Full text: Chronik des Wiener Handels- und Industrie-Vereines

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Details über Konstantinopel und erntete für seinen Vortrag den 
lebhaftesten Beifall. 
Am 21. Mai 1915, gelegentlich der 49. ordentlichen General- 
versammlung, über welche an anderer Stelle berichtet worden ist, 
hielt Herr Dr. Rudolf Brichta, erster Sekretär des Gremiums der 
Wiener Kaufmannschaft, in unserem Vereine einen Vortrag über: 
»Die Preistreiberei, ihre Ursachen und ihre Bekämp- 
fung vom Standpunkte der Kaufmannschaft.« 
Der Herr Vortragende kann als einer der besten Kenner der 
Verhältnisse in der Kaufmannschaft bezeichnet werden; er benützte 
diese Kenntnisse, um in detaillierten Ausführungen den Standpunkt 
zu beleuchten, den die Gerichtspraxis einnahm, und erörterte die 
Zustände durch plastisch wirkende Beispiele. Der Vorsitzende, Herr 
Kommerzialrat Wolf, brachte dem Herrn Vortragenden den ver- 
bindlichsten Dank für den Vortrag namens der Versammlung zum 
Ausdruck und wurde dem Herrn Vortragenden reicher Beifall gezollt. 
Am 15. September 1915 hielt Herr Hof- und Gerichts- 
advokat Dr. Leo Munk im Anschlusse an die außerordentliche 
Generalversammlung, über welche an anderer Stelle berichtet 
worden ist, einen Vortrag über: 
»Die Österreichische Gesetzgebung während des 
Krieges. « 
Der Herr Vortragende besprach die Einwirkungen des Welt- 
krieges auf das Wirtschaftsleben, welche so vielfältig seien, daß 
durch kaiserliche Verordnungen und sonstige Verfügungen der 
Sachlage Rechnung getragen werden mußte. Ein Teil derselben, 
wie die Gesetzesbestimmungen über Militärlieferungen, bedeuten 
vorwiegend eine Änderung des Handelsrechtes (zugleich auch des 
Strafgesetzes), andere, wie die über die Brot- und Mehlverteilung, 
bestimmen die Lebensführung jedes einzelnen. Verkehrsbeschrän- 
kungen bedeuten die Normen betreffend Metalle und Leder, Ent- 
lastungen dagegen die Abänderung des Steuergesetzes betreffend 
die Erwerbsteuer, wie auch die Verfügungen betreffend die Ge- 
bäudesteuer. Die österreichische Regierung konnte wertvolle Maß- 
nahmen wie die Verhinderung der Vernichtung von Bauerngütern 
durch Arrondierung von Jagdkomplexen treffen, stieß aber ander- 
seits offenbar auf Schwierigkeiten, als es sich darum handelte, die 
Zölle auf Getreide und Vieh aufzuheben und Höchstpreise fest- 
zustellen. Von den neuen Normen sind viele nur für die Kriegs- 
zeit bestimmt, andere auf die Dauer berechnet; zu den ersteren 
zählt die Verordnung über die Geschäftsaufsicht. Da die allgemeine 
Moratoriumsverordnung abgelaufen ist, kann erwartet werden, daß 
die Regierung von dem ihr eingeräumten Recht, diese Verordnung 
aufzuheben, baldigst Gebrauch machen werde, nur möge diese 
Maßnahme derart erfolgen, daß diejenigen, welche noch jetzt unter 
Geschäftsaufsicht stehen, Gelegenheit finden, sich mit den Gläu- 
bigern im Verlaufe einer gewissen Zeit auseinanderzusetzen. Für 
die Dauer bestimmt ist die im ganzen gut geratene neue Konkurs- 
ordnung sowie die neue Ausgleichsordnung, doch wäre zu wünschen, 
daß auch die Bestimmungen betreffend die Mindestquote der Aus- 
gleiche (10 beziehungsweise 25°) baldigst in Wirksamkeit treten. 
=.
	        
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