Full text: Die Berliner Arbeiterbewegung von 1890 bis 1905

Achtes Kapitel 
Die Sozialdemokratie in den Gewerbegerichten 
und den Kaufmannsgerichten Groß-Berlins. 
A. Die Wahlen zu den Gewerbegerichten. 
m 1. April 1891 trat das Gesetz betreffend die Gewerbegerichte vom 
29. Juli 1890 in Kraft, aber es dauerte noch zwei Jahre, bis 
Berlin ein Gewerbegericht erhielt. Das Gesetz stellt die Errichtung 
in das freie Ermessen der Gemeinden, es war aber selbstverständlich, daß 
Berlin ein solches Gericht brauchte. Schon 1887 hatte die Stadtverordneten 
versammlung, dem Drängen der Sozialdemokraten folgend, ein ziemlich gutes 
Statut beschlossen, dem aber die Oberbehörde die Genehmigung versagte. Eine 
1890 angenommene, abgeschwächte Fassung blieb im Hinblick auf das werdende 
Reichsgesetz unausgeführt. Nun war das Gesetz da, es dauerte jedoch bis 
Februar 1892, bevor der Magistrat eine entsprechende Vorlage vor die 
Stadtverordnetenversammlung brachte. Das Statut, das auf Grund ihrer 
zustande kam, unterscheidet sich in verschiedenen Punkten unvorteilhaft vom 
Statut, wie es am 17. April 1890 für den gleichen Zweck beschlossen war. 
Das Reichsgesetz schloß die weiblichen Personen gänzlich von der Wahl 
aus, und während die Sozialdemokraten vorgeschlagen hatten, die Geltungs 
dauer der Mandate auf zwei Jahre zu beschränken, wird sie hier auf sechs 
Jahre ausgedehnt. Statt der von den Sozialdemokraten befürworteten 
Verhältniswahl ward die Wahl nach Bezirken beschlossen, und entgegen 
dem ursprünglichen Vorschlag des Magistrats, Gebührenfreiheit einzuführen, 
ward unter Mitwirkung der Regierung von der Mehrheit der bürgerlichen 
Vertreter im Statut durchweg Kostenerhcbung vorgeschrieben. 
Bis zum Jahre 1900 wurde jedesmal in allen Bezirken gewählt, 
obwohl nach der ersten Wahl immer nur Ergänzungswahlen vorzunehmen 
waren. Es hatten aber aus allen Bezirken Vertreter auszuscheiden, und 
so wurden auch alle Wähler aufgefordert, an den Wahltisch zu treten. 
Nach der Wahl von 1898 aber war behufs Verringerung der Wahlarbeit 
die Anordnung getroffen, daß jeweilig in einem Drittel der Bezirke alle 
Vertreter auszuscheiden und für sie Ergänzungswahlen stattzufinden haben. 
In diese Zeit entfällt aber eine weitere Änderung. Es trat das der 
Rettung des Handwerks bestimmte Gesetz vom 21. Juli 1897 über Zwangs 
innungen usw. ins Leben, für eine Reihe von Gewerben wurden 
Innungs-Schiedsgerichte ins Leben gerufen, und die Arbeiter dieser 
Bernstein, Berliner Geschichte. III. 16
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.