Full text: Die Börse

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Aberglauben. Manches Almosen, das der Börsenmann verteilt, 
ist ihm gewissermaßen das Opfer, das der Glückliche den Göttern 
bringen muß, um sie nicht allzu neidisch zu machen. Dieser Aber 
glaube erklärt sich auch aus dem Börsemnilieu. Ohne die Existenz 
des Börsenmannes und des Spielers mit einem Maße messen wollen, 
muß man doch zugeben, daß beiden Existenzen zweifellos manches 
gemeinsam ist. Beider Schicksal hängt von etwas in hohem Maße 
Angewissem ab, von Dingen, die mit aller Klugheit der Welt nicht 
zu meistern sind. Ein Spieler kann noch so gewandt, noch so ge 
schickt, noch so klug sein, er kann in der Psychologie seiner Mit 
spieler Übermenschliches leisten, wenn das Glück ihm die Karten 
versagt, so wird er wohl manches Pech in seiner Folge herab 
mindern können, aber den schließlichen Verlust vermag er nicht ab 
zulenken. Etwas ähnliches ist es auch mit dem Schicksal des Börsen 
mannes. Seine Kombinationen mögen noch so vorsichtig, noch so 
klug vorausberechnet sein, der Zusammenbruch eines Spekulanten 
an irgend einem Platz der Welt, ein Wölkchen, das am politischen 
Pimmel aufsteigt, die Macht der Elemente — Wasser, Feuer, Erd 
beben — sie sind in der Lage, aus dem hoffnungsfreudigen, ver 
mögensreichen Mann über Nacht einen gebrochenen Bettelmann zu 
machen. Diese ständige Aussicht aus den jähen Wechsel des Schicksals, 
die. auch eine der Pauptursachen der Börsenneurasthenie ist, wirkt 
besonders stark auf ihn dahin ein, die Sucht groß zu ziehen, 
das Geschehen des morgigen Tages im voraus zu ergründen. And 
das ist der Anfang allen Aberglaubens. Dieses Schicksal teilt der 
Börsenmann nicht nur mit dem Spieler, er teilt es mit allen den 
jenigen Menschen, die auf außergewöhnlichen Wegen Erfolge zu 
erringen streben. Wenn Napoleon, vor der Schlacht durch die 
Straßen einer Stadt reitend, die Fenster der Straßen zählte, wenn 
Emile Zola dieselbe Aufmerksamkeit den Gaslaternen der pariser 
Straßen angedeihen ließ, um Erfolg oder Mißerfolg seines Lebens 
werkes vorauszuwissen, wenn der Zägersmann daraus achtet, ob 
ihm eine alte Frau, ein pase oder eine Katze über den Weg läuft, 
so ist das alles der Ausfluß dieses Verlangens nach Aufklärung des
	        
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