Full text: Methodische Einführung in die allgemeine Wirtschaftsgeographie

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II. Abschnitt. 
In dem eben gegebenen Beispiel würde demnach eine kauf 
männische Berechnung den Weg vom südwestafrikanischen Schutzgebiet 
anstatt mit rund 1400 km mit etwa7000 km einsetzen. So gelangen 
wir dazu, unter Vernachlässigung der nicht-geogra 
phischen Faktoren, mit denen sich die N ational- 
ökonomie zu befassen hat, die Möglichkeit der Ein 
setzung von Formeln zu erwägen, in die alle geogra 
phischen, d. h. mit dem Raum und seiner Eigenart 
zusammenhängenden Faktoren, also Spannung, Ent 
fernung usw. als bestimmte Zahlenwerte eingesetzt 
werden, wie das für die in verschiedener Richtung in 
verschiedenem Sinne wirksame Entfernung in dem 
eben gegebenen Beispiele geschehen ist. Daß auf diese 
Weise die Arbeit des am Welthandel beteiligten Kaufmannes bei 
der Beurteilung bestimmter Handelsmöglichkeiten erleichtert werden, 
daß das Bild des Handels überhaupt an Klarheit und Uebersichtlich- 
keit gewinnen müßte, bedarf keiner näheren Ausführungen. 
Sind wir von diesem Ideal einer Handelsgeographie auch vor 
läufig noch weit entfernt, so ist es doch schon jetzt möglich, auf 
Grund allgemeiner Berechnungen der augenblicklichen Transport 
kosten die Rentabilitätsgrenze für mancherlei Handelsgüter 
in bestimmten Gebieten festzustellen. Unter Rentabilitätsgrenze ist 
diejenige Linie zu verstehen, von der ab gerechnet sich der Trans 
port einer Ware für den sie ausführenden Kaufmann noch lohnt. 
Jenseits derselben überwiegen die Transportkosten die Einnahme, 
die er zu erwarten hat; der dadurch entstehende Zustand ist für die 
Handelsgeographie der gleiche, wie wenn die betreffende Ware jen 
seits jener Linie überhaupt nicht vorhanden wäre, ganz gleich, ob 
und in welchen Mengen sie daselbst tatsächlich vorhanden ist. 
Beispiel: Wählen wir als Beispiel die für die heutigen Kulturvölker so 
wichtige Baumwolle und als Gebiet Afrika, in dessen tropischen Ländern die 
Pflanze an vielen Stellen heimisch ist. Unter Zugrundelegung der früher dort 
überall sehr hohen Sätze für den Warentransport durch menschliche Träger, sowie 
der an der Küste gezahlten Preise für ausfuhrfähige Baumwolle kann man leicht 
berechnen, daß von dem ungeheuren Gebiet, in welchem das Gewächs gedeiht bzw. 
angebaut werden kann, nur ein Zehntel für die Ausfuhr in Frage kommen 
konnte, solange man einzig und allein auf jene Beförderungsweise angewiesen war. 
Hier läuft also die Rentabilitätsgrenze so nahe der Küste, daß neun Zehntel der 
afrikanischen Tropenländer jenseits dieser Linie gelegen waren, während z. B. die 
jenige des Kautschuks viel weiter im Innern verlief. Welche Veränderungen ihr 
Verlauf in den letzten Jahren an einzelnen Stellen erfahren hat, erkennen wir an 
Britisch-Ostafrika, wo sie um 1900 noch ganz nahe der Küste lag, während sie seit 
einigen Jahren infolge der Fertigstellung der Ugandabahn bereits bis über den 
Viktoria Njansa hinausreicht. 
Da sich im übrigen Wege und Güterbeförderung nicht wohl 
ganz trennen lassen, so werden auch im dritten Abschnitt einige für 
die Handelsgeographie wichtige Einzelheiten uns zu beschäftigen 
haben.
	        
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