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dann ist die Bewilligung als eine Derogation vom alten Gesetz,
zu erteilen.
In diesem Sinne stellte die Regierung den Antrag und die
Volksvertretung genehmigte ihn mit starker Mehrheit.
Infolge der ungeschickten Antragstellung wurde die Ge
richtspraxis noch schwankender. Man stritt sich darüber, ob
dieses Spezialgesetz ein Ausnahmegesetz wäre, oder ob der Gesetz
geber damit bezeugen wollte, daß die Prämienobligationen nicht
unter das Gesetz von 1836 gehörten.
Am 14. Januar 1876 machte der Kassationshof dem Streit
ein Ende, indem er entschied, daß die Ausgabe von Prämien
obligationen und der Handel mit solchen unter die Bestimmun
gen des Gesetzes von 1836 fallen. An dieser Auffassung wurde
seither festgehalten und als 1888 das Parlament der Panama
gesellschaft Erlaubnis erteilte, Prämienobligationen auszugeben,
geschah dies ausdrücklich durch Ausnahmegesetz. Als weitere
Folge dieser Interpretation verbot der Justizminister durch Er
laß vom 8. Juni 1877, die Ausgabe von ausländischen Prä
mienanleihen in Frankreich anzuzeigen und die Ziehungslisten
zu veröffentlichen.
Heute braucht es also in Frankreich für jede Ausgabe von
Prämienobligationen ein Spezialgesetz. Hingegen werden auf dem
freien Markt noch viele Werte gehandelt, deren Emission nicht
offiziell bewilligt wurde. Dies ist nicht als eine Toleranz der
Behörden aufzufassen, sondern als eine Folge der buchstäblichen
Auslegung des Gesetzes von 1836, welches nur solche Operationen
unter Strafe stellt, die infolge öffentlichen Angebotes entstehen.
Obschon die erwähnten Umsätze an der Börse meistens nicht
strafbar sind, fehlt ihnen doch die zivilrechtliche Gültigkeit, denn
jede Prämienobligation, deren Ausgabe in Frankreich nicht durch
Gesetz gestattet ist, wird als res extra commercium betrachtet
und nach der französischen Gerichtspraxis entstehen daraus keine
vertraglichen Verpflichtungen, obwohl der Staat die Stempel
gebühr auf diesen nicht handelsfähigen Prämienobligationen
erhebt. 1 )
D Siehe A. Neymarck, Revue des Soc. 1884, S. 48 ff. und 185 ff.