Full text: Niederschrift über die Konferenz der Gauleiter des Deutschen Landarbeiter-Verbandes zu Berlin am 3.,4. u. 5. Dezember 1919

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Diese -Bcschneidung 'der bett Friedensprodukttonen zur Verfügung stehenden 
Kräfte und Materialien wunde in Deutschland durch die Absperrung vorn 
Auslands noch weiter verschärft und mutzte sich um so verhängnisvoller ge 
stalten, je länger der Krieg dauerte. ' 
Eine kurze Zahlenreihe, die auf Vollständigkeit keinen Anspruch macht, 
soll zeigen, in welchem Ausmaß dis zum Jahre 1918 dieser Prozeß in 
Deutschland gediehen war: 
Verminderung der Zähl der Arbeitstiere etwa 33—44%, 
der menfchl. Arbeitskräfte, zahlenmäßig nicht festge 
stellt, aber sicherlich nicht weniger, vielleicht mehr, 
der verfügbaren Kraftfuttermengen . . . . . 80 %, 
(berücksichtigt man die Qualitätsverschlechtcrung, 
so ist der Ausfall noch größer), 
'der käuflichen Maschinen und Geräte 40 %, 
der verfügbaren Kohlenmenge 20 %, 
des Elektrizitätsverbrauchs 15 %, 
des Leuchtölverbranchs 93 %, 
eingeführter Saaten 91 %, 
des Stickstoffdüngers 60%, 
des Phosphorsäurcdüngers 75 %, 
des Stalldüngers 50 %. 
Die Folge dieser Ausfälle an Kraft und Material mutzte naturnoiwendig 
ein Sinken der Ernten sein. Nach dem Stanlde des ,Erntejahres 1918 be 
trugen die Ernten der wichtigsten Früchte nur noch % der Friedensmenge. 
Bei besonders anspruchsvollen Pflanzen war die Ernteverminderung eine 
noch größere (Zuckerrüben). 
Zu diesen eruteminderndcn Einflüssen kam noch ein anderes hinzu, das 
in seinen Wirkungen je länger je mehr unheilvoll für die landwirtschaftliche 
Produktion wird. 
Es war klar, daß nach Aufzehrung der großen Jnlandsvorräte und mit 
dem Wirksamwerden der Blockade Deutschland verhungern mußte, wenn 
sticht eine Einschränkung des allgemeinen Nährungsmittelverbrauchs und 
eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Nahrungsmittel herbeigeführt 
werden konnte.' Im Frieden hatte ein Landbewohner für sich selbst und 
zwei Städter zu sorgen, ein weiterer Städter lebte mittelber oder unmittel 
bar von ausländischen Nahrungsmitteln. Jetzt galt cs, mit sinkenden Ernten 
durch einen Landbewohner drei Städter ernähren zu lassen. Das konnte 
nur gelingen bei einer allgemeinen -Einschränkung des Friedensverbranchs 
und stärkerer Inanspruchnahme der auf dem Lande -erzeugten Nahrungs 
mittel für die Ernährung der Städter. Ohne Zwang wäre es nicht zu 
erreichen gewesen, den Verbrauch herabzudrücken, und den Landwirt bei 
sinkenden Ernten zu größeren Nahrungsmittellieferungen zu veranlassen, 
als er sie bei friedensmäßiger Führung seines Betriebes zu leisten gewohnt 
tvar. Zwang war «daher unvermeidlich. Ob die Form und der Zeitpunkt 
der Anwendung in allen Fällen richtig und- glücklich war, ist demgegenüber 
eine Frage zweiter Ordnung, die heute zu erörtern wenig Zweck hat. Die 
Zwangswirtschaft, die sich aus diesen Notwendigkeiten heraus entwickelte, 
ist aber dem innersten Wesen der Landwirtschaft zuwider. Die Fortschritte, 
welche die landivirtschaftliche Erzeugung seit der Stein-Hardenbergschen 
Gesetzgebung gemacht hat, beruhen gerade aus völliger wirtschaftlicher Be 
wegungsfreiheit. Diese wirtschaftliche Bewegungsfreiheit ist für die Land 
wirtschaft von ganz besonderer Bedeutung, weil hier der Erfolg ganz voni 
Individualisieren und Lokalisieren abhängig ist; unb Zwangswirtschaft kann
	        
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