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demnächst vorliegen. Eine Städtebauausstellung nebst einer „Städtebauwoche" (Vorträge mit Exkur
sionen und Diskussionen) hatte bereits 1910 mit bestem Erfolge stattgefunden.
Was die Bauordnung anlangt, so gingen deren Vorschriften bereits zur Zeit des Herzogtums
Berg ziemlich weit, so sehr, dass ihre Durchführung nicht immer genau erfolgen konnte. Grössere
Bewegungsfreiheit erhielt die Stadt durch die im Frieden von Luneville (1801) festgesetzte Schleifung
der Wälle. Anfang der 90er Jahre stellte sich dann die Notwendigkeit heraus, der zu weitgehenden
Ausnutzung des Baugeländes entgegenzutreten; dies geschah durch Vorschriften über die bebauungs
fähige Fläche, über die zulässige Geschosszahl und die Gebäudehöhe in den Höfen. Die Erbauung
von Hinterwohnungen möglichst einzuschränken, ist man von frühester Zeit an bemüht gewesen, mit
dem Erfolge, dass Düsseldorf heute nur eine verschwindend geringe Anzahl derartiger Wohnungen
besitzt (vergl, oben Seite 81*).
Der ungeahnte Aufschwung der Stadt in gewerblicher und industrieller Beziehung Hess die
Bevölkerung rapide anwachsen, und damit trat eine Bodenteuerung ein, die zur allzu intensiven
Ausnutzung des Grund und Bodens zu führen drohte. Durch geeignete polizeiliche Vorschriften
griff die Gemeindeverwaltung rechtzeitig ein, „so dass der Stadt ihr historisch gegebener, weiträumiger
Charakter erhalten bleiben wird.“ In dieser Hinsicht ist namentlich die Baupolizei-Ordnung vom
1. März 1898 zu erwähnen. Sie teilte die Stadt in eine Aussen- und eine Innenzone ein, für welche
je besondere Vorschriften gegeben wurden. So durfte z. B. im Innenbezirk das Baugrundstück zu
2 /s, im Aussenbezirk nur zur Hälfte bebaut werden. Bezüglich der Hinterwohnungen verfuhr man
noch strenger. Bei ihnen war im Innenbezirk eine Bebauung der Grundstücke nur bis zur Hälfte,
im Aussenbezirk nur bis zu einem Drittel gestattet. Als höchste zulässige Bauhöhe war im Innen
bezirk eine solche von 20 m, im Aussenbezirk eine solche von 16 m vorgeschrieben, auch durfte
die Anzahl der Wohngeschosse im Innenbezirk höchstens vier, im Aussenbezirk höchstens drei
betragen. Schliesslich waren in dieser Ordnung auch schon besondere Wohnviertel vorgesehen.
Diese Bestimmungen fanden ihre Erweiterung in der Baupolizei-Verordnung vom 8. Mai
1907. Diese ist, nachdem sie in der Zwischenzeit mancherlei Abänderungen und Ergänzungen durch
einzelne Polizei-Verordnungen erfahren hatte, durch die neue Baupolizei-Verordnung vom 8. März
1912 ersetzt, welche zugleich ein einheitliches Baurecht für den durch die Eingemeindung der Vor
orte vergrösserten Stadtbezirk geschaffen hat. Die Baupolizei-Verordnung vom 8. März 1912 baut
sich im allgemeinen auf der Grundlage derjenigen vom 8. Mai 1907 auf. Sie unterscheidet aber
nicht mehr wie diese nur Bauklassen, sondern Bauzonen und Bauklassen. Die Bauzonen bilden die
Haupt-Baugebiete, welche die allgemein gültigen Vorschriften enthalten, die Bauklassen besondere,
innnerhalb der Haupt-Baugebiete liegende Baugebiete, für welche neben den allgemein gültigen Zonen
bestimmungen noch besondere Bestimmungen, meistens mit Baubeschränkungen, festgesetzt sind.
Es bestehen 5 Bauzonen. Die I. bis III. Bauzone enthalten im allgemeinen die gleichen
Bestimmungen wie die Bauklassen I bis III der Baupolizei-Verordnung vom 8. Mai 1907; sie decken
sich auch in ihrer Abgrenzung ungefähr mit diesen und erstrecken sich auf das vor den Eingemein
dungen vorhandene Stadtgebiet, In Bauzone II und Hl ist aber die Erleichterung eingetreten, dass
bis zu einer Bebauungstiefe von 20 m an Strassen mit 20 m und mehr Breite 4 Geschosse (statt
bisher 3) errichtet werden dürfen. Die Bauzonen IV und V umfassen die eingemeindeten Stadt
gebiete. Bauzone IV enthält die gleichen Bestimmungen wie Bauzone III nur mit dem Unterschied,
dass die Geschosszahl nirgends mehr als 3 betragen darf, und dass für Grundstücke an bereits
bebauten oder zum Anbau freigegebenen Strassen eine grössere Grundstücksbebauung zulässig ist.
Bauzone V umfasst die noch ländlich bebauten und bewirtschafteten Stadtgebiete und enthält dem
gemäss weitgehende Baubeschränkungen, namentlich die Beschränkung der zulässigen Geschosszahl
auf 2 und der zulässigen Bebauung auf 8 /io der Grundstücksfläche.
Die Bauklassen unterscheiden Geschäftsstrassen (Bauklasse A), Wohnstrassen (Bauklasse
BI bis B VIII), Fabrikstrassen (Bauklasse C) und Gebiete mit ländlicher Bebauung (Bauklasse D).
In Bauklasse A kann eine grössere Grundstücksbebauung zugelassen werden, die Bauklasse BI
BIH, BV bis BVHI entsprechen so ziemlich den früheren Bauklassen IVa bis IVc, V, VI und*
Via der Baupolizei-Verordnung vom 8. Mai 1907, die Bauklassen BH und BIV sind neu und
charakterisieren sich vornehmlich durch Festsetzung einer hinteren Bebauungsgrenze. Bauklasse C
ist ähnlich wie die bisherige Bauklasse IX (Fabrikbebauung) der Baupolizei-Verordnung vom 8. Mai
1907. Bauklasse D ist neu und enthält die einer ländlichen Besiedelung angemessenen Bestimmungen.
Ferner regelt die Baupolizei-Verordnung vom 8. März 1912 die Unterscheidung von Gebäude
gattungen in A Ein-, Zwei-, Drei- und Vierfamilienhäuser, B Kleinhäuser, C Kleinwohnungshäuser,
D Grosse Miethäuser, E Fabrikgebäude, F Ländliche Bauten. Je nach den Gebäudegattungen
sind sowohl in den Bauzonen als Bauklassen unterschiedliche, meist angemessen erleichternde
Bestimmungen getroffen.
Allgemein bringt die Baupolizei-Verordnung vom 8. März 1912 viele Erleichterungen, so
namentlich die Aufhebung der Bestimmungen, dass die Aborte innerhalb des Wohnungsverschlusses
liegen müssen, und dass in ein gemeinsames Schornsteinrohr nur Rauchrohren von Oefen desselben
Geschosses geleitet werden dürfen, ferner die Zulassung grösserer Grundstücksbebauung in
beschränkter Höhe zwecks leichterer Beschaffung von Werkstätten und dergl., die Zulassung
grösserer Gebäudehöhen am Hofe bis zu einer Bebauungstiefe von 20 m, die Zulassung von Dach
geschosswohnungen in bestimmten Gebäuden, namentlich in Kleinwohnungshäusern, mildere Bestim
mungen für Hinterwohnungen und Kleinwohnungen.