Full text: Religion und Wirtschaftsleben

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Und nun als Probe ein paar Sätze über Klöster: „Die 
Ehelosigkeit nahm immermehr überhand (— in der römi 
schen Kaiserzeit, natürlich infolge wirtschaftlicher Verhält 
nisse —), die Ehelosen kamen aber über die Notwendig 
keit einer Haushaltung nicht hinaus, so bildeten sich end 
lich, einem längst gefühlten dringenden Bedürfnisse ent 
sprechend, gemeinsame Haushaltungen von Ehelosen — 
Klöster. Daß diese neuen Institutionen, von keiner Tradi 
tion beschwert, den Geist ihrer Zeit annahmen, zu Vor 
kämpfern des Christentums wurden, ist natürlich/"") Und 
Kautsky sagt: „Die Klöster sind nur Produktiv genossen- 
schaften der Proletarier, Mystizismus und Askese sind nur 
Nebenerscheinungen des klösterlichen Kommunismus" — 
Nebenerscheinungen, das sind Folgeerscheinungen. Auch 
wir, die wir als Protestanten der Klosterstimmung gewiß 
fern genug stehen, und gerade weil wir hier ziemlich ob 
jektiv stehen, wir empfinden die Ungeheuerlichkeit der öko 
nomischen Erklärung. 
Wir kommen zur Erklärung der Reformation: der 
Katholizismus soll aus dem Monetär- (Bargeld-) System, 
der Protestantismus aus dem Kreditsystem und die Auf 
hebung der Religion aus der Aufhebung des Geldsystems 
überhaupt entspringen. Aber der Katholizismus wurzelt 
im Mittelalter, und das hatte, wie gesagt, gar nicht Bar- 
geldshstem, sondern Naturalwirtschaft! Ein glühender 
Haß herrscht auf sozialistischer Seite gegen die Reforma 
tion, sie gilt als reaktionäre Erscheinung, die der damals 
schon ganz absterbenden Religion leider wieder zu neuem 
Leben verholfen hat"). Aber ich frage: wie kann die Refor 
mation reaktionär sein, wenn sie eine Widerspiegelung des 
ökonomischen Fortschritts ist? 
Und nun noch eine Blüte materialistischer Religionser 
klärung: „Die Union zwischen lutherischer und reformierter 
Kirche ging aus dem Interesse der preußischen Dynastie 
hervor, die Isolierung des Fürsten gegenüher seinem Volke 
*») Neue Zeit 1887, Seite 472. 
“) Siehe Neue Zeit, Februar 1885.
	        
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