Full text: Die Börse

nebst Gattin ins Fremdenbuch eintrug. Als er nach dem Souper 
sich mit dieser Gattin aus sein Zimmer zurückzog, war die Dame 
gezwungen, aus einem rein menschlichen Grunde das Zimmer noch 
einmal zu verlassen. Gr beschäftigte sich inzwischen oben mit der 
Lektüre eines Buches und wunderte sich sehr, als zehn Minuten auf 
zehn Minuten verrannen ohne daß seine Begleiterin zurückkehrte. 
Mit einem Mal klopft es bescheiden an die Tür. Der Oberkellner 
tritt ein und spricht mit bezeichnenden: Augenzwinkern die geflügelten 
Worte: „Mein Herr, ist es vielleicht Ihre Frau Gemahlin, die 
unten im Speisezimmer sitzt und ihre Zimmernummer und den 
Namen des Herrn Gemahls vergessen hat?" 
Für jede Schwäche hat die Börse einen Scharfblick, und sie ist 
namentlich in den Beinamen, die sie einzelnen Börsenbesuchern gibt, 
nicht immer sehr tolerant. So nennt sie z. B. einen Bankier, der 
einen Schnauzer wie ein Husarenwachtmeister trägt, „Husarenhitzig", 
einen Makler, der frühzeitig sein Aopfhaar verloren hat, das 
„Mondkalb", einen anderen Makler, dem die Natur nun einmal 
das Gesicht eines Vogels gegeben hat, den „Arametzvogel", einen 
anderen Makler, der eine sonore Stinmie fein eigen nennt, das 
„Nebelhorn", und endlich wieder einen anderen Makler, der in dem 
Rufe steht, geschickt alle möglichen Geschäfte, die andere nicht zu 
stande bringen, zu machen, den „Mantschmaier". 
Auch die Thefs der größten Bankhäuser werden mit der An 
hängung von Witzen und Anekdoten nicht verschont. So erzählte 
man von einem Lhef eines ersten Bankhauses, eines Bankhauses, 
das heute einen Weltruf genießt und früher die Bankverbindung 
eines großen deutschen Staatsmannes gewesen ist, alle möglichen 
Histörchen, die dessen geringen Bildungsgrad (der Mann hatte näm- 
lich die Unverschämtheit gehabt, sich ohne Gymnasialbildnng ein 
Vermögen zu erwerben) illustrieren sollen. Der Inhalt dieser 
Historie deckt sich ausfälligerweise fast völlig mit all den vielen 
Geschichten, die man von den Thefs der bekannten Breslauer Firma 
Schottländer erzählt. In Variationen gehen die berühmte Pferde 
decke, die Handschrift und der Lehrling, „der von heute ab Lommis,
	        
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