Charit6-Krankenhauses, Prof. Dr. Bonhoeffer, in einer Abhandlung in
der „Alkoholfrage“ (1920, H. 2/3 auf Grund seiner eigenen Er
fahrungen und anderweitigen Untersuchungen über die in Bede
stehende Angelegenheit wie folgt: „Von einem Ersatz des Alkoholismus
durch diese gefährlichen chronischen Vergiftungen kann nicht ge
sprochen werden. Diese Gefahr ist nach der Psychologie der Trinker
wahrscheinlich auch für die Zukunft nicht zu befürchten. Für den
Durchschnittsalkoholisten spielt der Geselligkeitsgesichtspunkt und
auch der Gaumenreiz eine wesentliche Bolle, ein süchtiges Verlangen,
wie bei den Morphinisten, liegt bei ihm so gut wie niemals vor.
Tatsächlich zeigt auch die Durchsicht der einzelnen Fälle, daß der
Weg zum Morphinismus nicht über den Alkoholismus geführt hat.“
Von anderer ärztlicher Seite wird außerdem noch betont, daß diese
verhängnisvolle Sucht ja meist mit dem Alkoholismus bei denselben
Leuten und oft an demselben Ort Hand in Hand gehe.
Wie waren nun die Folgen, welche die Pro
hibition auf wirtschaftlichem und sozialem Ge
biete gezeitigt hat? Um hierüber ein Urteil sich bilden zu können,
müssen alle allgemein gehaltenen und oft nicht genügend objektiv
dargestellten Beobachtungen ausgeschaltet werden, aus denen hervor
gehen soll, daß das Alkoholverbot beigetragen hat zur besseren Er
nährung und Bekleidung sowie zur behaglicheren Lebensführung der
früheren Trinkerfamilien, zur Steigerung der Produktion durch
Schärfung des Gewissens, Hebung der Selbstachtung und Förderung
des Ehrgeizes der Arbeiter, zur schnelleren Schuldenzahlung, zu
größerer Sicherheit auf den Straßen, zum regen Besuch von Kirchen,
Bibliotheken, Sportveranstaltungen usw.
Dagegen wird man nicht an der Tatsache vorübergehen können,
daß die Sparkasseneinlagen und Bankguthaben sich in der Zeit nach
dem Inkrafttreten des Verbotsgesetzes wesentlich erhöhten. Das beste
Bild hierfür bietet nach einer Feststellung einer deutschen amtlichen
Stelle eine Umfrage, die zwei große amerikanische Zeitungen „St.
Louis Dispatch“ und „New York World“ Ende 1921 gemeinsam an
amerikanische amtliche Stellen von 148 Städten in 44 Staaten richteten.
Aus den Antworten ergab sich, daß die Sparkasseneinlagen betrugen:
1916
1921
1. im
Staate New York
$ 1883 242 203
$ 2 648 250 929
2. „
„ New Jersey
149 780 854
202 474 070
3. „
„ Massachusetts
997 694 618
1 206 546 992
4.
„ Vermont
97 441 570
110 773 820
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