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portmittel: beim Zollkrieg von 1893 hat es einen erheblichen Teil unserer Kampf
sätze glatt dadurch illusorisch gemacht, daß es für die getroffenen Artikel die
Eisenbahntarife entsprechend ermäßigte, natürlich zu Lasten des Eisenbahn
fiskus und der Privatbahnen, aber zum Vorteil der Produzenten, die nun
trotz der deutschen Zollerhöhung ihr gewohntes Absatzgebiet aufsuchen
konnten und doch am Preise nicht litten. Da sind wir, obwohl besonders
Bismarck bei der Eisenbahnverstaatlichung immer scharf auf die Handels
bedeutung hingewiesen hat, einigermaßen schwerfällig, müssen aber vor allem
die Kehrseite der sonst glänzenden Medaille hinnehmen: unser Staatsbahn
system kann als wichtigsten Vorteil für sich in Anspruch nehmen, daß die
veröffentlichten Tarife und die tatsächlich erhobenen Erachten sich vollständig
decken; für Kampf zwecke ist das unbequem. Außerdem sind wir durch die
Tatsache gehindert, daß die Entfernungen auf deutschem Boden nicht groß
genug sind, um einigermaßen starke Zollerhöhungen Rußlands durch Er
mäßigung der Eisenbahnfrachten wettzumachen. Demgegenüber hat Ruß
land sich eine recht scharfe Waffe in seinen Eisenbahnen geschmiedet, welche
der Staat in absoluter Machtvollkommenheit zu handhaben weiß. Auf die
Sperrung der asiatischen Linien für den westeuropäischen Güterimport habe
ich schon hingewiesen. Für das europäische Rußland ist dagegen die Tarif
politik bezeichnend: sie liegt nicht nur für die staatlichen, sondern auch für
die privaten Eisenbahnen ganz bei der Staatsverwaltung; die privaten Direk
tionen werden nicht einmal immer gefragt, wenn auch über ihre Linie verfügt
wird, und haben tatsächlich nicht viel mehr als das Recht, die vom Verkehrs
ministerium angeordneten Tarife zu veröffentlichen, wie übrigens der Staat
auch in die Betriebsführung kräftig hineinzureden pflegt. Das läßt natürlich
tief blicken und ist gerade auch für die Export- und Importbeziehungen in
unserer Zeit besonders wichtig, da ja — nach einem Wort von Alexander
von Peez — die Weltwirtschaft zu einer Frachtenfrage geworden ist.
Da bieten sich unendlich viele Möglichkeiten, zu individualisieren, was in
einem Handelsvertrag notwendig generalisiert wird, und Zugeständnisse auf
zuheben, die man hier gemacht hat.
Und schließlich noch eins: die russische Staatsverwaltung hat im Inter
esse der Agrarausfuhr auch in ein drittes Gebiet einzugreifen versucht, in die
Handelsorganisation. Es wurde immer geklagt, daß Rußlands Preisbildung
in vollständiger Abhängigkeit von den Importgebieten sich halte und kein eigenes
Organ zur unmittelbaren Geltendmachung seiner Produktions- und Kon
sumtions-Verhältnisse besitze. Das ging so weit, daß noch in den 90er Jahren
die Preisberichte der Berliner Börse an allen russischen Eisenbahnstationen
regelmäßig angeschlagen wurden und nun weithin die direkte Preisbasis sogar
für die Geschäfte erster Hand abgaben. Da benutzte die russische Regierung