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Vor dem Kriege betätigte Abschlüsse oder Abschlußreste
gelten indessen nur dann als weiterbestehend, wenn die Mög
lichkeit der Eindeckung der Rohstoffe zu nicht höheren Preisen
als zur Zeit der Abschlüsse gegeben ist.
Das halte ich für absolut notwendig; denn nicht nur die Beschaffung
vieler Rohstoffe wird für lange Zeit nach dem Kriege sehr schwierig
werden, sondern auch die Preise der Rohstoffe werden noch lange
Zeit nach dem Kriege enorm hoch stehen und voraussichtlich weit
höher als zu der Zeit, zu welcher die Verträge abgeschlossen wurden.
Dies ist eine Lebensbedingung für den Weiterbestand sehr vieler Firmen.
Geh. Kommerzienrat Seligmann-Hannover: Ich möchte Ihnen
empfehlen, sich mit dieser Frage nicht zu befassen.
(Sehr richtig!)
Ich habe mich persönlich mit dieser Sache sehr eingehend beschäftigt
und sie mit unseren Justiziar seit Monaten durchberaten. Es kommt
dabei auf zwei Sachen an: Erstens, ist der Käufer verpflichtet, die Waren
zu empfangen, und zweitens, ist der Verkäufer verpflichtet, die Waren
zu liefern. Namentlich bei Rohmaterialien handelt es sich um sehr
bedeutende Beträge. Das sind Verträge rein privatrechtlicher Natur,
und ich glaube nicht, daß es hier unsere Sache ist, sich da hineinzu
mischen. Wir müssen es jedem einzelnen überlassen, sich mit seinem
Lieferanten bezw. Käufer auseinanderzusetzen. Legt der Verkäufer Wert
darauf, mit seiner Kundschaft im Kontakt zu bleiben, so wird er sich
einigen oder es werden freundschaftliche Vereinbarungen stattfinden.
Es kommen natürlicherweise auch eine ganze Menge Prozesse heraus,
und — wie die höchste Rechtsprechung ausfallen wird, müssen wir
abwarten. Wir können uns damit hier nicht befassen.
Vorsitzender: Die Diskussion hierüber ist geschlossen und damit
auch unsere heutige Tagesordnung erledigt. Wir werden also die beiden
zuletzt erörterten Punkte unserem Rechtsausschuß zu eingehendet
Beratung unterbreiten.
Ich danke Ihnen, meine Herren, daß Sie solange ausgehalen
haben. Während der langen Zeit des Krieges sind an den Handels
vertragsverein unerwartet viele neue Fragen herangetreten, die zum Teil
große Schwierigkeiten boten. Ich glaube, wenn unser „Verband zur
Förderung des deutschen Außenhandels" noch nicht bestünde, so müßte
und würde er jetzt geschaffen werden; so nötig erweist er sich. Ich
freue mich, auch heute wieder feststellen zu können, daß wir das Inter
esse der Geschäftswelt heben und ihr Nützliches leisten können, und
bitte Sie, meine Herren, uns Ihr Wohlwollen auch weiter zu erhalten
Ich schließe die Sitzung. (Bravo!)
(Schluß 91/4 Uhr.)