Full text: Einführung in das Studium der Konjunktur

2. Die private Unternehmung im Wandel der Konjunktur. 
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Wirtschaftslebens, auch nur in einzelnen Industriezweigen zeigen. 
Das ist vor allem dort der Fall, wo die Nachfrage in besonders 
hohem Maße von dem Wechsel der Mode beherrscht wird. 
„Ein Moment, das sich jeder Vorausberechnung entzieht, bildet 
die Mode. Indem; mit dem Zurücktreten der ständischen Konsumtions 
gewohnheiten in den Städten ihr Herrschaftsbereich sich auf immer 
größere Bevöfkerungsgruppen erstreckt, stellt sie einen konjunktur 
bildenden Umstand ersten Ranges dar. Da wird in der Damentoilette 
die ausgiebige Verwendung schwarzer Glasperlen modern und die 
Glaskurzwarenindustrie nimmt einen glänzenden Aufschwung. Tau 
sende von Arbeitern verlassen ihre alte Beschäftigung, um sich durch 
den steigenden Lohn angezogen, der Erzeugung von Glasperlen zu 
widmen. Plötzlich kommt die Nachfrage ins Stocken. Tausende von 
Arbeitern werden brotlos. Die Mode hat sich von den Glasperlen 
den Spitzen zugewendet. Nun ist es die Spitzenklöppelei, die sich 
einer vorübergehenden Blüte erfreut, um dieselbe bald genug der 
Gürtlerei und der Metallkurzwarenindustrie abtreten zu müssen, da 
Metallknöpfe und Schnallen en vogue sind. Noch bedeutungsvoller 
ist der Modewechsel in bezug auf die Bekleidungsstoffe selbst 1 ).“ 
Die verhängnisvollen wirtschaftlichen und sozialen Wirkungen 
des Modewechsels hat für die siebziger Jahre des vorigen Jahrhun 
derts für die Textilindustrie Thun dargestellt: „Von nicht zu unter 
schätzender Bedeutung wurde der Wechsel der Mode, wie er sich im 
Jahre 1873 vollzog. Glatte Stoffe, die Stärke Aachens, wurden in 
Deutschland und Nordamerika nicht mehr getragen, und fassonierte 
Tücher, Kammgarn- und Phantasiestoffe wurden modern. Dieser 
Umschwung hatte auf die alten großen Firmen, welche feste Ab 
nehmer in Südamerika und anderen überseeischen Ländern haben, 
einen geringeren Einfluß als auf die kleinen Häuser. Unter ihnen 
entspann sich um das eingeengte Absatzgebiet ein Kampf auf Tod 
und Leben; manche Fabrikanten mußten ihre Tätigkeit einstellen; 
andere gingen mit großen Kosten zur Fabrikation von Kammgarn 
stoffen über, wobei sie ihre gesamte Spinnerei und Appretur still 
setzen, ihre Webstühle verändern, ihre Generalkosten durch Aus 
gabe neuer Muster und das Bereisen neuer Absatzgebiete vermehren 
und in die mächtige Konkurrenz mit England und Frankreich treten 
mußten * 2 ).“ 
Solche Industrien, die also einem raschen und plötzlichen 
Modewechsel unterworfen sind, leben unter ganz besonderen Kon 
o H e r k n c r, Art. Krisen. Handwörterbuch d. St.aatsw. 3. Aufl. 1910. 
b. 45. 
2 ) Thun, Die Industrie am Nieder-Rhein und ihre Arbeiter. Leipzig 1879.
	        
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