Full text: Russlands Kultur und Volkswirtschaft

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hohen Preisen an die neu entstehenden Werke zog einen Strom von Gold 
zu den Neugründungen ins Land, der zumeist über die Brüsseler Börse seinen 
Weg nahm. Ungeheure Gründergewinne flössen in einzelne Taschen, 
die alten Eisenbezirke, wie z. B. der Ural, gerieten in schwere Bedrängnis, 
der ganze Eisenhandel Rußlands wurde umgewälzt, manche Aufgabe im 
Inlande dabei vernachlässigt, aber der Zweck wurde erreicht, und heute 
hat Rußland im Donezrevier eine Kohlen- und Eisenindustrie, die 70 v. H. 
des Bedarfes des Russischen Reiches liefert. Nicht aus kleinen Anfängen 
herausgewachsen, sondern aus dem Boden gestampft, handelt es sich fast 
ausschließlich um große Werke, die zum Teil unter einer starken 
Über kapital isierung und einer ungesunden Abhängigkeit von Staats 
bestellungen leiden; abei der Eisenverbrauch im Rande wächst; über das 
Schwarze Meer wird sich die Ausfuhr der südrussischen Eisen- und Kohlen 
industrie aus naturgegebenen Gründen ausdehnen, so daß ihre Zukunft 
gesichert erscheint. 
Vom neuen Eisenrevier lenkt sich der Blick zum alten, zum Ural. 
Der Reichtum des Urals ist sprichwörtlich seit manchem Jahrhundert. Platin 
— heute wertvoller als Gold — findet man nur in ihm in abbauwürdigen 
Mengen, dazu Kupfer, Gold, Eisen, Asbest, Salz, Edelsteine. Das Eisen ist 
vorzüglich, aber es fehlt die Kohle: keine verkokbare Kohle im Umkreis 
von Hunderten und Tausenden von Kilometern! Als die Uralindustrie auf 
kam, als sie das ganze innere Rußland mit Eisen versorgte und man sogar 
an Ausfuhr über die Grenzen denken konnte, da wurde noch fast überall in 
der Welt das Eisen mit Holzkohle verhüttet, und die Richtung der Wälder in 
Westeuropa gab dem Ural mit seinen ungeheuren Waldungen eine scheinbar 
unerschöpfliche Überlegenheit. Hütte entstand neben Hütte; die Schwierig 
keiten der Versendung aus dem abseits gelegenen Gebiete zu den Absatz 
märkten wurde auf eigenartige Weise gelöst; einmal im Jahr kam die ganze 
Uralerzeugung auf den Markt; hunderte von Barken wurden oben im Gebirge 
an den kleinen Quellflüssen des Wolgasystems, an denen die Hütten liegen, 
gezimmert, mit den Eisenwaren beladen und auf das Frühlingshochwasser 
gesetzt; sich hinter dem Damm der Barken stauend schob das Hochwasser 
die Rast bis in die größeren Flüsse, und auf Kama und Wolga schwammen 
die Barken der Messe in Nishnij-Nowgorod zu. Auf einer Sandbank am 
Zusammenfluß von Wolga und Oka wurde die gesamte Eisenerzeugung des 
Urals ausgebreitet wie in einer Riesenausstellung, und das ganze innere 
Rußland versorgte sich. Die Barken wurden zerschlagen und als Brenn- und 
Bauholz verkauft. Heute kämpft die Hüttenindustrie des Urals einen schweren 
Kampf und kann sich nur durch die Güte ihres Holzkohleneisens, durch den 
Ausbau der Bahnen und durch die allmählich anwachsende Bevölkerung der
	        
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