Full text: Religion und Wirtschaftsleben

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fehl hin, nachkommen kann. Lustig flattert das Vöglein 
der religiösen Ideen auf des Kirchturms höchste Spitze 
und blickt von da herab auf die bunte Welt; aber langsam 
nur und keuchend schleicht die schwere Maschine des Wirt 
schaftslebens allmählich auf die Bergeshöhe. Das soll 
heißen: Das Wirtschaftsleben kann sich nicht umgehend 
nach Idealen ändern, es kommt zwar in die Höhe, aber 
doch schließlich anderswohin, als es irgend ein Idealist, 
etwa der religiöse, vorher verlangt hat. 
Wir müssen ernst machen mit der Erkenntnis, daß Re 
ligion und Wirtschaftsleben unverquickt bleiben sollen; 
so wenig wir die Religion mit einer künftigen, so wenig 
dürfen wir sie mit der bestehenden Wirtschaftsordnung zu 
sammenkitten. Die Religion wird aber heute mißbraucht 
zum Schutze der bestehenden Wirtschaftsordnung. Wir 
müssen uns ganz fest einprägen: Man kann Christ sein 
unter patriarchalischer, kapitalistischer, kommunistischer 
oder sonst welcher Wirtschaftsordnung; natürlich: Christ 
sein heißt immer Kampf mit den Hindernissen des 
Glaubens und des sittlichen Lebens führen. Wer nun die 
kapitalistische Wirtschaft verteidigen, die sozialistische be 
kämpfen will, soll die Religion nicht zum Kampfeswerk 
zeug entwürdigen. Es ist ganz erschreckend, wie heute da 
gegen gefehlt wird: all die christlichen Volkskalender, die 
christlichen Arbeitersreunde der Hilleschen Zeitschriften 
fabrik usw. vermischen Wirtschaftsordnung und Religion, 
bekämpfen das kommunistische Wirtschaftsprogramm mit 
religiösen, angeblich christlichen Ideen. Der praktische Er 
folg ist traurig: Unsere ganze Arbeiterwelt muß in der 
christlichen Religion den Feind ihrer wirtschaftlichen Hoff 
nungen sehen und sich vom Christentum, von der Religion, 
abwenden. Wer heute unter den Industriearbeitern reli 
giös wirken will, muß entweder auch in wirtschaftlichen 
Dingen der Gesinnungsgenosse der Arbeiter sein, oder aber 
er muß sich Beschränkung auferlegen, wahrlich oft eine 
schwere Beschränkung für einen modernen Menschen: von 
allem sozialen, politischen Wirken muß er absehen und sich 
ganz und gar der religiösen Arbeit hingeben, wie es —
	        
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