende zu be
trachten.
Löhne sind freie Konkurrenzpreise. Sie werden in der
Hegel durch geschäftliche Rücksichten bestimmt. An
deren Bildung sind zwei Faktoren beteiligt: das vor
handene Arbeitsangebot und das zur Beschäftigung der
Arbeiter vorhandene verfügbare Kapital. Seit dem Anfang
des Krieges zeigen die Arbeitslöhne unter der doppelten
Einwirkung des knappen Angebotes und der Verteuerung
der Lebenshaltung eine scharf ansteigende Richtung.
Knappes Angebot und teuere Lebensmittel werden nach
dem Kriege ihren lohnbestimmenden Einfluss weiter gel
tend machen. Tod, Siechtum und Verkrüppelung haben
hreite Lücken in die Reihen der Arbeiterschaft gerissen
u nd ein sofortiges Nachlassen der Teuerung ist bei der
v oraussichtlich stark reduzierten Auslandszufuhr nicht
z u erwarten. Es wäre also mit einer Fortdauer der
heutigen Lohnkonjunktur zu rechnen.
Dahingegen kündigen auch lohnverbilligende Momente
sich an und sind bereits vielfach auch in Tätigkeit
getreten. Teilweiser Ersatz für den Fehlbetrag des
Männlichen Arbeitsangebotes ist durch Masseneinstellung
leiblicher Arbeitskräfte geschaffen worden, welche zur-
Zß it eine Reihe von Berufen ausfüllen bei durchweg
bescheideneren Lohnansprüchen. Auch die zahlreichen
Kriegsinvaliden, die sich für qualifizierte Arbeit in vielen
Eällen nicht eignen dürften, werden ihrerseits dazu bei-