.176
hohen Preisen an die neu entstehenden Werke zog einen Strom von Gold
zu den Neugründungen ins Land, der zumeist über die Brüsseler Börse seinen
Weg nahm. Ungeheure Gründergewinne flössen in einzelne Taschen,
die alten Eisenbezirke, wie z. B. der Ural, gerieten in schwere Bedrängnis,
der ganze Eisenhandel Rußlands wurde umgewälzt, manche Aufgabe im
Inlande dabei vernachlässigt, aber der Zweck wurde erreicht, und heute
hat Rußland im Donezrevier eine Kohlen- und Eisenindustrie, die 70 v. H.
des Bedarfes des Russischen Reiches liefert. Nicht aus kleinen Anfängen
herausgewachsen, sondern aus dem Boden gestampft, handelt es sich fast
ausschließlich um große Werke, die zum Teil unter einer starken
Über kapital isierung und einer ungesunden Abhängigkeit von Staats
bestellungen leiden; abei der Eisenverbrauch im Rande wächst; über das
Schwarze Meer wird sich die Ausfuhr der südrussischen Eisen- und Kohlen
industrie aus naturgegebenen Gründen ausdehnen, so daß ihre Zukunft
gesichert erscheint.
Vom neuen Eisenrevier lenkt sich der Blick zum alten, zum Ural.
Der Reichtum des Urals ist sprichwörtlich seit manchem Jahrhundert. Platin
— heute wertvoller als Gold — findet man nur in ihm in abbauwürdigen
Mengen, dazu Kupfer, Gold, Eisen, Asbest, Salz, Edelsteine. Das Eisen ist
vorzüglich, aber es fehlt die Kohle: keine verkokbare Kohle im Umkreis
von Hunderten und Tausenden von Kilometern! Als die Uralindustrie auf
kam, als sie das ganze innere Rußland mit Eisen versorgte und man sogar
an Ausfuhr über die Grenzen denken konnte, da wurde noch fast überall in
der Welt das Eisen mit Holzkohle verhüttet, und die Richtung der Wälder in
Westeuropa gab dem Ural mit seinen ungeheuren Waldungen eine scheinbar
unerschöpfliche Überlegenheit. Hütte entstand neben Hütte; die Schwierig
keiten der Versendung aus dem abseits gelegenen Gebiete zu den Absatz
märkten wurde auf eigenartige Weise gelöst; einmal im Jahr kam die ganze
Uralerzeugung auf den Markt; hunderte von Barken wurden oben im Gebirge
an den kleinen Quellflüssen des Wolgasystems, an denen die Hütten liegen,
gezimmert, mit den Eisenwaren beladen und auf das Frühlingshochwasser
gesetzt; sich hinter dem Damm der Barken stauend schob das Hochwasser
die Rast bis in die größeren Flüsse, und auf Kama und Wolga schwammen
die Barken der Messe in Nishnij-Nowgorod zu. Auf einer Sandbank am
Zusammenfluß von Wolga und Oka wurde die gesamte Eisenerzeugung des
Urals ausgebreitet wie in einer Riesenausstellung, und das ganze innere
Rußland versorgte sich. Die Barken wurden zerschlagen und als Brenn- und
Bauholz verkauft. Heute kämpft die Hüttenindustrie des Urals einen schweren
Kampf und kann sich nur durch die Güte ihres Holzkohleneisens, durch den
Ausbau der Bahnen und durch die allmählich anwachsende Bevölkerung der