Full text: Der Ansturm gegen den Achtstundentag

85 
jede Art Beschäftigung die für sie jeweilige Dauer des Ar 
beitstages dem Tarifvertrag überweisen und insbesondere die 
großen Sprünge in der Herabsetzung der Arbeitsdauer ver 
meiden können, die vermöge der Natur der Dinge eine Stei 
gerung der Arbeitsintensität entsprechend der verminderten 
Stundenzahl ausschließen. 
In der Diskussion über die Ausnahmen ist nun eigen 
tümlich hervorgetreten, daß die Vertreter der Arbeitgeber, 
die sonst mit Recht gegen bureaukratische Einmischungen ins 
Wirtschaftsleben nach Kräften sich wehren, der Festsetzung der 
Ausnahmen durch Gesetz und ihrer bureaukratischen Durch 
führung durchweg den Vorzug geben vor der Vereinbarung 
derselben durch Tarifvertrag; und während die letztere im 
Sozialpolitischen Ausschuß die Mehrheit erlangt hatte, ist unter 
dem Kommando des Dr. Habersbrunner im RWR. bei allen 
Ausnahmen mit wenigen Stimmen die Festlegung derselben 
durch Gesetz beschlossen worden. Auch ist der Grund dieser 
Stellungnahme leicht einzusehen. Die Arbeitgeber glauben, 
Gesetzgebung und Verwaltung mehr in dem, was sie als ihr 
Interesse anseben, beeinflussen, als die Arbeitervertreter in 
den Tarifverhandlungen für sich gewinnen zu können, wenn sie 
für das Volkswohl so unentbehrliche Bestimmungen, wie sie 
der vom RWR. abgelehnte Antrag Heyde und Genossen ent 
hält, daß Arbeiter bis zum 18. Jahre als jugendliche Arbeiter 
gelten sollen, ablehnen. Wird doch infolge dieser Ablehnung 
die Nachtarbeit von 16- bis 18jährigen Arbeitern erlaubt. 
Hoffen wir, daß die Erwartungen der Arbeitgeber enttäuscht 
webden und der Reichstag diesen die Arbeitskrast der Nation 
bedrohenden Beschluß des RWR. schon aus Rücksicht auf die 
Erhaltung der Produktivkraft Deutschlands wieder aufhebt. 
Das Argument, mittels dessen man der Feststellung der 
Arbeitszeit und der Ausnahmen vom Achtstundentag durch 
Tarifvertrag entgegengetreten ist, war regelmäßig die Frage, 
ob man einen gesetzlich geregelten Zustand, bei dem große 
Arbeitskämpfe um die Arbeitszeit nicht mehr entstehen kön 
nen, nicht einem sozialpolitischen Systeme vorziehen wurde, 
bei dem fortgesetzt die Industrie, insbesondere ine Schlüssel 
industrie, durch Kämpfe auf das allerschwerste erschüttert 
würde. Die richtige Antwort wäre gewesen, ob nicht gerade 
der Tarifvertrag die beste Abwehr von Arbeitskämpfen bilde 
und der Fragesteller etwa auch die Festsetzung der Lohne 
durch die Gesetzgebung wünsche, da über Löhne Arbeitgeber 
und Arbeiter weit häufiger verschiedener Meinung seien. 
Und in der Tat setzt die Vermeidung von Arbeitskämpfen 
durch Tarifverträge eine wesentliche Aenderung des Gesetz-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.