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dienstes. Die Handlung selbst verläuft in höchst lebendiger Spannung.
Stimmung schaffend wirkt für den Griechen schon die uns befremdliche Ein
richtung des Gotteshauses. Von den Wänden und den Pfeilern herab grüßen
ihn die Bilder der Heiligen und der Engel und die erhabene Gestalt des Panto
krator. Das bedeutet für den Griechen: beim Eintritt in das Gotteshaus fühlt
er sich unmittelbar aufgenommen in eine Gemeinschaft, die hinausreicht
über diese sichtbare Gemeinde, fühlt er sich versetzt in einen himmlischen
Kreis, der mitihm das große Ereignis feiert. Aber auch die Bilderwand— ein Stück,
das die griechische Kirche in Justinians Zeiten aus dem alten Theater herüber
genommen hat; sie entspricht dem Proskenion des griechischen Theaters —
bedeutet für den Griechen etwas Besonderes. Sie entzieht den Altarraum den
Blicken des Gläubigen und macht ihn dadurch zum Adyton. Von dort her
muß sich das Geheimnis offenbaren. Allmählich, stufenweise wird die Ge
meinde zu ihm emporgeführt. Den Anfang des Gottesdienstes — ich
rede vom Standpunkt der Gemeinde aus und übergehe denjenigen Teil des
Gottesdienstes, den der Priester für sich hinter verschlossenen Türen ver
richtet — bilden lang sich hinziehende Bittgebete. Dann folgt mit dem soge
nannten kleinen Einzug die Eröffnung der eigentlichen Feier. Der Priester
verläßt, das Evangelienbuch tragend, den Altarraum durch die nördliche
Tür, geht in das Schiff etwa bis in die Nähe der Zuhörer, um dort umzubiegen
und durch die mittlere, die sogenannte königliche Tür, wieder in den Altarraum
zurückzukehren. Der Umgang soll — so will es die heutige, seit dem Mittel-
alter aufgekommene Deutung — Christus darstellen, wie er das Evangelium
in der Welt verkündigt. Daran schließt sich die Schriftverlesung; die Lehre,
das ist dabei der Gedanke, soll den Grund legen für die eigentliche Handlung.
Mit dem zweiten, dem sog. großen Einzug hebt der Weiheakt im engeren Sinne
an. Der Priester beschreibt wieder denselben Weg von der nördlichen Tür aus
in die Nähe der Gemeinde, dann zurück zur mittleren Tür; nur trägt er dies
mal das Brot auf dem Diskus und den Kelch. Denn jetzt soll er Jesus
auf seinem Leidenswege darstellen. Vor dem Altar bleibt er stehen;
er spricht dort eine Reihe von Gebeten, mit denen er die Gemeinde auf das
Letzte vorbereitet. Sie münden aus in die sog. Epiklese, in die Anrufung des
Heiligen Geistes. Der Priester hebt das Brot und den Wein hoch und ruft
den Heiligen Geist an, daß er hernieder fahren und sich mit den Elementen ver
binden möge. Das ist der Höhepunkt der Feier. Nun ist Gott sichtbar gegen
wärtig in der Gemeinde. Jetzt kann alles zum Wort kommen, was man auf
dem Herzen hat; unmittelbar kann man Gott alle seine Anliegen vortragen.
Diesen Sinn haben die Gebete, die auf jene Epiklese folgen.
Man hat ein Gotteswunder erlebt, man hat Gott selbst in der Nähe gespürt,
ja geschaut. Darin faßt sich für den Griechen die Bedeutung des Gottesdienstes