Full text: Über das deutsche Geld- und Währungswesen

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ver Steuerfraft. Die Neichsregierung ift, wie insbefondere die neuefte Steuergejeß- 
zebung Beweift, dazu feft entfhloffen. Aber auch bei äufßerfter Anfpannung der 
Steuerfraft und bei ftärkfter Sparfamfkeit fann nicht einmal die Dedung der hHeimifchen 
Sinanzbedürfniffe durch ordentliche Einnahmen erreicht werden ; daneben ift jedoch das 
Reich auf Grund des Friedensvertrages der Entente gegenüber mit großen Enfchädi- 
zungen an Geld und Gütern bereits belaftet und wird mit größeren möglichermweife 
dald noch befaftet werden. Unter diefen Umftänden müßte der grund[äbliche Verzicht 
auf die Ausgabe von Reichsfchabanweifungen und auf Die Schaffung neuer Seldzeichen 
One weiteres den finanziellen Zufammenbruch herbeiführen. Hierdurch würde aber 
%e SGefamtlage im Innern und dem Auslande gegenüber natürlich nur noch mißlicher 
verden. Auch eine gewaltfame Berminderung der Ausgaben, 3. B. eine Einftellung 
5e8 Sinfendienfte8 für die Reichsanleihen, brächte feine Befferung, fondern eine Ber 
Hlechterung der Finanzlage des Reiches, Ein großer Teil der Banken, Cparkaffen, 
Dandels- und Induftrieunternehmungen, Drivatperfonen und andere Träger der Volks. 
virtfchaft müßten als Gläubiger des Neiches in {Lhwierige VBerhältniffe geraten, was 
ine folche Minderung der Steuerkraft zur Folge hätte, daß der Nuhen, den der 
ReichshHaushalt aus dem Fortjall der Zinfen hätte, zum minDdeften aufgewogen würde, 
Dazu fommt, daß die großen fozialpolitifchen Hürforgeanftalten (Alters: und In 
Jaliditätsverficherung ufw.), deren Kapitalbeftände wefentlich in Neichsanleihe angelegt 
ind, durch Wegfall der VBerzinfung außerftand gefebt würden, ‚ihren Verpflichtungen 
m genügen, {o daß das Reich fich der Übernahme diefer Zahlungsverpflichtungen nicht 
mtziehen fönnte, Wenn die für die gefamte Weltwirtfhaft wichtige deutfche Volkswirt 
Daft erhalten Bleiben und an einer Wiedergutmachung der durch den Kricg gefchlagenen 
Runden mitarbeiten foll, {fo muß unbedingt dahin gewirkt werden, daß der Bankerott 
des Deutjdhen RNeiche8 vermieden und der in der deutfchen‘ Bevölkerung mährend 
Ser [ebten Zeit fichtlich ermachende Arbeit3wille nicht alsbald durch übermäßige 
inanzielle Drangfalierungen wieder ertötet werde, 
Praktifch undrauchbar find die Vorfhläge, welche darauf abzielen, daß das 
Reich die Umlaufsmittel abftempelt oder umtaufcht und dabei einen Teil als Zwang8- 
ınleihe. zurüdbehält, um auf diefe Weife den Wert des Geldes zu heben und. die 
Inflation zu verringern. Die Gründe, welche einem derartigen Verfahren entgegen 
ıtehen, bedürfen an Ddiefer Stelle Feiner weiteren Erörterung. E3 genüge, Darauf 
dinzuweifen, daß ähnliche Maßnahmen, wo fie getroffen worden find, eine der Gbeab- 
ichtigten durchaus entgegengefeßte Wirkung gehabt haben. Auch hierbei hat fich 
gezeigt, daß durch mwährungstechnifche Maßnahmen nicht ohne weiteres eine Änderung 
ber wirtfchaftlichen VBerhältniffe zu erzielen ift, und daß eine Herabfegung der Vreife 
und Löhne nicht einfeitig durch Maßnahmen von der Seldjeite her erreicht werden 
ann, da für die Höhe der Preife und Löhne der Vorrat an verfügbaren Waren 
on nicht zu unterfchäßender Bedeutuna ift.
	        
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