Full text: Irrtümer und Gefahren der Bodenreform

und dadurch die Monarchie gerettet und neu be 
gründet hätte. Scotus Viator deutete auch offen an, 
daß Franz Ferdinands Ermordung eher das Werk der 
mit dem Erzherzog tötlich verfeindeten Wiener und 
Pester Kreise als der südslavischen Irredenta gewe 
sen sei. Dieser Ansicht kann man allerdings kaum 
beipflichten; sie ist nur bezeichnend für die verschie 
dene Beleuchtung, in welcher die Person des Unglück 
liehen Fürsten den Zeitgenossen und den Nachkom 
men vorgeführt wird. Diese zweifache Auffassung, 
dieses Für und Wider ist anscheinend auch durch die 
Persönlichkeit des Erzherzogs selbst bedingt, der so 
auffallende Kontraste in sich vereinigte. Man ver 
gleiche nur die geradezu fleischermäßige Art seiner 
Jagden einer- und anderseits seine leidenschaftliche 
Liebe für Blumen und Bäume. Die Oeffentlichkeit, 
die an dem aus der Umgebung hochgestellter Persön 
lichkeiten stammenden Klatsch so viel Gefallen findet, 
beachtet lieber und vergrößert die Schattenseiten und 
baut vorwiegend oder vielmehr ausschließlich auf die 
sen ihr Urteil auf. Wie viel Verschiedenes dieser Art, 
Wahres und Erdachtes haben wir schon vor dem Krie 
ge gehört und nach dem Umstürze über „Konopischt“ 
gelesen! Unstreitig gab es darunter viele Tatsachen 
und Umstände, welche das Bild von „Konopischt“ 
über die Maßen unsympathisch machten. Dabei war 
man aber so einseitig zu vergessen, daß Franz Ferdi 
nand vielleicht der erste österreichische Erzherzog war, 
der wirklich am böhmischen Lande Gefallen fand, 
der sich hier ankaufte und seinen neuen Besitz zu 
einem in vieler Hinsicht fürstlichen Sitze ausgestaltete, 
daß er, der Erbe einer der größten und ältesten euro 
päischen Monarchien, den heftigen Widerstand von 
Familie, Tradition und — vielleicht auch — Pflicht 
überwindend, eine arme Komtesse aus altem böhmi 
schen Geschlechte zur Gemahlin nahm, daß er seine 
Kinder tschechisch unterrichten ließ, daß er dem 
Fürsten Karl Schwarzenberg, einem der gutgesinnt 
tschechischen Adeligen freundschaftlich zugetan war, 
daß er die magyarische Gewaltherrschaft über die 
Nationalitäten schwer ertrug und entschlossen war, 
darin Abhilfe zu schaffen und daß er überhaupt den 
unglückseligen Dualismus beseitigen, sich auch in Böh 
men zum König krönen lassen und Oesterreich als
	        
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