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Organisationen der Arbeiter kennt, wird zugeben, daß damit
der Ausgangspunkt für die erbittertsten Arbeitskämpfe ge
schaffen wird. Die §§ 18—20 bieten dagegen keine Sicherheit.
Um dem vorzubeugen, habe ich 1905 auf der Mann
heimer Versammlung des Vereins für Sozialpolitik den Vor
schlag gemacht, die verschiedenen Gewerkschaften eines jeden
Gewerbes sollten eine Tarifkommission wählen, in die eine
jede gemäß dem Proportionalwahlspstem Delegierte entsenden
sollte' Diese sollte mit den Arbeitgeberverbänden die Arbeits
bedingungen vereinbaren, die dünn für alle Gewerkschaften
und überhaupt alle Arbeiter der betreffenden Beschäftigung
innerhalb des Tarifgebiets maßgebend fein sollten. Auch soll
ten die verschiedenen Gewerkschaften aus ihren Mitteln ein
Vermögen auf gleicher Grundlage zusammens hießen, aus dem
die Haftung für die Jnnehaltung der Tarifverträge seitens
der Gewerkschaften bestritten werden solle.
Mein Vorschlag hat 1918 die Billigung der freien, der
Hirsch-Dunckerschen und der polnischen Gewerkschaften ge
funden er ist am Widerstande Stegerwalds, des Vertreters
der christlichen Gewerkschaften, gescheitert. Er meinte, die Ge
werkschaften, welche die Mehrheit hätten, könnten sich mit
meinem Vorschlag zufrieden geben; sie aber seien die Min
derheit. Abgesehen davon, daß dies keineswegs überall der
Fall ist, so ist richstg, daß nach der Ordnung, wie sie der Ent
wurf eines Arbeitstarifgesetzes vorsieht, die Möglichkeit ge
geben ist, daß die Minderheit die Mehrheit vergewaltigt. Man
hat daraufhin die unglaublichsten Verdrehungen des Charak
ters meines Vorschlags vorgebracht. Man hat gesagt, er wolle
an die Stelle historisch gewordener Organisationen eine bureau*
kratische setzen, wäbrend mein Vorschlag umgekehrt auf den
Fortbestand der historisch gewordenen Organisationen aufge
baut ist und sie nur zu gemeinsamem handeln heranziehen will,
gerade um sie vor bureaukratischer Vergewaltigung zu schützen.
Die Folgen der Ablehnung meiner Vorschläge haben sich be
reits gezeigt. Die Gewerkschaften hatten 1918 sich bereit er
klärt, die zivilrechtliche Haftung für die Durchführung der
Tarifverträge, die ich, seit ich über Arbeiterkoalitionen ge
schrieben habe, für unerläßlich erklärt habe, auf Grund meiner
Vorschläge zu übernehmen. Man hat mir geschrieben, daß
sie heute davon nichts mehr wissen wollen. Ich weiß nicht,
ob das wahr ist. Aber das weiß ich, daß bei solcher Ordnung
des Arbeitsvertragsrechtes das Prinzip, die Arbeitsbedingun
gen in gemeinsamer Beratung der Vertreter der Arbeitgeber«
und Arbeiterverbände feststellen zu lassen, bei Arbeitgebern
und Arbeitern gleichmäßP diskreditiert wäre; wir würden me