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für uns noch weit weit mehr als in Friedenszeiten die wirtschaft
liche Entfaltung nur so möglich, daß wir in größtem Umfange
Rohstoffe, die wir vom Ausland beziehen, durch Qualitätsarbeit
aller Art zu Fertigfabrikaten umformen, teils für den inneren
Markt, teils für den Export. Schon vor dem Kriege waren wir
ein rohstoffarmes Land, jetzt sind wir an Rohstoffen noch viel
ärmer geworden. In solcher Lage darf die Arbeitszeit nicht ver
kürzt werden über das äußerste Maß dessen hinaus, was im Inter
esse der Erhaltung der Gesundheit der Arbeiter und ihrer Nach
kommenschaft erforderlich ist. Alle Volksgenossen müssen schon
aus Dankbarkeit für die Väter und Söhne, die ihr Leben dem
Vaterland hingegeben haben, jetzt alle Kraft daran setzen, um
das Ihrige dazu beizutragen, die deutsche Wirtschaft wieder zur
Blüte zu bringen.
Von seiten der Wissenschaft sind es nur ganz einzelne Ver
treter gewesen, welche die Forderung des Achtstundentags unter
stützt haben. In ihrer weit überwiegenden Mehrzahl haben die
wissenschaftlichen Vertreter der Nationalökonomie und Sozialpolitik
diese Forderung stets mit größter Skepsis betrachtet. Die wich
tigste Unterstützung dieser Forderung ist stets von politischen
Parteien gekommen. Nachdem der Erste internationale Sozia
listenkongreß der Zweiten Internationale im Jahre 1889 in Paris
den Achstundentag als Forderung der internationalen Arbeiter
schaft verkündet hatte, ist diese Forderung in den sozialistischen
Parteien fast aller Kulturländer immer wieder mit größtem Eifer
und nachdrücklich verfochten worden. Die wissenschaftlichen
Vertreter des Sozialismus haben aber diese Forderung nicht
unterstützt. Gerade der Sozialist, der den Normalarbeitstag in
sein sozialistisches Programm aufgenommen hatte und diesem
Problem eingehende Studien widmete, Carl Rodbertus, der
die Durchführung des Normalarbeitstags als Übergangsstufe zur
sozialistischen Gesellschaft für erforderlich hielt, hat darauf hin
gewiesen, daß der Normalarbeitstag verschieden fixiert werden
müsse in den verschiedenen Gewerben. In seiner 1871 erschie
nenen Abhandlung »Der Normalarbeitstag« sagt er: »Dieser,
d. h. der normale Zeitarbeitstag, wird natürlich in den verschie
denen Gewerken nach der Zeitstundenzahl verschieden zu nor
mieren sein, je nach der verschiedenen Intensität des Mühe- und
Kraftaufwandes, den die Arbeit in diesen Gewerken erfordert.
Z. B. wenn er in dem einen Gewerk auf zehn Zeitstunden fest
gestellt werden soll, verdient er nach diesem Verhältnis in einem